"Ich erinnere mich an kein Rennen mit so vielen Überholmanövern", musste Repsol Hondas Sportchef Livio Suppo nach dem turbulenten Frankreich GP am Sonntag in Le Mans eingestehen.

Und tatsächlich: So viel hat sich in einem einzelnen MotoGP-Rennen schon lange nicht mehr getan. Alleine die Führung wechselte (zur vollen Runde) fünf Mal zwischen Andrea Dovizioso und Dani Pedrosa hin und her. Sechs Piloten auf drei verschiedenen Motorrädern lagen zumindest zeitweise auf einem virtuellen Podiumsplatz. Das turbulente Rennen in der Analyse:

Die Anfangsphase

Zu Beginn war Yamahas Welt noch in Ordnung, Foto: Yamaha Factory Racing
Zu Beginn war Yamahas Welt noch in Ordnung, Foto: Yamaha Factory Racing

Der Start ging an Andrea Dovizioso, der sich von P3 an die Spitze vor Jorge Lorenzo und Dani Pedrosa setzte. Polesitter Marc Marquez kam schlecht weg und lag nach der ersten Runde nur auf Platz acht, den er bis zur elften Runde nicht verlassen konnte. Sein Rückstand auf die Spitze wuchs in den ersten vier Runden auf über neun Sekunden an, danach konnte er aber die Zeiten der Führenden mitgehen. Die schnellste Rennrunde der Anfangsphase fuhr Cal Crutchlow, der in Lap sechs eine 1:44.805 anschrieb. Zwischen den Runden fünf und acht gab es hinter dem Duell um P1 zwischen Pedrosa und Dovizioso keine Platzverschiebungen. Lorenzo fuhr auf P3 vor Rossi, Crutchlow, Hayden und Bradl.

Die Rennmitte

Dann kam Lorenzos großer Einbruch. Alleine in der neunten Runde verlor er drei Plätze und musste Rossi, Crutchlow und Hayden ziehen lassen, einen Umlauf später ging auch Bradl am Weltmeister vorbei. In den Runden neun bis zwölf war innerhalb der Top-8 niemand langsamer als Lorenzo, dem auch Marquez immer näher kam. Der WM-Leader fuhr in den Runden acht bis elf dreimal in Folge die schnellste Rennrunde und drückte diese Bestmarke bis auf 1:44.267.

Allerdings ließ er in Lap zwölf und 13 Fehler folgen, die 13. Runde sollte sogar bis zum letzten Umlauf seine langsamste bleiben. So konnte Lorenzo in Runde 13 wieder kurz an Marquez vorbeigehen, ehe er endgültig aufstecken musste. "Beim Bremsen ging es los, denn ich hatte in der Mitte der Kurve kein Vertrauen zum Hinterreifen und beim Beschleunigen, denn das Hinterrad hat so extrem durchgedreht, dass ich fast eine halbe Sekunde im Vergleich auf die anderen verloren habe", gestand ein ratloser Lorenzo nach dem Rennen.

Teamkollege Rossi war zu diesem Zeitpunkt permanent rund eine Sekunde schneller als Lorenzo, musste seinen Platz dennoch in der 14. Runde an Crutchlow abgeben, der sich in den folgenden drei Umläufen um bis auf eine Sekunde absetzen konnte. An der Spitze hatte Pedrosa zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Sekunden Vorsprung auf Dovizioso herausgefahren, der sich allmählich Sorgen um den heranrasenden Crutchlow machen musste. In Runde 17 fiel Lorenzo auch noch hinter Alvaro Bautista zurück.

Der Schlussteil

Dovizioso musste Pedrosa ziehen lassen, Foto: Repsol Honda
Dovizioso musste Pedrosa ziehen lassen, Foto: Repsol Honda

In Runde 18 machte Rossi seine Podiumsträume endgültig zunichte, als ihn sein Sturz über 40 Sekunden kostete. Bradl tat es ihm gleich, kam aber um sieben Sekunden schneller zurück auf seine Honda, sodass er in Lap 18 als Elfter sogar vor Rossi Start/Ziel überquerte. Rossis Rennen war danach zu Ende, die Abstände nach vorne und hinten waren zu groß, um noch irgendetwas an seinem zwölften Platz zu ändern. Bradl hingegen schaffte in der 21. Runde mit einem Überholmanöver gegen Andrea Iannone noch den Sprung in die Top-10.

An der Spitze bekam Dovizioso aber immer mehr Probleme. In der 18. Lap konnte Crutchlow seinen Rückstand auf den Ducati-Piloten erstmals auf rund drei Zehntel drücken, und sieben Runden später war es so weit und Crutchlow schnappte sich den zweiten Platz, den Dovizioso nicht mehr in Gefahr bringen konnte. Im selben Zeitraum hatte Marquez seinen Rückstand auf den Italiener von 6.4 auf 2.7 Sekunden verkürzt. In Runde 25 um 1.5 Sekunden, einen Umlauf später um 0.9 schneller, hatte Dovizioso gegen den anrauschenden WM-Leader keine Chance. In der vorletzten Lap stieg die Zeit des Ducatisti erstmals auf über 1:47, während Marquez 1:45.5 fuhr, was dem Spanier endgültig den Podiumsplatz einbrachte. Zu diesem Zeitpunkt schaffte im gesamten Feld sonst nur noch Crutchlow Zeiten von unter 1:46. Die letzte Runde war - im Gegensatz zu Jerez - unspektakulär, da alle Positionen bezogen waren und Pedrosa seinen Sieg ebenso ungefährdet einfuhr wir Crutchlow Rang zwei und Marquez Platz drei.