Irgendwie lag Ende 2008 die Vermutung nahe, dass der Zenit von Marco Melandris Karriere überschritten war. Er hatte gerade die "Schlusslicht-Saison" bei Ducati hinter sich gebracht, seinen Wechsel zu Kawasaki verkündet, als das kleinste der japanischen Werke den Rückzug aus der MotoGP bekannt gab. Und das nachdem Melandri die Kawasaki schon getestet hatte und auf Anhieb schneller als mit der Ducati unterwegs war. Die Fassade der Motorsport-Welt des Italieners bröckelte. Dabei hatten viele auf ihn gesetzt.

Marco Melandri auf der Hayate., Foto: Bridgestone
Marco Melandri auf der Hayate., Foto: Bridgestone

Letzten Endes konnte eine Lösung gefunden werden, die den östlichen Namen "Hayate" trägt und mit der Melandri leben konnte. Und noch immer kann. Das Team mit dem wohl kleinsten Budget in der MotoGP-Klasse, mit keiner Entwicklung im Hintergrund, ja, nicht einmal mit einer Besetzung der sonst üblichen Posten (Pressesprecher, PR-Manager, ja nicht einmal eine Website gibt es) und dennoch liegt Melandri zur Sommerpause auf Gesamtrang sieben - vor den Werksakteuren Suzukis mit Loris Capirossi und Chris Vermeulen und vor seinem Ducati-Nachfolger Nicky Hayden, der zugegenermaßen nur leicht besser mit der Desmosedici klar kommt.

Grund zum Jubeln gab es 2008 maximal, dass das Rennen zu Ende war., Foto: Ducati
Grund zum Jubeln gab es 2008 maximal, dass das Rennen zu Ende war., Foto: Ducati

Mit 15 Jahren kam Melandri in die Weltmeisterschaft, hatte zuvor MotoCross-, Minibike- und 125ccm-Erfahrung in Italien gesammelt. In seiner ersten kompletten Saison wurde er gleich Gesamtdritter der Weltmeisterschaft in der Achtelliterklasse. Ein Jahr später war es der Vizeweltmeister-Titel. Die Krönung bildete der Weltmeistertitel bei den 250ern im Jahre 2002. Anschließend stieg er in die MotoGP-Klasse auf, wurde dort 2005 Vizeweltmeister. 2006 gewann er noch drei Rennen, seit der Einführung der 800ccm-Motorenregel, ging es mehr oder weniger bergab.

Den Tiefpunkt stellte ganz klar die Saison 2008 dar. Mit der zweiten Werksducati an Casey Stoners Seite hatte sich Melandri so viel erhofft. Rang 17 und mickrige 51 Punkte waren das Endresultat. Nur 2003, in seiner MotoGP-Rookie-Saison, hatte er weniger Punkte gesammelt. Als 17. stand er gar noch nie in der Endabrechnung einer Weltmeisterschaftssaison.

2008 war der Tiefpunkt von Melandris Karriere, Foto: Sutton
2008 war der Tiefpunkt von Melandris Karriere, Foto: Sutton

Prinzipiell steht der Italiener und 22-fache Grand Prix-Sieg am Ende dieser Saison wieder vor dem Nichts. Denn am Rückzug Kawasakis ist auch dank der guten Resultate nichts zu rütteln. Die Entscheider in Japan werden jedenfalls nach dem Rennen von Le Mans in diesem Jahr, bei welchem Marco Melandri mit der "Hayate" (nicht der Kawasaki) als Zweiter auf das Podest fuhr, versucht haben, sich selbst in den Hintern zu beißen. Aber der Ausstieg ist besiegelt, es gibt keine Weiterentwicklung mehr, die grüne MotoGP-Akte ist geschlossen.

Melandri braucht aber Arbeitslosigkeit wohl nicht zu befürchten. Mehrere Teamchefs sollen an ihm interessiert sein. Unter anderem Fausto Gresini, in dessen Team er auch Vizeweltmeister der MotoGP wurde, bei welchem er 17 seiner insgesamt 19 Königsklassen-Podestplätze holte, soll daran interessiert sein, Marco wieder "heim" zu holen.

Auf zum Vize-Titel 2005., Foto: Honda
Auf zum Vize-Titel 2005., Foto: Honda

Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Marco Melandri auch 2009 in der MotoGP-Weltmeisterschaft mitmischen wird. Vielleicht wird es schon beim nächsten Lauf in Brünn eine Entscheidung geben. Bis dahin hat Melandri erst einmal das Glück, dass sein Geburtstag in die Sommerpause fällt und er ordentlich ausspannen, feiern und relaxen kann. Motorsport-Magazin.com wünscht eine schöne Feier am morgigen Ehrentag, dem 07. August.