Heftige Niederschläge, abtrocknende Pisten und dichter Nebel, der sogar für eine fast sechsstündige Pause während der Nacht sorgte: Die 35. Auflage der geliebt-gefürchteten "24 Stunden Nürburgring" stellte die rund 230 Starter einmal mehr vor eine heroische Aufgabe. Der Manthey-Porsche 997 GT3 RSR von Timo Bernhard, Marc Lieb, Marcel Tiemann und Romain Dumas wiederholte seinen Vorjahressieg vor der Zakspeed-Dodge Viper GTS-R mit dem Fahrer-Quartett Tom Coronel, Duncan Huisman und Patrick Simon.

Von Beginn an kontrollierten die vier Piloten des Teams Manthey Racing von der ersten Startposition aus das Tempo. Trotz schwierigster Wetterverhältnisse zeigten Bernhard, Dumas, Lieb und Tiemann bei Hitze, Regen und Nebel eine fehlerlose Vorstellung. Auch der in Weissach entwickelte und gebaute Porsche 911 GT3 RSR überstand seinen ersten Einsatz bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring ohne technische Probleme.

Die Siegertruppe von Manthey Racing, Foto: Sutton
Die Siegertruppe von Manthey Racing, Foto: Sutton

"Mit diesem klaren Sieg hat der neue Porsche 911 GT3 RSR erneut sein Potenzial unter Beweis gestellt", freute sich Porsche-Sportchef Hartmut Kristen. Ein großes Lob gilt aber dem gesamten Team Manthey-Racing, die einen perfekten Job gemacht haben. Die vier Fahrer haben zum richtigen Zeitpunkt schnelle Runden gedreht und waren immer dann vorsichtig, wenn es notwendig war. Genau das zeichnet hervorragende Langstrecken-Piloten aus. Der Nürburgring hat für Porsche eine große Bedeutung. Danke an alle Porsche-Teams, die hier wieder einmal unsere Fahnen hochgehalten haben."

Teamchef Olaf Manthey konnte sein Glück kaum fassen: "Erst musste ich ein Vierteljahrhundert auf einen Sieg beim für mich wichtigsten Rennen der Welt warten, und jetzt gewinnen wir hier zum zweiten Mal in Folge von der Pole-Position aus. Für meine Frau Renate und mich war der Sieg das schönste Geschenk, dass wir uns zur Silberhochzeit wünschen konnten." Am Samstag feierten beide im Fahrerlager ihren 25. Hochzeitstag.

Der verspätete Start am Samstag, Foto: Sutton
Der verspätete Start am Samstag, Foto: Sutton

Dabei begann der Klassiker durch die "Grüne Hölle" fast schon standesgemäß: mit unberechenbarer Eifel-Witterung. Kurz vor dem Beginn zur Hatz zweimal rund um die Uhr entlud sich ein heftiges Gewitter über den Grand Prix-Kurs und die Nordschleife, das zu Überschwemmungen auf der fast auf den Tag genau 80 Jahre alten Piste führte. Die Folge: Die Startfahrer mussten fast zwei Stunden in ihren Boliden ausharren, bevor die Ampeln endlich zur doppelten Einführungsrunde auf Grün umsprangen.

Als das Safety-Car das Rennen dann um 16.51 Uhr freigab, war es der britisch-grüne Aston Martin mit der symbolträchtigen Nummer "007", der die Initiative übernahm: Das von Routinier Klaus Ludwig pilotierte Auto überrumpelte den auf der Pole Position rollenden Manthey-Porsche, um sich mit imposantem Speed gleich auf den ersten Runden einen Vorsprung herauszuarbeiten. Auch die Zakspeed-Dodge Viper GTS-R musste bereits etwas abreißen lassen, nachdem Duncan Huisman aus Versehen den ABS-Schalter der Giftschlange betätigt hatte und einen kleinen Umweg durchs Kiesbett in seine Ideallinie integrierte.

Nebel in der Eifel, Foto: Level 5
Nebel in der Eifel, Foto: Level 5

Bereits nach drei Runden war die Nordschleife bereits wieder soweit abgetrocknet, dass die ersten Teilnehmer an der Box auf Slick-Pneus zurückrüsteten - darunter um 17.32 Uhr auch der Porsche mit der Nummer 1. Ein Schachzug, der sich auszahlen sollte: Als das "Bond"-Auto um 18.05 zum Tankstop mit integriertem Fahrer- und Reifenwechsel vor den Zakspeed-Mechanikern hielt, übernahm zunächst der Alzen-Porsche die Spitze. Um 18.16 Uhr schraubte Timo Bernhard als erster die Rundenzeit auf unter neun Minuten und eröffnete damit die Jagd auf den nur noch zehn Sekunden vor ihm liegenden Mittelmotor-Cayman. Als Uwe Alzen um Punkt 19 Uhr das Steuer an Christian Menzel übergab, war der Manthey-911 endgültig vorn.

Was folgte, war eine begeisternde Hatz über die zweifellos anspruchsvollste Rennstrecke der Welt. Sowohl der Alzen-Porsche als auch der 996 GT3 RSR von Land Motorsport, die Zakspeed-Viper und der Aston Martin von Klaus Ludwig, Marcel Fässler, Sascha Bert und Robert Lechner lieferten sich eine bemerkenswerte Verfolgungsjagd, die sich erst spät auf ein Duell der Teams Manthey und Land reduzierte. Immer dichter zuziehender Nebel erschwerte die Bedingungen zusätzlich, so dass der Rennleitung um kurz vor vier Uhr in der Früh keine Wahl mehr blieb: Sie unterbrach den 24-Stunden-Klassiker. Der Restart erfolgte erst um 9.31 Uhr. Verbliebene Renndistanz: knapp siebeneinhalb Stunden.

Um den Aston Martin gab es in den letzten Stunden ein Drama, Foto: Sutton
Um den Aston Martin gab es in den letzten Stunden ein Drama, Foto: Sutton

Wieder ging es los, als stände auf dem Nürburgring nur noch eine Sprint-Distanz an. Die Rundenzeiten der beiden dicht hintereinander liegenden Erstplatzierten rutschten schnell wieder unter die neun-Minuten-Marke. Um kurz nach zehn Uhr folgte dann die entscheidende Situation: Der von Marc Basseng pilotierte Land-Porsche rutscht dem Manthey-Auto mit Marcel Tiemann am Steuer unter Gelben Flaggen ins Heck. "Ich habe das vom Hotelbalkon aus beobachtet", schilderte Timo Bernhard die Schrecksekunde später. "Marc hat es halt probiert, aber das ging in die Hose. Er hat sich bereits für das Manöver entschuldigt." Während Tiemann ("das Auto läuft gut") seine Fahrt fortsetzen kann, musste Basseng die Box ansteuern und den Unfallschaden reparieren lassen. Dies kostetete 18 Minuten und warf die Niederdreisbacher auf Rang vier zurück.

Das nächste Drama dieses an Episoden und Zwischenfällen reichen Klassikers betraf den Aston Martin des Phoenix-Teams: Kaum hatte Klaus Ludwig seiner Crew beim Passieren der Start-Ziel-Geraden noch ein "alles ok" zugefunkt, musste das Touren- und Sportwagen-Ass den imposanten Gentleman-Racer mit einem Motorschaden abstellen. Davon profitierte die Zakspeed-Viper, die fünf Stunden vor dem Fallen der Zielflagge somit die zweite Position übernahm und sicher ins Ziel brachte. Die Sieger hießen jedoch Timo Bernhard, Marc Lieb, Romain Dumas und Marcel Tiemann sowie Olaf Manthey.

"Das Rennen ist für uns sehr gut gelaufen", bilanzierte Bernhard später. "Wir waren gut vorbereitet und haben den Schwung aus der erfolgreichen Vorbereitung in die Pole Position und eine komfortable Führung umgesetzt. Für uns Fahrer und unseren Teamchef Olaf Manthey ist dies das wichtigste Rennen des Jahres. Aber der Porsche 997 bringt den nötigen Speed mit, auch wenn die Abstimmung auf die speziellen Anforderungen der Nordschleife nicht einfach ist."

Ein dickes Ding: Der kleine Golf schaffte es auf Platz acht, Foto: Sutton
Ein dickes Ding: Der kleine Golf schaffte es auf Platz acht, Foto: Sutton

Für eine kleine Überraschung sorgte die Volkswagen-Truppe aus Wolfsburg. Mit dem kleinen Golf 5 fuhr man bis auf den achten Gesamtrang nach vorne und ließ zahlreiche schnellere Autos hinter sich. "Das war wirklich wie ein Traum: Auto, Team, Strecke, Atmosphäre – alles war fantastisch. Ich würde am liebsten gleich das nächste 24-Stunden-Rennen fahren", sprudelte es aus Jimmy Johansson, dem amtierenden Champion im ADAC Volkswagen Polo Cup, nach seiner Premiere beim 24h-Klassiker in der Eifel. "Da war alles drin, eine unglaubliche Erfahrung und ein wahnsinniger Erfolg", freute sich auch René Rast, der Polo-Cup-Meister von 2005. "Ich bin rundherum zufrieden, das Auto war bis zur letzten Runde einfach klasse. Danke an Volkswagen für dieses Erlebnis", ergänzte Florian Gruber, der ebenfalls aus der Volkswagen Nachwuchsförderung kommt. Der mehrmalige Deutsche Rallye Meister Dieter Depping, der das Junioren-Team verstärkte, fasste zusammen: "Alles war von Anfang bis Ende perfekt vorbereitet – besser geht es einfach nicht."