Als Weltmeister werden du und Aprilia der Referenzpunkt für die Gegner sein. Bist du bereit für diese neue Herausforderung?
Max Biaggi: Unser Erfolg aus 2010 platziert uns im Fadenkreuz von allen. Aber wir können es uns selbst nicht erlauben, uns von dem Druck einschüchtern zu lassen. Der richtige Weg ist der der harten Arbeit und Ruhe. Der Einsatz ist hoch. Gewinnen ist sehr schwer, aber dich selbst an der Spitze zu etablieren, ist noch viel viel härter. Wir sind uns dessen bewusst und darum, zu allererst und am wichtigsten, werden wir unsere Gegner nicht unterschätzen. Wir haben ein großartiges Team, ein schönes Motorrad, ich fühle mich großartig und ich versuche, nicht an mangelnder Motivation zu leiden.

Über das Motorrad gesprochen: Wie ist Dir die RSV4 bei den Vorbereitungen und Tests vorgekommen?
Max Biaggi: Schnell, aber das ist im Moment nichts neues. Das Gefühl ist exzellent. Wir müssen nur die paar Dinge verfeinern, bei denen wir Verbesserungen brauchen und die starken Punkte des Motorrades, welches unzweifelhaft konkurrenzfähig ist, aufrecht erhalten. Unsere Strategie ist pragmatisch: Es werden kleine Schritte gemacht, eine kontinuierliche Entwicklung, ohne radikale Änderungen. Die Jungs an der Strecke und in Noale arbeiten durchgehend daran, uns mit dem besten Material zu versorgen und dann ist es mein Job, das so gut ich kann zu nutzen.

Harte Konkurrenz

Marco Melandri kommt in die Superbike, Leon Haslam will natürlich eine Revanche: Wie schätzt Du Deine Gegner ein?
Max Biaggi: Das Feld ist schwer richtig einzuschätzen und das wir auch nach dem ersten Rennen noch so sein. Erst gegen Halbzeit der Saison werden wir wirklich in der Lage einzuschätzen zu sein, wer die richtige Wahl getroffen und die beste Arbeit gemacht hat. Unzweifelhaft gibt es verschiedene Fahrer, neben Melandri und Haslam. Ich denke auch an Rea, der ein ausgezeichnetes Potenzial und exzellentes Motorrad hat. Und man darf einige der alten Füchse wie Checa und Haga nicht vergessen. Es wird wirklich schwer werden, den Titel zu verteidigen. Aber wir werden Spaß haben - so viel ist sicher.

Du bist der erste Italiener, der jemals den World Superbike-Titel gewinnen konnte. Aber bevor du diesen historischen Meilenstein erreichen konntest - und das auch noch auf einem italienischen Motorrad - hast Du immer gesagt, dass du den Wettbewerb in der WSBK liebst.
Max Biaggi: Das kann ich alles bestätigen. Ich mochte es sofort, auch, als ich mich an den Fahrstil gewöhnen musste, den diese Motorräder fordern. Das enge Spielfeld und der hohe Kampfgeist unterscheidet die Superbike vom Rest. Es ist kein Zufall, dass die Enthusiasten unseren Sport als die spektakulärste Meisterschaft auf zwei Rädern sehen. Auf der Strecke wird sich gezankt und im Fahrerlager herrscht eine relaxte, freundliche Atmosphäre: Das ist die richtige Seele.

Nach dem Titel, als jeder automatisch erwartete, dass du deinen Vertrag mit Aprilia in der WSBK verlängern würdest, hast du deine Fans etwas in Unklarheit gelassen. Im Herbst gab es explizite Gespräche über Deinen Rücktritt vom Rennsport. Wie viel davon war wahr?
Max Biaggi: Nach so einer harten Saison und nachdem ich einen so wichtigen Meilenstein erreicht hatte, war es nur richtig, wie ich denke, einen Moment inne zu halten und nachzudenken... zu überlegen. Zu sehen, ob es da tief im Inneren noch Motivation gab, die Stärke dafür, eine weitere Saison in Angriff zu nehmen. Ich habe niemals und werde niemals irgendetwas halbherzig machen, nur um es zu tun. Ein Meisterschaft wie diese, die uns bevorsteht, muss mit einer absoluten Motivation und Entschlossenheit angegangen werden. Ich brauchte meine Familie nah bei mir, meine Zuneigung, um zu verstehen, was ich tun musste. Es war richtig und jetzt habe ich keine Zweifel an der Entscheidung mehr, die ich getroffen habe.

Abgesehen davon, dass du auf der Strecke eine Referenz bist, bist du auch der Fahrer, der am meisten im TV ist, der am meisten fotografiert wird und der bei Fans und Journalisten am meisten gefragt ist. Wie lebst du mit diesem Teil deiner Arbeit?
Max Biaggi: Ich kann es nicht ändern, bin aber froh darüber. Denn wenn du so gefragt bist heißt das, dass dich viele Leute bewundern. Ich habe den Kontakt mit der Öffentlichkeit immer gemocht, gerade mit den leidenschaftlichsten Fans, die oft nach der karierten Flagge Überraschungen für mich vorbereiten. Unsere Fans sind unsere wahre stärke. Das ist es, was dich pusht dein Maximum zu geben, sogar in den schwierigsten Situation.