Die Karriere des Max Biaggi ist zwar keine Karriere voller Missverständnisse, aber ihr Anfang war dann doch eher ein Zufall als geplant. Denn er kam erst im Alter von 18 Jahren so wirklich zum Motorradsport, als er erstmals mit einer Maschine die Strecke von Vallelunga nahe Rom besuchte. "Ich sah diese fantastische, riesige Strecke. Für mich sah sie enorm aus. Bis dahin begeisterte sich niemand in der Familie für Motorräder. Mein Vater und ich wussten nichts über Motorräder, Reifen oder Fahrwerke", berichtete der Aprilia-Pilot.

Die Brust vibrierte

Als er dann aber das erste Mal den Sound der Motoren hörte, als sie warmgedreht wurden, erwachte etwas in ihm. "Meine Brust vibrierte. Danach hatte ich ein paar sehr gute Rennen. Jetzt ist es Teil meines Herzens, denn das ist einfach etwas Natürliches für mich. Im gleichen Jahr fuhr ich im Oktober ein kleines Rennen und da waren die ganzen Größen aus der Weltmeisterschaft dabei, Capirossi, Romboni, Gresini, Vitaly, Gramigni. Und in meinem ersten Rennen wurde ich Dritter. Das war meine Visitenkarte", erzählte Biaggi.

Danach kam der große Erfolg, vier WM-Titel bei den 250ern in Folge, 42 Siege bei den GPs, 14 weitere in der Superbike-Weltmeisterschaft und dort auch noch ein WM-Titel. Vor allem aber hielt er es lange in einer Welt aus, in der Karrieren auch früh zu Ende gehen können. "Ich lebe den Moment, von einem Rennen zum nächsten. Ich denke nicht von einem Jahr zum nächsten. Dieser Sport gibt dir nicht so viele Chancen zum Planen. Es ist gefährlich, man weiß nie, wo man hinkommt und man braucht Unterstützung. Wenn man im Vorjahr nicht gut war, dann hat man im Jahr danach Probleme, einen Platz zu finden. Ich habe jeden Moment mit voller Leidenschaft erlebt."

Nicht wie 40

Dass er selbst so lange durchgehalten hat, machte Biaggi auch daran aus, dass er erst so spät in den Sport eingestiegen ist. Denn wie 40 fühlt er sich eigentlich noch nicht. "Aber das Alter ist auch schön. Wenn man 38 oder 39 ist und wieder einen Titel gewinnt, dann ist das sehr süß. Da fühlt man sich, als ob man etwas Großes getan hat. Im Moment, wenn man die Zielflagge sieht, denkt man aber auch schon an nächstes Jahr."

Sich selbst als Rennfahrer würde er so beschreiben, dass er immer alles gibt, was er hat. Er ist ständig mit 100 Prozent dabei, sehr konzentriert und voll motiviert, meinte er. "Ich trainiere wie verrückt für mein Ziel. Der Traum ist das Feuer der Leidenschaft. Das gibt mir Kraft, etwas zu erreichen, auch wenn ich es vielleicht nicht erreiche. Einen Traum gibt es immer und es tut gut, zu träumen", sagte Biaggi. Als er jünger war, träumte er allerdings weniger, sondern machte sich Druck. So glaubte er bei seinem Einstieg in die 250er-WM durchaus, dass er dort hin gehörte, er fühlte sich aber als Niemand, der noch nichts erreicht hatte.

Hart zu sich selbst

"Ich nahm immer nur den Kopf runter und habe nach vorne geschaut. Ich war sehr hart zu mir. Das war vielleicht der Schlüssel zu meiner Karriere. Denn auch wenn ich gut war, aber nicht gewann, war ich hart zu mir. Als ich dann die Nummer 1 hatte, war es an der Zeit, zu entspannen und zu atmen." Und auch heute ist er an der Strecke weiter einigermaßen verbissen, wobei Biaggi anmerkte, dass er ein völlig anderer Mensch wird, wenn er an die Strecke kommt. "Das ist, als ob eine Klappe runtergeht, ich bin ein anderer Mensch. Die Atmosphäre lässt mich das fühlen. Im Moment, wenn ich die Kombi und den Helm anziehe und in meinen eigenen Bereich im Paddock gehe, fühle ich, wie die Energie kommt und mein Selbstvertrauen wächst bis zum Renntag immer weiter."

Auf diesen Effekt hin trainiert hatte Biaggi nie, er betonte, dass sei einfach so. Und das soll auch noch ein wenig so bleiben, denn aktuell spielt er noch nicht mit Rücktrittsgedanken. Viel eher denkt er an die bevorstehende Saison. "Es gibt Motivation, ich denke, dieses Jahr, 2012, kann ein gutes sein. Ich will jetzt fahren. Wenn das grüne Licht angeht, will ich nichts bereuen. Ich will immer für alles bereit sein und mein Bestes geben", sagte er.