Nach meinem dritten Platz auf dem Nürburgring liege ich in der Tabelle nun gleichauf mit Thomas Jäger. Der Druck ist natürlich enorm, denn ich kann mir keine Nullrunde leisten. In dieser Situation muss man immer 100 Prozent geben, bloß ich versuche das gar nicht an mich herankommen zu lassen. Ich setze mich in mein Auto und habe meinen Spaß. Wenn man sich zu viele Gedanken vorab macht, wirkt das nur contraproduktiv. Der Rennsport macht mir absoluten Spaß und diese Beigeisterung möchte ich auch weiterhin allen anderen zeigen.

Wir Piloten in der Spitzengruppe wissen alle, was wir machen. Das heißt, wenn es einmal zu einer haarigen Situation kommt, dann weiß auch jeder, was er zu tun hat. Wir sind alle Profis, die den Rennsport schon länger machen. Jeder weiß, dass er Punkte braucht und wenn einer versucht eine linke Situation zu reißen, dann kann es passieren, dass er selbst rausfliegt und das will natürlich keiner. Trotzdem ist es schade, dass ich im Moment mit 104 Punkten in der Meisterschaft gleichauf mit Jäger liege. Ein paar Punkte mehr wären sicherlich schon ein besseres Polster. Aber diese haarscharfe Challenge spornt mich nur noch mehr zu Höchstleitungen an.

In Zandvoort war ich nach Startplatz drei im Qualifying schon etwas enttäuscht, denn im Vorjahr hatte ich auf dieser Strecke gewonnen. Ich mag die Strecke sehr und auch mein Team kommt dort gut klar. Im Rennen habe ich dann gesehen, dass Jäger einen Frühstart hatte, deshalb habe ich mich zurückgehalten. Blöd war nur, dass er nicht innerhalb der erlaubten drei Runden in die Box gefahren ist, wie es sich eigentlich gehört. Aber "hätte, wäre, wenn" gibt es im Motorsport nicht. Zumindest habe ich als Dritter noch wichtige Punkte gesammelt, welche ich nun weiter aufstocken werde.

Jan Seyffarth hat den Titel im Visier., Foto: Porsche
Jan Seyffarth hat den Titel im Visier., Foto: Porsche

Das bisher beste Rennen dieser Saison war ganz klar Oschersleben. Das Heimspiel hat für mich eine Zusatzmotivation bedeutet. Es waren circa 30 Leute aus meiner Heimat da. Wenn man bedenkt, dass mein Ort nur ungefähr 350 Einwohner hat, dann kann man sich vorstellen, dass bei mir zu Hause alle Fenster mit Brettern zugenagelt waren. Es war ein echt geiles Gefühl, dass so viele Freunde und Bekannte da waren. Alle haben gelbe T-Shirts getragen mit "I love Post" vorne drauf und hinten mit einem Bild von mir. Als ich in der Startaufstellung gestanden habe und auf die Tribüne hinauf sah, da habe ich diesen gelben Block sitzen sehen. Das war ein starkes Bild. Dazu kamen noch alle Mitarbeiter von meinem Team tolimit/Seyffarth Motorsport, die mich auch mit anfeuerten. Unser Teamzelt platze fast aus allen Nähten bei den ganzen Besuchern. Ich habe mich sehr über all die lieben Gesichter gefreut, die mir, Niclas, David und unserem Gaststarter Stefan die Daumen drückten.

Aber schon, dass ich in Oschersleben die Pole Position geholt habe, war der Hammer. Das Qualifying war ein riesiger Überwindungsakt. Es war unglaublich schwierig die Runde perfekt hinzukriegen. Ich bin auf die Strecke gefahren und dann war plötzlich gelb. Die Reifen waren nur noch für eine Runde passend, was bedeutete, dass ich in einer Runde alles zusammenkriegen musste. Im ersten Sektor fuhr ich absolute Bestzeit, im zweiten Sektor wieder absolute Bestzeit, doch dann habe ich mir ein kleines Missgeschick geleistet und bin durch die Wiese gefahren. So habe ich die Sache natürlich noch einmal richtig spannend gemacht. Mein Team und ich waren kurz vor einem Herzklabaster. Am Ende habe ich die Pole noch ganz knapp geholt. Uns allen ist in den Sekunden ein riesiger Stein vom Herzen gefallen.

Im Rennen legte ich einen perfekten Start hin, trotzdem hat mich komischerweise Thomas Jäger überholen können. Ich rätsele heute noch wie er das geschafft hat. In Turn drei hatten wir eine ganz leichte Berührung, ein typischer Rennunfall halt, wie man so schön sagt. Er hat seinen Platz verteidigt und ich habe nicht nachgegeben, weil ich schon neben ihm war. Dadurch haben wir uns berührt, wobei ich an ihm vorbeigehen konnte und so das Rennen sicher nach Hause gefahren habe. Am Ende hatte ich dreieinhalb Sekunden Vorsprung, das war schon eine geniale Vorstellung.

Als nächstes steht Barcelona auf dem Plan, dort habe ich schon im Vorjahr gewonnen und dann folgt Dijon. Ich kenne die Strecke zwar nicht, aber vom Layout her muss es schon eine großartige Strecke sein. Sie ist schnell und flüssig, solche Strecken liegen mir sehr und wie in Zandvoort geht es bergauf und bergab. Wir sollten dort nicht schlecht aufgestellt sein, aber abgerechnet wird erst am Sonntag in Hockenheim. Ich freue mich auf jeden Fall auf die weiteren Rennen und bin gespannt, was noch alles auf mich zukommt. Aber mit meiner Mannschaft im Hintergrund mache ich mir da nicht so die Gedanken. Wir werden das Auto schon schaukeln... 