Estoril förderte wieder ein interessantes Wochenende zutage. Vor allem Ducati hat sich ein weiteres Mal in Portugal schwer getan. Bei dem Team ist man natürlich noch vom vorigen Jahr verwöhnt. Da hat ein kleines Werk wie Ducati zusammen mit Casey Stoner alle großen japanischen Hersteller vorgeführt und das war so eigentlich nicht zu erwarten. In diesem Jahr scheint einfach die Realität wieder zurückzukehren und sie müssen sich im Feld behaupten. Im Vorjahr war es einfach so, dass Honda einen schlechten Start hatte, Yamaha ohnehin nicht gut drauf war und Kawasaki und Suzuki sind sowieso noch nicht hundertprozentig an der Spitze. Ducati war da zur Stelle und hat das voll genutzt.

In diesem Jahr sind Yamaha und Honda aber wieder viel besser aufgestellt und dadurch ist im Prinzip auch das Gleichgewicht wieder hergestellt. Es war nun aber mit Sicherheit auch so, dass die Strecke in Estoril Ducati und Bridgestone nicht unbedingt bevorzugt. Shanghai und die Rennen danach sollten dem Paket schon wieder besser liegen. Die Konkurrenz sollte sich also noch nicht in Sicherheit wiegen. Natürlich sind aufgrund des Reglements aber auch irgendwann Grenzen gesetzt, was die Entwicklung betrifft und dadurch ist das Feld wieder näher zusammengerückt.

Eine tolle Leistung hat Jorge Lorenzo an dem Wochenende trotzdem gezeigt. Man kann es gar nicht hoch genug bewerten, was er im Moment leistet. Er stiehlt ja nicht nur Valentino Rossi die Show, sondern allen, die auf der Maschine fahren. Er ist vor Toseland und auch Edwards und das will für einen Rookie schon was heißen. Zu Rossi muss man allerdings sagen, dass er erst seit kurzem auf Bridgestone unterwegs ist. Da wird es in den nächsten Rennen noch einige Verbesserungen geben. Lorenzos Konstanz, vor allem im Qualifying, ist aber dennoch beeindruckend. Er hat jetzt alle drei Qualifyings für sich entschieden und das ist noch keinem Rookie so gelungen.

Jorge Lorenzo ist im Qualifying bereits eine Macht, Foto: Fiat Yamaha
Jorge Lorenzo ist im Qualifying bereits eine Macht, Foto: Fiat Yamaha

Dass Jorge im Zeittraining besonders stark ist, hat man aber schon in der 250er-Klasse gesehen. Da hat er das Feld teilweise um mehr als eine Sekunde deklassiert. Das kann ja nicht nur vom Motorrad gekommen sein. Seine absolute Stärke ist also eine schnelle Qualifying-Runde. Da kann er das Material ausreizen wie kaum ein Anderer im Feld. Ob er durch seine Armoperation jetzt noch schneller wird, wage ich aber zu bezweifeln. Er ist Profi genug und wenn ihm die Arme wehtun, dann ist das die eine Sache. Dass ihn das beim Fahren jetzt so stark behindert hat, glaube ich jedoch nicht. Er holt einfach jetzt schon sehr viel aus dem Paket heraus und wenn er noch schneller wird, dann liegt das eher an der Erfahrung, die er schon gesammelt hat und noch sammeln wird.

Durch Lorenzos Stärke hat sich in Spanien nun natürlich auch ein Kampf um die Vormachtstellung entwickelt. Lorenzo und Dani Pedrosa können sich ja nicht unbedingt sehr gut leiden und da will jeder die Nummer 1 sein. Ich denke aber, der Kampf ist sehr ausgeglichen und das Kräfteverhältnis auch. Das wird sich über die Saison wohl noch zuspitzen und wir werden einige sehr interessante Kämpfe sehen. Yamaha und Honda sind momentan auf fast einem Level. Es wird interessant, was die Werke über das Jahr jetzt noch aus den Maschinen herausholen. Sie fahren - bis auf Rossi - die gleichen Reifen und solange die Motorräder so gleich bleiben, können wir dieses Jahr noch auf einiges hoffen.

Vor allem von Rossi kann man aber noch mehr erwarten. Erfahrungsgemäß sind Jerez und Estoril jene Strecken, auf denen Bridgestone die meisten Probleme hat. Daran wird gearbeitet, aber es ist immer schwer, da einen Rückstand wettzumachen. In Shanghai war Bridgestone voriges Jahr sehr stark und Stoner hat das Rennen auch gewonnen. Ich nehme an, der Kurs kommt den Reifen auch wieder zugute. Da wird sich das Kräfteverhältnis dann wieder ein bisschen drehen.

Rossis dritter Platz und der fünfte Platz von Hopkins in Estoril waren aber dadurch begünstigt, dass vorne zwei ausgefallen sind. Das ist mittlerweile eigentlich ungewöhnlich. Rechnet man die reine Leistung ein, dann wäre Hopkins wohl nur auf Platz sieben gelandet und Rossi hätte sich vielleicht noch hinter Dovizioso mit Platz vier begnügen müssen. Für Kawasaki war es sicher eines der besseren Rennen und Hopkins wird sich auch immer besser auf der Maschine zurecht finden, aber es ist wohl nicht so, dass er aus eigener Kraft viel weiter vorne ankommen kann.

Der Druck auf Marco Melandri wächst, Foto: Ducati
Der Druck auf Marco Melandri wächst, Foto: Ducati

Etwas mehr Druck als Hopkins hat mit Sicherheit Marco Melandri, bei dem es mit der Ducati nicht laufen will. In der Klasse sind aber alle Profis und sie verdienen auch gutes Geld, also muss man auch mit dem Druck leben, dass Resultate gebracht werden müssen. Wenn man sich die Lage bei Ducati über die ersten drei Rennen ansieht, dann hat Casey in Katar die Ehre für alle gerettet, in Jerez ist es dann schon nicht so gut gelaufen und Estoril war eben auch keine Glanzvorstellung. Ducati ist in diesem Jahr bislang einfach nicht so stark und wenn sich drei Fahrer nicht so wohl fühlen, dann schlägt das auch auf das Gemüt des anderen. Für Marco ist es natürlich eine schwere Situation. Er fährt im Werksteam und muss zumindest die D'Antin-Piloten schlagen, was ihm ja auch nicht wirklich gelingt.

Richtig gut war dafür die Tech 3 Mannschaft. Vor allem Colin Edwards hat hundertprozentig das umgesetzt, was ihm an Material zur Verfügung steht. Die Yamaha scheint von dem Ruf weggekommen zu sein, der ihr früher immer nachgehangen hat, dass sie nur für Rossi passte und alle Anderen Probleme damit hatten. Nun scheint sie ein Motorrad, mit dem jeder sofort gute Leistungen bringen kann. Auch Toseland ist gut unterwegs. Die Bedenken, dass er aus der Superbike kommend den Speed nicht würde mitgehen können, waren unberechtigt. Er wird sich im Laufe der Saison bestimmt weiter steigern. Deswegen finde ich es auch gerechtfertigt, dass sein Vertrag für 2009 verlängert wurde. Denn es drängt sich aktuell niemand auf, der für kommendes Jahr schon reif wäre, in der MotoGP zu fahren.

Das Feld könnte im kommenden Jahr aber ohnehin wachsen, da Jorge Martinez Verhandlungen mit Yamaha und Suzuki wegen eines MotoGP-Teams führt. Das wäre auch wichtig, denn momentan kann man durch die Startaufstellung von vorne beinahe ungehindert durchschauen, da das Feld wirklich dünn besetzt ist. Wenn einer oder zwei ausfallen, ist schon jeder in den Punkten und das sollte bei der höchsten Weltmeisterschaft im Motorradsport nicht der Fall sein.

Die kleinen Klassen

Sollte Martinez sein MotoGP-Team bekommen, dann will er Alvaro Bautista mit nach oben nehmen und der hat in Portugal gezeigt, wie sehr er mittlerweile gereift ist. Er hat ein Top-Team, ein Top-Motorrad und Estoril scheint eine Strecke zu sein, die ihm ganz besonders liegt. Er hat dort schon auf der 125er Rennen gezeigt, als er alle Anderen stehen gelassen hat. Diesmal hat er es souverän nach Hause gefahren.

Marco Simoncelli hat auch wieder überzeugt. Alle, die meinen, dass sie auf ein Motorrad nicht draufpassen, sollten genau zuschauen, wenn er fährt. Er sieht wirklich viel zu groß für seine Maschine aus. Wenn er in der Auslaufrunde die Arme hoch streckt, dann sieht die Maschine unter ihm wie ein Minibike aus. Er zeigt, dass man trotz so einer Statur sehr gute Leistungen bringen kann.

Mika Kallio hatte bei Marco Simoncellis Manöver auch Glück, Foto: Kirn F.
Mika Kallio hatte bei Marco Simoncellis Manöver auch Glück, Foto: Kirn F.

Das Rennende mit Mika Kallio war dann allerdings eine haarige Situation für beide. Da gab es vor ein paar Jahren in Barcelona eine ähnliche Situation, als die Motorräder sich nicht an der Verkleidung verhakt haben, sondern die Bremse eingeklemmt wurde. Dabei hat sich der Fahrer dann auf der Geraden vorwärts überschlagen und in so einer Situation kann man überhaupt nichts machen. Auch dieses Mal hätten sich beide böse wehtun können. Allerdings muss man dem Marco zugute halten, dass es sein gutes Recht ist, die Richtung zu wechseln, wenn er jemand aus dem Windschatten abschütteln will. In so einer Situation wird das auch schnell und zackig gemacht und er hat hinten auch keine Augen.

Besonders schön war aber das Duell in der 125er-Klasse zwischen den Routiniers Corsi und Olive. Es war ein klassisches 125er-Rennen. Ich kenne beide recht gut und es sah recht kontrolliert aus, was sie gemacht haben - ein schöner, fairer 125er-Kampf.

Kein so schönes Rennen hatte Gabor Talmacsi, der wieder ein Stück weit durchgereicht wurde. Wir haben live mitverfolgen können, dass seine Maschine zehn bis 15 km/h langsamer war als der Rest um ihn herum. Entweder hat das Team auf Sicherheit gespielt und nach den Ausfällen zuletzt nicht die volle Leistung ausgereizt oder er hatte schon wieder ein technisches Problem. Die Maschine war auf keinen Fall konkurrenzfähig und er hat da das Beste daraus gemacht. Im nächsten Rennen muss sich die Lage aber ändern, wenn er den Titel ernsthaft verteidigen will. Aktuell hat er das Glück, dass niemand vorne dabei ist, der wirklich sehr konstant ist und mit seiner Erfahrung kann er das Blatt noch wenden. Noch zwei oder drei solche Rennen darf sich das Team aber nicht leisten.

Platz acht für Stefan Bradl war in Estoril völlig in Ordnung. Jeder, der nun in jedem Rennen mit Podestplätzen spekuliert, erwartet einfach zu viel, denn er ist noch recht jung und sammelt im Moment Erfahrung. Dafür ist es schon spitze, was er zeigt. Die Konstanz ist beeindruckend; drei Rennen, drei Top Ten Ergebnisse, einmal auf dem Podest, einmal knapp dran, mehr darf man nicht erwarten. Ich hoffe jetzt nur, dass ihn die deutschsprachige Öffentlichkeit, die natürlich einiges erwartet, nicht zu sehr unter Druck setzt.

Wer mir in der 125er aus deutschsprachiger Sicht noch viel Freude macht, sind Dominique Aegerter und Michael Ranseder. Die liefern wirklich gute Leistungen ab und vor allem Aegerter hat im Vorjahr noch zwischen Position 20 und 30 gekämpft. Im Training hat er jetzt schon öfter gute Leistungen gezeigt, war teilweise auf Platz fünf und bei Ajo scheint er sich wirklich wohl zu fühlen. Da könnte sich ein weiterer deutschsprachiger entwickeln, der in der Klasse für Furore sorgt. Ranseders dritter Platz im ersten Qualifying war ohnehin stark, auch wenn er an diesem Wochenende recht oft gestürzt ist. Er war wohl etwas übermotiviert.

IDM

Die RZT-Mannschaft, die ich betreue, war vergangenes Wochenende in Cartagena beim Europacup unterwegs. Der Cup ist im Prinzip nichts Anderes als die EM, nur mit anderem Namen aber gleichem Organisator. Im ersten Saisonrennen am vergangenen Wochenende konnte Sebastian Kreuziger den dritten Rang einfahren, was als Einstieg in das Jahr einmal ein schönes Ergebnis ist, das das Selbstvertrauen stärkt. Allerdings muss man auch zugeben, dass die Konkurrenz in der Serie nicht sehr stark ist. In der IDM oder auch der spanischen Meisterschaft ist es da schon etwas schwerer. Die kommenden Rennen werden sicher nicht so einfach verlaufen. Es war aber ein passender Einstand, um sich für den Saisonstart der IDM in der Lausitz zu motivieren.