Pete Benson ist aktuell Chefmechaniker von Nicky Hayden und hat in der Vergangenheit mit Größen wie Mick Doohan und Valentino Rossi gearbeitet. Seit 1994 ist Benson auf den höchsten Ebenen des Motorradsports dabei und hat in verschiedenen Klassen einiges erlebt. Über den aktuellen Stand der MotoGP, die Entwicklungen der vergangenen Jahre und seinen Schützling Nicky Hayden hat er deswegen einiges zu erzählen.

Von allen Fahrern, mit denen Sie bislang gearbeitet haben, welcher hat Sie da am meisten beeindruckt und warum?
Pete Benson: Valentino Rossi und Mick Doohan. Ich habe nicht in vielen Rennen mit Doohan gearbeitet, aber beide sind unglaubliche Fahrer. Valentino hat die gute Fähigkeit, die technischen Aspekte der Maschine zu verstehen und er ist sehr fokussiert darauf, was er will und braucht. Außerdem setzen sie sich durch ihre Fähigkeiten ab, wenn sie wirklich schnell fahren müssen. Sie können fahren und Dinge ausprobieren, aber wenn sie müssen, dann können sie sehr schnell fahren. Sie sind beide brillant.

Wie würden Sie Nicky Hayden als Fahrer beschreiben
Pete Benson: Er ist eine sehr fokussierte Person und es ist einfach, mit ihm zu arbeiten. Das hat während der vergangenen vier Jahre geholfen. Das macht den Job viel einfacher. Er regt sich nie bei jemandem auf, wenn etwas nicht funktioniert.

Was könnte er Ihrer Meinung nach verbessern?
Pete Benson: Vielleicht muss er in den Trainings konstanter werden, was helfen würde. Er ist in den Rennen aber immer besser; er ist ein Kämpfer.

Voriges Jahr war es eine schwere Saison für den Weltmeister von 2006. Drei dritte Plätze waren seine besten Ergebnisse. Wie motiviert man einen Fahrer, der einen WM-Titel gewonnen hat und dann im folgenden Jahr unter einer Maschine leidet, mit der er sich nicht wohl fühlt?
Pete Benson: Es war kompliziert. Ich denke, Nicky hat sich nicht besonders gut an die 800er gewöhnt. Die 990er passte viel besser zu seinem Stil und es brauchte etwas Zeit, bis er sich an die Anforderungen der neuen Motorleistung angepasst hatte. Er brauchte nicht wirklich eine spezielle Motivation. Es brauchte niemanden, der ihm sagte, dass er dieses und jenes tun sollte. Er fand seine eigene Motivation. Er brauchte niemanden, der das für ihn machte. Natürlich war es schwer, sich nach den ersten vier oder fünf Rennen zu erholen. Oder beispielsweise Phillip Island, wo er sehr schnell war und dann der Motor kaputt wurde. Das war das Schlimmste, was passieren konnte, da er in einer Position war, um wieder auf das Podest zu kommen.

Bei den Tests wurde vielleicht etwas übersehen, Foto: Repsol
Bei den Tests wurde vielleicht etwas übersehen, Foto: Repsol

Der Winter und der Beginn in Katar waren nicht leicht, aber seit Jerez kamen die Ergebnisse. Was denken Sie von der RC212V 2008?
Pete Benson: Die Maschine, die wir jetzt haben, scheint gute Leistung zu bringen. Wir hatten vor der Saison viele Probleme und haben während der Trainings in diesem Jahr nicht unbedingt den besten Job gemacht. Ich denke, uns sind Aspekte entgangen, die wichtig waren und dadurch war der Start nicht so gut. Jetzt scheint die Maschine aber gut zu laufen und ich nehme an, wenn Honda den Motor noch etwas verbessern kann, werden wir eine sehr gute Maschine haben.

Was ist ihrer Meinung nach der schlimmste Albtraum für ein Team während eines Grand Prix?
Pete Benson: Nicht jede Woche auf dem Podest zu sein.

Wie hat sich der Job des Mechanikers durch die technische Entwicklung verändert?
Pete Benson: Die elektronische Seite hat sich am meisten verändert, auch wenn der Job des Mechanikers nicht so anders ist als wie er es immer war. Die Sache ist die, dass die Elektronik nun eine wichtige Rolle bei der Abstimmung der Maschine spielt und vor zehn Jahren war sie noch nicht da. Der mechanische Teil hat sich nicht so sehr verändert, nur die Telemetrie, die für die Benzineinspritzung verantwortlich ist, ist ein wichtiger Teil des Ganzen geworden.

Sie haben mit Champions wie Doohan, Rossi oder Hayden gearbeitet. Was macht den Unterschied, ob man eine WM gewinnt oder nicht?
Pete Benson: Fahrer, die den WM-Titel mehrfach gewonnen haben, wie Doohan oder Rossi, haben eine unglaubliche Willensstärke. Ich denke, dass ist die wichtigste Qualität. Sie sind mental sehr stark. Bei jeder Weltmeisterschaft ist ein bisschen Glück involviert, aber prinzipiell gewinnt man eine WM, indem man konstant und jede Woche schnell ist und in beinahe jedem Rennen auf das Podest kommt. Außerdem kümmerten sich Mick und Valentino nie darum, was jemand über sie gesagt hat oder was um sie herum passierte. Ich denke, die Schlüsselqualität ist mentale Stärke - viel wichtiger als der physische Zustand oder die Maschine. Willensstärke ist der größte Unterschied und das, was einen Fahrer abhebt.

Viele neue, junge, talentierte Fahrer sind in die Königsklasse gekommen. Ist es jetzt leichter, sich einzufinden? Glauben Sie, dass das Niveau in der MotoGP gestiegen ist?
Pete Benson: Ich kann nicht sagen, ob das Niveau in der Kategorie gestiegen ist, die Weltmeisterschaft ist noch jung. Es ist jetzt für 250er-Fahrer wahrscheinlich leichter, sich an die größere Kontrolle zu gewöhnen, die sie über die Kraft ihrer Maschinen haben, aber Dovizioso und Lorenzo sind sehr talentierte Fahrer. Wir sollten aber noch zwei oder drei Rennen warten, um zu sehen, ob der Level in der Kategorie wirklich so anders geworden ist. Wenn die Saison voranschreitet, werden es wohl die gleichen Fahrer sein wie voriges Jahr und vielleicht noch ein paar andere, die Möglichkeiten haben. Es könnte enger sein, aber ich denke nicht, dass das Niveau so stark gestiegen ist.

Mittlerweile ist viel mehr zu tun, Foto: Repsol
Mittlerweile ist viel mehr zu tun, Foto: Repsol

Wie hat sich die WM seit ihrer Ankunft verändert?
Pete Benson: Es gibt zu viele Rennen. Als ich ankam, machten wir drei Rennen pro Jahr und jetzt sind es um die 18, mit viel mehr Trainings. Es ist ein Rund-um-die-Uhr-Job geworden, während es davor viel entspannter war und es zu Weihnachten eine lange Pause gab. Man muss sich nur die Hospitalities und alles drum herum ansehen, damit man sieht, wie viel Geld jetzt ausgegeben wird. Ich weiß nicht, ob das besser ist oder nicht, aber das sind die größten Änderungen.

500cc, 990cc oder 800cc?
Pete Benson: Seit den 500ern ist einige Zeit vergangen. Mir ist es ziemlich egal, solange die Rennen gut sind und die Technik besser wird. Ich meine, die 500er waren wilde Maschinen, die viele Leute nicht fahren konnten. Jetzt sind die Maschinen wahrscheinlich einfacher zu fahren und man sieht mehr Leute, die schnell sind. Es sind aber immer noch Grands Prix auf dem höchsten Level und das ist die Kategorie, wo sie fahren wollen. Es geht also nur darum, schnell zu fahren.

Was hat Ihrer Meinung nach einen größeren Einfluss auf die Qualität der Fahrer: die Elektronik oder die Reifen?
Pete Benson: Weder noch, denn das Talent des Fahrers ist immer noch sehr wichtig. ich meine, alles ist wichtig. Man kann die beste Maschine haben, aber wenn der Fahrer nichts kann, dann wird er nichts gewinnen. Andererseits kann man den besten Fahrer auf der schlechtesten Maschine haben und der wird auch nichts gewinnen. Alles muss passen. Voriges Jahr wurde gesagt, dass einige Fahrer wegen der Bridgestone-Reifen gewonnen haben und dieses Jahr sehen wir, dass das nicht stimmte. Michelin hat tolle Arbeit geleistet, aber das hat alles damit zu tun, wie sich die Dinge in diesem Business verändern. Die technologische Entwicklung läuft viel schneller als früher, also muss man viel mehr in Technologie investieren. Das ist aber erlaubt, also muss man das zu seinem Vorteil nutzen. Ich glaube aber nicht, dass die Fahrer dadurch nutzlos werden. Es mag einige Fahrer besser machen als sie sind, aber letztendlich sind immer die besten Fahrer vorne dabei.

Es sieht so aus, als ob es dieses Jahr nicht so viel Gerede über Reifen geben wird...
Pete Benson: Nein, nein, es wird Gerede geben. Wir haben erst das dritte Rennen vorbei und es wird interessant, wenn wir zu Strecken kommen, auf denen der eine Hersteller getestet hat und der andere nicht. Dann werden wir sehen, ob es Unterschiede zwischen ihnen gibt. Es wird weiter ein wichtiger Aspekt bleiben und das wird so sein, solange es mehr als eine Marke gibt. Ich denke aber nicht, dass es so wichtig ist, wie es einige Leute im vorigen Jahr geglaubt haben.

Bei Repsol Honda gibt es zwei Leute, die gewinnen können. Glauben Sie, dass das Auswirkungen auf die Leistung der Fahrer und ihrer technischen Teams hat oder eher nicht? Bringt es vielleicht beiden etwas?
Pete Benson: Ich denke, das ist handhabbar. Letztendlich wollen die Fahrer den Sieg immer für sich, nicht für ein Team oder sonst etwas. Sie wollen die Weltmeisterschaft für sich. Jeder ist da draußen, um das Gleiche zu erreichen: Rennsiege. Es ist wahrscheinlich schwerer, wenn man keine Siege holt und nicht vorne liegt, weil der andere Fahrer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Am Ende mühen sich aber alle wegen der gleichen Sache: sie wollen alle gewinnen.