Rossi vs. Gibernau 2005, Foto: Yamaha Racing
Rossi vs. Gibernau 2005, Foto: Yamaha Racing

"Es ist jetzt vorbei. Es müsste etwas Verrücktes passieren, dass er nicht gewinnt. Der Titel gehört sicher ihm", hatte Jorge Lorenzo nach seinem Sturz in Brünn und einem neuerlichen Sieg seines Teamkollegens und Titelrivalen Valentino Rossi gesagt. Sicher, alle Messen sind noch nicht gesungen, aber ein Vorsprung von 50 Zählern bei noch sechs ausstehenden Rennen, erscheint wirklich massiv und ordentlich.

Doch wir erinnern uns zurück. Auch Nicky Hayden hatte mal 50 Punkte Vorsprung, der bis zum letzten Rennen der Saison 2006 aber in Rückstand auf Vale umgewandelt worden war. Dass der US-Amerikaner dennoch Weltmeister wurde, verdankte er einem sensationellen letzten Saisonrennen seiner selbst und einem Sturz durch Valentino Rossi in eben jenem Rennen in Valencia. Der Doktor wurde zum ersten Mal in seiner Karriere geschlagen. Dass dies ein Jahr später durch Casey Stoner erneut passierte, zeigt nur, dass auch Rossi nur ein Mensch und auch er fehlbar ist. Aber meistens behielt er die Zügel und das Zepter in der Hand.

Vorsprung vergeigt und dennoch Rossi besiegt - Nicky Hayden 2006, Foto: Repsol Honda
Vorsprung vergeigt und dennoch Rossi besiegt - Nicky Hayden 2006, Foto: Repsol Honda

Der erste, der sich vergeblich die Zähne an ihm ausbiss, obwohl er ihn in einzelnen Rennen auch besiegen konnte, war Sete Gibernau. Denn der konnte seine Leistung über das Jahr gesehen konstant gut halten, was anderen Fahrern nicht gelang. Max Biaggi zum Beispiel. Der war nur hin und wieder bei irgendwelchen Rennen mal gut, konnte aber nie konstant fahren. Und Gibernau? 2003 und 2004 wurde er Vizeweltmeister - natürlich hinter Rossi. 80 Punkte und 47 Zähler fehlten dem Spanier jeweils auf die WM-Krone. Gibernau "zerbrach" in Jerez 2005. Rossi wollten den Sieg, knallte in der letzten Runde, letzte Kurve in den Spanier, der daraufhin durch das Kiesbett fahren und sich mit Rang zwei begnügen musste. Fortan konnte Gibernau nie wieder an alte Leistungen anknüpfen.

Nun kamen zwei weitere Spanier. Der eine früher, der andere später. Dani Pedrosa lieferte einen fast ebenso spektakulären Einstand in der MotoGP-Klasse ab, wie Jorge Lorenzo. Nur das letzterer an der Seite Rossis fuhr. Aber mehr als die Besiegung des Italieners in Einzelrennen, war für beide nicht drin. Seit letztem Jahr gilt Lorenzo, neben Casey Stoner, als der Einzige, der Vale auf der Piste gefährlich werden kann. Seit Stoner pausiert, ist die Rolle des Rossi-Bezwingers einzig Lorenzo zu Teil geworden. Und der hält sich mittlerweile scheinbar an seinen spanischen Vorgänger Gibernau.

Letztes Jahr in China begann die Verletzungswelle des Lorenzo., Foto: Sutton
Letztes Jahr in China begann die Verletzungswelle des Lorenzo., Foto: Sutton

Man könnte fast sagen, dass Lorenzo in den letzten beiden Rennen seine WM-Chancen ähnlich verspielte, wie es Casey Stoner letztes Jahr tat. Zwei Mal in Folge sah der Mallorkiner jetzt die Zielflagge nicht. Beide Male stand er unter direktem Druck von Rossi. Der stürzte bei den letzten beiden Rennen zwar auch zwei Mal, was nur zeigt, dass auch er am absoluten Limit fahren muss, konnte aber jeweils Schadensbegrenzung treiben. In Donington fuhr er weiter und wurde noch Fünfter, in Brünn passierte der Ausrutscher gar "nur" im Qualifying - mit der Poleposition in der Tasche.

Der Ducati-Poker

Lorenzo pokert unterdes weiter. Mittlerweile sollen ihm von Ducati bereits rund 15 Millionen Euro geboten worden sein. Oder besser gesagt über den Umweg eines Tabakproduzenten veranschlagt. Talent hat der aktuell (noch) Yamaha-Pilot. Das ist unbestritten. Aber um Rossi zu schlagen reicht es eben nicht. Und dass er weniger stürzt als letztes Jahr, erscheint auch eher wage formuliert zu sein. Einzig: er verletzt sich nicht mehr so schlimm wie noch 2008.

Ob er aber wirklich zu Ducati gehen wird, bleibt weiter abzuwarten. Derzeit wird gemunkelt, dass er und sein Manager Marcos Hirsch in Indianapolis die Zukunft verkünden werden. Lorenzo selbst weiß, dass die Ducati nicht von jedem gefahren werden kann und bisher nur Stoner damit wirklich schnell war. Er weiß sicher auch, dass die Yamaha derzeit das beste Motorrad im gesamten Feld ist und sich daher zahlreiche Piloten um sein Bike reißen. Ist es das wert, sich wegen des Geldes auf einen Poker einzulassen? Vorgemacht hat es John Hopkins, der wegen sehr viel Geld von Suzuki zu Kawasaki wechselte, dort nicht mehr an alte Leistungen anknüpfen konnte und Ende 2008 ohne Team und Motorrad dastand. Ducati wird sich zwar nicht zurückziehen, aber Lorenzo könnte ähnlich eingehen wie Marco Melandri und jetzt Nicky Hayden, die beide auch keine Nasenbohrer sind.

Lorenzo doch noch zu Ducati?, Foto: Ducati
Lorenzo doch noch zu Ducati?, Foto: Ducati

Es war auch schon im Gespräch, dass Valentino Rossi irgendwann zu Ducati wechseln würde. Aber das hat er sich ganz gekonnt verkniffen - nicht nur weil bei einem Italiener auf einem italienischen Bike bei Misserfolg immer der Fahrer schuld ist.

Lorenzo hat derzeit also zwei Probleme: Valentino Rossi und ob er die Nummer zwei an seiner Seite im wohl derzeit besten MotoGP-Team bleiben möchte. Des Weiteren ist die Frage ja auch noch nicht geklärt, ob er den Nummer 1-Status von Casey Stoner als Neuling im Werksteam einfach übernehmen dürfte. Da hätte der einzige, der auf einer Desmosedici jemals erfolg hatte, sicher etwas dagegen - wenn er denn wieder fit wird und ins Geschehen in alter Form eingreifen kann.