Nach exakt 4.607,811 Kilometern oder 343 Runden überquerten Hans Herrmann und Richard Attwood im legendären Porsche 917 KH von Porsche Salzburg mit der Startnummer 23 als Erste die Ziellinie. Den totalen Triumph für Porsche machten Gerard Larrousse und Willy Kauhsen im Martini Porsche 917 LH gefolgt von Rudi Lins und Helmut Marko auf Porsche 908/02 mit den Plätzen zwei und drei perfekt.

Doch der Weg bis zu diesem Sieg war für Porsche steinig und hart. Bereits seit 1951 war der Zuffenhausener Sportwagenhersteller an der Sarthe dabei, fuhr dabei mit den ureigenen Porsche-Tugenden wie Leichtbau, Aerodynamik und Zuverlässigkeit zahlreiche Klassensiege ein. Im Jahre 1969 fehlten Porsche im engsten Le Mans-Finish der Geschichte gar nur 75 Meter oder gut eine Sekunde zum Sieg, Herrmann/ Larrousse mussten sich im Porsche 908 dem Ford GT 40 von Jacky Ickx geschlagen geben. Im Jubiläumsjahr 1970 standen nun für Porsche alle Signale auf Angriff, endlich sollte der lang ersehnte Gesamtsieg in Le Mans nach Stuttgart geholt werden. Dazu war der Porsche 917 wie geschaffen, schon ein Jahr zuvor durfte das Modell ja seinen Einstieg feiern.

Bereits am 21. April 1969 waren die 25 Porsche 917 von der Homologierungskommission in Zuffenhausen abgenommen worden. Sie verkörperten, wenn man einmal allein die Materialkosten rechnet, einen Wert von über fünf Millionen Mark. Vorgestellt wurde der von Ferdinand Piëch entwickelte Porsche 917 auf dem Genfer Automobilsalon. Und er sorgte bei der Konkurrenz schnell für Unruhe. Denn der neue, ultimative Porsche, der später als einer der schnellsten und erfolgreichsten Rennwagen zur Legende wurde, lag nahe am Minimalgewicht von nur 800 Kilogramm. Dazu leistete der leichte Zwölfzylinder bis zu 580 PS bei 8.400/min aus einem Hubraum von 4,5 Litern. Das machte in der Langheckversion auf der exakt 5.823 Meter langen Hunaudières-Geraden in Le Mans Geschwindigkeiten nahe der 400-km/h-Marke möglich.

Bereits in die Vorbereitungsphase zum Rennen 1970 floss viel von dem ein, was man in den vergangenen Jahren gelernt hatte. Ungestüme Angriffe in den ersten Stunden des Langstreckenklassikers führten nie zum Erfolg, weshalb der erfahrene Hans Herrmann als Fahrer die erste Wahl für Porsche war. Der Sindelfinger Routinier galt als schnell und Material schonend. Zusammen mit dem Engländer Richard Attwood sollte er auf dem 4,5-Liter-Kurzheck mit der Nummer 23 starten, der in den rot-weißen Farben von Porsche Salzburg lackiert war. Der zweite Wagen des Teams, mit 4,9-Liter-Motor und Langheck-Karosserie, wurde von Vic Elford und Kurt Ahrens pilotiert. Dazu kamen drei Porsche 917 von John Wyer sowie der pop-farbene 4,5-Liter-Langheck des Martini-Teams. Plus eine ganze Armada von 907, 908, 910, 911 S und 914/6. 24 Porsche standen Punkt 16 Uhr am Start in Le Mans, es war der 13. Juni. Ankommen sollten davon einen Tag später noch zwölf, fünf wurden gewertet. Dazu kamen noch zwei Ferrari 512 S, und das von insgesamt 51 Startern.

Es lag an den teils katastrophalen Witterungsverhältnissen, dass dieses Rennen – und dies nicht nur aus Porsche-Sicht – in die Geschichte eingehen sollte. Vic Elford berichtete, dass es selbst auf den langen Geraden zeitweise unmöglich war, zu überholen. Kurt Ahrens hatte das Gefühl, in einem Boot zu sitzen. Und Hans Herrmann gestand Wochen nach seinem Sieg, dass er in den Regenperioden endgültig den Entschluss gefasst habe, den Helm an den Nagel zu hängen. Unabhängig vom Ausgang. Denn eigentlich hatte er seiner Ehefrau beim Abschied am Gartentor vor seinem Haus in Sindelfingen-Maichingen auf ihre Frage "Wann hörst du auf mit dem Fahren" schlagfertig mit folgenden drei Worten geantwortet: "Wenn ich gewinne".

Versprochen ist versprochen. Doch eine Stunde nach dem Start, den die Fahrer damals übrigens erstmals bereits im Fahrzeug sitzend und nicht mit dem weltberühmten "Le Mans-Start" absolvierten, ist Herrmann nur Neunter. Ganz vorn liegt Jo Siffert, ebenfalls in einem Porsche 917, dahinter Jacky Ickx in einem Ferrari 512 S. Doch Siffert verschaltet sich später, dabei überdreht der Motor. Und Ickx zerlegt den roten Renner vor der Schikane. Gegen 18:15 Uhr kommt die Meldung, die anfangs keiner glauben will: Im strömenden Regen sind gleich vier Ferrari 512 S aneinander geraten und ausgefallen. Doch auch die Porsche-Armada zollt dem Rennen weiteren Tribut, auch alle drei 917 des Gulf-Teams fallen nach und nach aus.

Jetzt schlug die Stunde des erfahrenen Haudegens Herrmann, der sich mit Richard Attwood hervorragend ergänzte. Bei schwierigsten Wetterbedingungen schiebt er sich immer weiter nach vorn, steuert den 917 von Porsche Salzburg überlegen ins Ziel und sichert Porsche damit den ersten Gesamterfolg in Le Mans. Und er erkennt kurz vor Rennende an diesem 14. Juni 1970: "Mensch, das könnten ja deine letzten Runden als Rennfahrer sein." Daheim in Stuttgart wird mit einem Auto-Korso durch die Innenstadt und auf dem Marktplatz richtig gefeiert. Tausende bejubeln Hans Herrmann, den Ex-Rennfahrer.

Insgesamt 16 Gesamtsiege in Le Mans

15 weitere Porsche-Gesamtsiege in Le Mans sollten folgen, der zweite bereits 1971. Mit einem ganz besondern Porsche 917 – sein Rahmen bestand aus leichtem Magnesium – siegen auf der noch weitgehend schikanenfreien Strecke Gijs van Lennep und Dr. Helmut Marko. Und sie stellen einen unglaublichen Rekord auf, der nie mehr gebrochen werden sollte: Exakt 5.335,313 Kilometer und 397 Runden legt der Porsche 917 in 24 Stunden zurück, was trotz aller Boxenstopps und der langen Nacht einem Durchschnittstempo von 222,304 km/h entspricht. Die schnellste Runde im Rennen dreht schließlich der Gulf-917 von Jackie Oliver mit einem Schnitt von kaum glaublichen 244 km/h, das 917 Langheck-Coupé von Elford/Larrousse wird auf der Hunaudières 1971 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 386 km/h gemessen.

1976 und 1977 liegen dann die Porsche 936 ganz vorn, 1981 siegt dieser Typ mit neuem Turbomotor unter Jacky Ickx und Derek Bell erneut. Und der Belgier Ickx, der in Le Mans sechsmal gewinnt, viermal davon auf einem Porsche, gehört auch 1982 zum Siegerteam: Ein Dreifachsieg setzt den ersten Meilenstein des erfolgreichsten Rennsportwagens der Geschichte, dem Porsche 956. Bis 1994 gewinnen die diversen Typen des 956/962 siebenmal in Le Mans, 148 werden in Weissach insgesamt hergestellt.

In manchen Jahren überließ Porsche das wichtigste Rennen des Jahres aber auch den Kundenteams. Doch auch die gehörten nicht selten zu den Siegern. So gewannen Klaus Ludwig und die Brüder Whittington in Le Mans 1979 mit einem Porsche 935 des Kölner Kremer-Teams, Reinhold Joest führte die Marke Porsche 1984, 1985 und 1997 zum verdienten Gesamtsieg. Angesichts des stärksten Feldes, das jemals in Le Mans an den Start ging, spricht Porsche-Rennleiter Herbert Ampferer dann im Juni 1998 vom "Jahrhundertrennen". Porsche ist mit zwei der neuen 911 GT1 am Start, und holt vor rund 250.000 begeisterten Zuschauern einen Doppelsieg für das Werk beim wichtigsten Langstreckenrennen. Es war der 16. und bislang letzte Gesamtsieg für Porsche an der Sarthe.

Porsche feiert das Motorsport-Jubiläum am 10. und 11. Juli 2010 im passenden Rahmen der nur alle zwei Jahre stattfindenden "Le Mans Classic". In sechs Klassen – aufgeteilt auf die Baujahre 1923 bis 1979 – geben sich dort rund 400 historische Rennwagen ein Stelldichein, um die Zeiten alter Renntriumphe neu aufleben zu lassen. Darunter auch einige der Gesamtsiegerfahrzeuge aus dem Porsche-Museum, die zudem eine Jubiläumsparade auf der Rennstrecke anführen werden. Natürlich werden viele bekannte Fahrer wie Hans Herrmann und Richard Attwood teilnehmen und für Autogrammstunden zur Verfügung stehen.