Fahrertitel, Vizeweltmeister, Teamwertung gewonnen, bester Hersteller. Die maximale Ausbeute gab es 2009 für Valentino Rossi, Jorge Lorenzo, das Fiat Yamaha Team und Yamaha. 25 Podestplätze mit zehn Siegen holten die beiden Werkspiloten zusammen. Und dabei fuhren sie nicht etwa auf Punkte oder für das Team, Stallorder gab es keine. Lorenzo und Rossi hatten den jeweils härtesten Konkurrenten im eigenen Team.

Dies zeichnete sich schon vor der Saison ab. Im vergangenen Jahr war es noch verständlich gewesen, dass die beiden eine Trennwand zwischen sich in der Box hatten errichten lassen. Rossi setzte da bereits auf die Reifen von Bridgestone, während Lorenzo auf das schwarze Gold aus Frankreich von Michelin vertraute. Doch auch 2009 sollte die Wand bestehen bleiben. Ein Fakt, den beide zu Beginn der Saison häufiger erläutern mussten. Rossi betonte immer wieder, dass er kein Problem mit Lorenzo habe, doch dass sich jeder so besser auf seine eigene Arbeit konzentrieren könne. Später sickerte noch durch, dass es Arbeitgeber Yamaha eh allen Fahrern ermögliche, die Daten des jeweils anderen einzusehen - egal ob von Lorenzo, Rossi, Colin Edwards oder James Toseland.

Catalunya war das Duell des Jahres., Foto: Milagro
Catalunya war das Duell des Jahres., Foto: Milagro

Catalunya - Das Rennen des Jahres

Bis zum Rennen in Le Mans herrschte in der teaminternen Wertung Gleichstand. Jeweils ein ums andere Mal triumphierte Rossi über Lorenzo und dann wieder Lorenzo über Rossi. Zum ersten wirklichen Showdown kam es in Catalunya - bei dem Rennen, welches in die Geschichte der MotoGP eingehen wird, welches als das spannendste des Jahres und als eines der besten aller Zeiten gilt. Lorenzo wollte beim Heimrennen in Catalunya unbedingt den Sieg, Rossi wollte sich für Rang drei hinter Casey Stoner und Lorenzo von seinem Heimrennen in Mugello zuvor rächen. Es wurde auf der allerletzten Rille gefochten und mit einem extrem waghalsigen und mutigen Manöver sicherte sich The Doctor erst in der letzten Kurve der letzten Runde den Sieg. Es war Motorsport der aller feinsten Sorte, welcher hier geboten wurde - auch in den Punkten Fairness. Gerade auch nach dem Rennen, als die beiden Konkurrenten die Fans aufforderten, auch für den jeweils anderen zu jubeln. Den Applaus hatten sich beide redlich verdient.

In Assen erwischte Rossi einfach die bessere Anfangsphase und es kam leider nicht zu einem neuerlichen Aufeinandertreffen. Der Italiener kontrollierte dann seinen Vorsprung, fuhr seinen 100. Grand Prix-Sieg ein und ließ dem Spanier auf Platz zwei keine Chance. Das nächste Aufeinanderprallen der beiden Titelaspiranten sollte erst auf dem Sachsenring folgen. Hier ging es ähnlich spannend wie in Catalunya zu und die Yamaha-Teamkollegen fuhren nebeneinander über die Ziellinie. Den besseren Ausgang hatte aber einmal mehr Rossi für sich gebucht.

Beide Kontrahenten stürzten, doch für Lorenzo war das Rennen damit beendet - Donington 2009., Foto: Milagro
Beide Kontrahenten stürzten, doch für Lorenzo war das Rennen damit beendet - Donington 2009., Foto: Milagro

Im Wetterchaos von Donington drehte der Vorteil zugunsten Lorenzos oder Rossis gleich mehrfach. Erst bahnte sich der Spanier seinen Weg nach vorn und schließlich stürzte er in der Zufahrt zu Goddards. Nun war für Rossi die Chance gekommen, ordentlich Boden auf Lorenzo gut zu machen. Doch auch der Italiener fiel den widrigen Witterungsbedingungen zum Opfer und stürzte. Allerdings hatte er mehr Glück als Lorenzo. Während dessen Yamaha krumm war, konnte Rossi weiter fahren und sich mit Rang fünf noch elf Punkte sichern.

Rossi stürzt, Lorenzo stürzt, Rossi stürzt

Nach der kurzen Sommerpause folgten zwei weitere direkte Duelle, die jeweils mit Stürzen endeten. Insgesamt zeigten hier beide Titelfavoriten extrem Nerven. In Brünn stürzte Rossi im Training, im Rennen zog Lorenzo nach, als sich gerade wieder ein neuerlicher schöner Kampf entwickeln wollte. Rossi hatte danach 50 Punkte Vorsprung und die WM galt als entschieden. Bis der Italiener in Indianapolis keine Chance gegen Lorenzo hatte und seinerseits im Rennen stürzte. Es war ein dummer Fehler, wie Rossi später selbst zu gab. Für seinen darauffolgenden Heim-Grand Prix in Misano ließ er sich dann einen Esel auf den Helm pinseln. Es fruchtete und er holte sich einen souveränen Sieg - vor Lorenzo.

Der drehte in Estoril den Spies wieder herum. In Portugal war gegen den Comic-Fan kein Kraut gewachsen. Er distanzierte die komplette MotoGP-Meute deutlich, Stoner wurde hinter ihm Zweiter, Pedrosa Dritter und Rossi gar "nur" Vierter. Aber dennoch eben Vierter. Wenn es bei anderen Piloten schlecht läuft, finden sie sich nicht in den Top Ten wieder. Rossi kann das kompensieren.

In Sepang gab es zum Titel ein Hühnchen in Rennkleidung., Foto: Milagro
In Sepang gab es zum Titel ein Hühnchen in Rennkleidung., Foto: Milagro

Die Vorentscheidung und der Titel

Die letzte Vorentscheidung fiel auf Phillip Island. Lorenzo verkalkulierte sich am Start und rauschte am ersten Bremspunkt in das Heck von Nicky Hayden, der daraufhin durch die Wiese und dann hinterher fahren musste. Durch die Kollision wurde aber die Bremse an der Yamaha ramponiert und so kam der Unfallverursacher nur noch wenige Meter weit. Er musste die Hinterradbremse in der ersten Kurve nutzen, Selbiges blockierte und er rutschte in das australische Grün. Der WM-Titel war Geschichte und beim Rennen in Sepang eine Woche später nur noch Formsache für Rossi.

Dabei hätte es in Sepang durchaus noch eine Wendung geben und noch einmal spannend werden können. Denn als es wenige Minuten vor dem geplanten Öffnen der Boxengasse zum Rennen begann zu schütten, war plötzlich alles wieder offen. Keiner hatte ein Regensetup und dann wurde auch noch der Start verschoben. Rossi ließ es zunächst ganz locker angehen und schließlich holte er sich noch einen Podestplatz, um den Titel anständig klar zu machen. Lorenzo kam hinter ihm ins Ziel, der neuerliche souveräne Sieg Stoners ging etwas unter. Damit waren es für Rossi deren neun WM-Kronen, die er mit einem Huhn in Malaysia feierte.

Den Saisonabschluss absolvierte The Doctor auch im letzten Rennen, wie es sich gehörte, vor Lorenzo. Doch der ist 2009 weiter erstarkt und wird auch in der nächsten Saison auf alle Fälle ein ernst zu nehmender, harter Gegner sein. Frei von "Schussel-Fehlern" war er aber dieses Jahr auch nicht. In Le Mans stürzte er in der Aufwärmrunde. Aber das tat Stoner in Valencia auch.