"Könnte ich bitte einen Tomatensaft haben", frage ich den Piloten direkt hinter mir betont lässig. Keine Angst zeigen jetzt! Während der Rettungsfallschirm noch etwas in meinem Rücken zwickt, donnert jetzt der Propeller unmittelbar vor mir auf. "Ready for take-off?", höre ich aus dem Funk. Klar, aussteigen kann ich jetzt eh nicht mehr...

Motorsport-Magazin.com war mal wieder für euch unterwegs auf Tour. Nur fliegen ist schöner? Na gut, dann heben wir halt ab! Ein kleiner Flugplatz in der Nähe von München. Merkwürdig anmutende Riesen-Pylonen. Ein paar Flugzeuge mit einer Lackierung, die wir alle nur zu gut aus der Formel 1 kennen. Das muss Red Bull Air Race sein! Ja, genau, diese verrückten Kerle, die mit rund 400 km/h knapp 30 Meter über dem Boden durch Pylonen - genannt Air Gates - fliegen und in Rennen um die Weltmeisterschaft kämpfen.

Foto: Motorsport-Magazin.com
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Wie Kart fahren - nur weiter oben

Auf vier Rädern sind wir ja schon alles Mögliche selbst- oder mitgefahren. Ein waschechtes Sportflugzeug ist allerdings eine andere Hausnummer. Ohne auch nur im Ansatz wissen, was mich da erwartet, steige ich also mit meinem Piloten Dario in den Leichtbau-Flieger, der eine Flügelspannweite von gerade mal 8 Metern aufweist. Ein bisschen wie Kart fahren in der Luft.

Die Maschine hebt zackig ab und auf dem Bordinstrument vor mir kann ich genau ablesen, welche G-Kräfte auf meinen Körper einwirken. Die Messeinheit steigt bis auf 5G an - das drückt schon ordentlich. Zum Vergleich: Auf die WM-Piloten beim Red Bull Air Race wirken bis zu 10 G ein. Ein Formel-1-Fahrer ist beim Bremsen rund 5 G ausgesetzt, auch wenn hier andere Muskelpartien beansprucht werden. Kurzum: Die Flieger gehen ab wie Schmitz' Katze!

Foto: Red Bull
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Enge Kiste

Hoch oben in der Luft fühlt sich zunächst alles relativ entspannt an. Die Sonne scheint, der Flieger knattert fröhlich vor sich hin, mein Blick schweift etwas umher - hach, ist München von oben schön - und findet schließlich: zwei knapp 30 Meter hohe Pylonen nur wenige hundert Meter vor uns. "Kannst du das Air Gate sehen", fragt mich Dario via Funk. Jep, kann ich. Stehen gar nicht mal so weit auseinander entfernt, denke ich mir noch, als der Pilot plötzlich zum Sinkflug ansetzt.

Also noch mal schnell die nackten Zahlen, während wir auf die Riesen-Pylonen hinabschießen: Flugzeug knapp 8 Meter breit und 300 km/h schnell, Pylonen rund 14 Meter auseinander und 28 Meter hoch. Wird 'ne enge Kiste, könnte man meinen... und schwupps, schon hat mich Dario sauschnell mitten durch das Air Gate hindurch pilotiert. Gut getroffen, Kollege. Und das war erst der Anfang.

Klingt wie Vettel

Was dann kommt, klingt ein bisschen nach Sebastian Vettel während seiner Red-Bull-Jahre am Boxenfunk. Ein YEEEEAAAH gefolgt von einem WOOOHOOO meinerseits, oder auch: Looping in der Luft mit anschließender 180-Grad-Drehung. Das ist geil, das ist Spaß pur, das ist... Red Bull Air Race!

Was man in einem Rennauto unter keinen Umständen erleben will, fühlt sich im Rennflieger an wie Achterbahn deluxe, wie Top Gun in real. Innerlich schreie ich: Ich bin der König der Lüfte! Eine bleibende Grenzerfahrung mit dem Fazit: Das Red Bull Air Race ist packender Motorsport auf höchstem Niveau. Nur etwas weiter oben als gewohnt. Da verzichte ich auch gern auf den Tomatensaft...