Vor der abschließenden Power Stage sah es klar danach aus, als sollte sich Sebastien Ogier bereits in Australien zum ersten Mal zum Weltmeister krönen. Mit mehr als einer Minute Vorsprung vor seinem ersten Verfolger ging der Franzose auf die Prüfung und setzte wie so oft in den vergangenen Tagen die Bestzeit. Damit hatte er von seiner Seite alles herausgeholt, was möglich war - alles andere lag nicht in seiner Macht. Mikko Hirvonen erlitt auf Shipmans II einen Reifenschaden und fiel auf Rang drei zurück, womit Thierry Neuville auf Rang zwei vorrückte. Das allein hätte Ogier nicht das Genick gebrochen, doch der Belgier wurde auch in der Power Stage Zweiter und sicherte sich damit zwei Zusatzpunkte.

Die Entscheidung im Titelkampf ist damit auf die Rallye Frankreich vertagt, wo Ogier seinen Titel im Beisein von keinem Geringeren als Sebastien Loeb erkämpfen wird, der seine letzte Rallye der Karriere bestreitet. Ogier wandelte in Australien in Sachen Dominanz bereits auf den Fußspuren des Rekordweltmeisters: Er gewann 19 von 22 Wertungsprüfungen. "Wenn man perfekte Arbeit abliefert, erwartet man, dass es klappt. Ich habe einfach mein Bestes getan", konstatierte Ogier. "Wir haben es mathematisch um einen Punkt verpasst, aber es wird bald passieren!"

Ogier ließ trotz seines großen Vorsprungs auf Hirvonen am letzten Tag der Rallye Australien nicht locker. "Es ist die beste Art, um konzentriert zu bleiben, sonst fange ich an, zu viel zu denken", erläuterte er seine Herangehensweise. Dass sie sich zwar für den Sieg, nicht aber für den Titelgewinn auszahlte, ist nicht seine Schuld. "Das Ziel lautete, das Event und die Power Stage zu gewinnen und das habe ich getan. Es war eine perfekte Rallye für mich. Jetzt will ich in Frankreich das gleiche machen", meinte er. Hirvonen konnte sich den Reifenschaden auf der abschließenden Prüfung nicht erklären. "Ich habe absolut keine Ahnung, woher ich den Reifenschaden habe. Ich bin die ganze Zeit in der Mitte der Straße geblieben", betonte er. Hirvonen kam mit mehr als zwei Minuten Rückstand auf Ogier ins Ziel.

Hirvonen konnte sich den Reifenschaden nicht erklären., Foto: Sutton
Hirvonen konnte sich den Reifenschaden nicht erklären., Foto: Sutton

Neuville, der mit etwas mehr als eineinhalb Minuten Abstand auf den Sieger seine erste Rallye Australien beendete, verriet, dass er vor allem die erste Durchfahrt von Wedding Bells sehr genoss. "Ich habe viel Selbstvertrauen, mein Aufschrieb ist gut und ich habe einen guten Rhythmus gefunden", berichtete er. Auf der anschließenden Prüfung verlor er durch einen kleinen Fehler ein paar Sekunden. "Es passierte in einer Linkskurve, die im dritten Gang gefahren wird. Ich habe die Ansage meines Co-Piloten verstanden, aber etwas zu spät bemerkt, dass ich mehr vom Gas hätte gehen müssen und daher drehte ich mich etwas." Dass er es besser kann, bewies er mit der zweitbesten Zeit auf der zweiten Durchfahrt von Shipmans.

Norweger-Duell vertagt

Hinter Hirvonen erfüllte Jari-Matti Latvala seine Aufgabe und sicherte wertvolle Punkte für Volkswagen in der Herstellerwertung. "Ich will nicht kämpfen", stellte er bereits am Morgen klar. "Wir sind in einer guten Position für Herstellerpunkte und es ist an der Zeit, eine kluge Rolle zu spielen." Trotz der defensiven Herangehensweise hatte Latvala am abschließenden Tag den meisten Spaß am Fahren. "Das war wirklich ein Genuss, vielleicht die beste Prüfung der Rallye", schwärmte er über Wedding Bells. Auf Shipmans hatte er dann allerdings noch einen Überraschungsmoment, denn er stellte fest, dass er ein Stück Zaundraht mitschleifte. "Ich verstehe nicht, woher das kommt. Ich bin nicht von der Straße abgekommen", wunderte er sich.

Stirnrunzeln gab es auch beim fünftplatzierten Mads Östberg, der sich auf Bucca II einen Reifenschaden einhandelte, auch wenn er sich nicht erklären konnte, wie. Das Duell gegen seinen Landsmann Andreas Mikkelsen konnte er am Abschlusstag leicht gewinnen, da dieser freiwillig die Waffen streckte. "Ich würde gerne mit ihm kämpfen, aber ich muss das Gesamtbild im Auge behalten. Wir müssen an die Herstellerpunkte denken", erklärte VW-Pilot Mikkelsen, der mit derselben Losung wie Latvala auf die Piste geschickt wurde. "Was den Kampf mit Mads angeht: Das müssen wir auf einen anderen Tag verschieben." Am Ende hatte er auf Rang sechs etwas mehr als 20 Sekunden Rückstand auf Östberg. "Ich habe mir selbst viel kaputt gemacht, als ich am ersten Tag eine Abzweigung verpasst habe. Danach ging es darum, Punkte zu holen."

Meekes Bolide machte in Australien einiges durch., Foto: Twitter
Meekes Bolide machte in Australien einiges durch., Foto: Twitter

Von hinten drohte Mikkelsen in Person von Evgeny Novikov keine Gefahr, da dieser bereits fast vier Minuten Rückstand hatte. Der Russe fuhr eine unspektakuläre Rallye ohne grobe Ausrutscher und nur mit der drittschnellsten Zeit auf der Power Stage setzte er ein Ausrufezeichen. Hinter ihm kam zur Freude der australischen Fans Lokalmatador Nathan Quinn bei seinem Debüt im Mini John Cooper Works als Achter ins Ziel. Hinter ihm erreichte Khalid Al Qassimi Platz neun, der sich auf der ersten Prüfung des Tages mehrere Fehler leistete. Hinter ihm konnte Abdulaziz Al-Kuwari nicht nur den Sieg in der WRC2, sondern auch einen WM-Punkt feiern.

Zweiter der WRC2-Wertung wurde Yuriy Protasov, hinter dem der unter Rally2-Regeln neu gestartete Kris Meeke als Zwölfter ins Ziel kam. Die Mechaniker hatten in der Nacht zwei Stunden und 50 Minuten gearbeitet, um seinen Citroen DS3 WRC nach dem siebenfachen Überschlag wieder einsatzbereit zu machen. "Die Jungs haben unglaubliche Arbeit geleistet. Es fühlte sich 110-prozentig an und ich kann ihnen nicht genug danken", meinte Meeke. Nur wurde die Anstrengung nicht mit Punkten belohnt, da Meeke den Boliden kurz vor dem Ziel mit gebrochener Aufhängung abstellen musste.

Die Top-10 nach Tag 4

1. S. Ogier (Volkswagen) 3:19:55.0
2. T. Neuville (Ford) 3:21:27.1 +1:32.1
3. M. Hirvonen (Citroen) 3:21:57.1 +2:02.1
4. J. Latvala (Volkswagen) 3:22:52.4 +2:57.4
5. M. Östberg (Ford) 3:23:12.2 +3:17.2
6. A. Mikkelsen (Volkswagen) 3:23:32.6 +3:37.6
7. E. Novikov (Ford) 3:27:26.2 +7:31.2
8. N. Quinn (Mini) 3:33:05.2 +13:10.2
9. K. Al Qassimi (Citroen) 3:35:12.6 +15:17.6
10. A. Al-Kuwari (Ford, WRC2) 3:37:22.7 +17:27.7