Das Wichtigste zuerst. Wie geht es der in Laguna Seca verletzten Hand?
Alex Hofmann: Die OP ist soweit im Rahmen verlaufen. Dr. Ting hat glaube ich gerettet, was zu retten war. Er hat einen sehr guten Job gemacht, das bestätigen auch die Fachärzte hier in Europa. Die Schwellung ist soweit einmal heraußen, jetzt geht es um die Wundheilung. Am Freitag kommen die Fäden heraus und Anfang nächster Woche muss man dann entscheiden, wie man mit der Reha anfangen kann. Da geht es um die Belastung und auch darum, die Beweglichkeit wieder in die Finger hinein zu bekommen. Vor allem die Sehne im Mittelfinger wurde stark beschädigt und man muss sich erst ansehen, wie das alles verheilt und sich verbessert.

Das Gefühl in den Fingern ist im Moment also nicht das Beste?
Alex Hofmann: Der Daumen macht sich dafür, dass er komplett offen war, eigentlich extrem gut. Was im Moment der Problemfinger zu werden scheint, ist der Zeigefinger. Da wird man genauer drauf achten müssen. Der hat am meisten abbekommen, weil der Mittelhandknochen kaputt war und der Mittelhandkopf war komplett zertrümmert. Der musste wieder hergestellt werden und dann kam noch die Platte drauf, es wurde also sehr viel daran gearbeitet. Das braucht gewiss noch ein bisschen, bis alles wieder hundertprozentig ist.

Die Aussichten, bis Brünn wieder zurück zu sein, sind also nicht besonders gut?
Alex Hofmann: Bis Brünn ist es absolut unrealistisch, denn was hilft es mir auch? Am Sachsenring bin ich mit einer Hand gefahren, die bei ungefähr 50 oder 60 Prozent war und die kommt jetzt knapp wieder an die 100 Prozent. Die andere Hand wird aber eine Geschichte, die länger dauert. Wenn man bedenkt, dass ich jetzt zwei bis drei Wochen gar nichts machen kann, da ist dann auch die Kraft aus den Fingern draußen. Ich werde mich definitiv nicht auf das Motorrad setzen, wenn ich nicht hundertprozentig fit bin. Ich hatte jetzt in kurzer Zeit wirklich genug Verletzungen und ich will schauen, dass ich wirklich attackieren kann, wenn ich zurückkomme. Ich will dann Vollgas fahren können.

Das Rennen in Misano ist Alex Hofmanns Ziel für ein Comeback, Foto: Pramac Racing
Das Rennen in Misano ist Alex Hofmanns Ziel für ein Comeback, Foto: Pramac Racing

Lässt sich ein ungefährer Zeitrahmen festlegen?
Alex Hofmann: Das Ziel ist gewiss der San Marino Grand Prix in Misano. Die nächsten ein, zwei Wochen sind jetzt aber sehr wichtig, um zu sehen, wie schnell die Reha anschlägt und wie schnell ich mit dem Aufbau der Fitness und der Muskulatur im Arm wieder loslegen kann.

Mit Verletzungen hattest du bereits einiges an Pech...
Alex Hofmann: Ich habe verletzungstechnisch in den letzten Jahren sicher einige "gute" Erfahrungen gemacht. So kompliziert, wie es im Moment aussieht, war das aber sicher die schlimmste Verletzung in meiner Karriere. Ich hatte schon Schienbeinbrüche und einige andere Knochenbrüche, aber an der Hand ist es besonders schwierig. Mit Schmerzen am Fuß kann man noch relativ schnell fahren, aber die Hände sind beim Motorradfahren das Allerwichtigste, weil damit alles kontrolliert und geregelt wird. Wenn die Hände nicht richtig funktionieren, dann muss man auch nicht auf das Moped steigen.

Noch kurz zum Unfall. Es war offensichtlich eine Fehleinschätzung von Sylvain Guintoli. Wie hast du die Situation erlebt?
Alex Hofmann: Für mich ist da eigentlich nicht viel passiert. Ich wollte in die Ecke einbiegen und dann kam von hinten der Frachtzug, der mich abgeschossen und in den Kies mitgenommen hat. Das geht so schnell. Du hörst das Motorrad nicht kommen, du siehst nichts kommen, es schlägt einfach nur. Innerhalb von einer Sekunde ist deine Hand in Teilchen. Es geht so schnell, da bekommt man nichts mit. Ich habe meine Meinung dazu glaube ich recht klar gemacht. Ich finde es immer noch absolut unakzeptabel, dass keinerlei Strafe ausgesprochen wurde. Das Argument, die Strecke nicht zu kennen, ist für mich fast doppelt so schlimm, wenn man auf den ersten fünf Runden so einen Fehler macht. Für mich kann gerade so eine Situation auch schlimme Konsequenzen haben. Dementsprechend ist es doppelt hart. Kopftechnisch war es so hart, weil man in Laguna Seca nichts davon bemerkt hat, dass eine gewisse Unterstützung da war. Es wurde als Rennunfall abgestempelt und weiter ging's. Es hat keinen interessiert und ich muss gestehen, das war relativ hart.

Die Situation nach dem Sturz war auch etwas eigenartig. Du musstest sehr lange im Kiesbett warten...
Alex Hofmann: Wie gesagt, es war einfach ein schlechtes Wochenende. Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort und das permanent. Das einzig Positive war, dass Dr. Ting direkt vor Ort war und die Operation übernommen hat. Die 20 Minuten da an der Rennstrecke waren schon eine harte Sache. Wenn man die Zeit zurückdrehen könnte, wäre es natürlich schön, aber jetzt ist es eben auch für mich schwierig, weil die Konsequenz daraus ist, dass es für das nächste Jahr schwieriger wird. Ich weiß, ich war noch bei einigen Teams auf der Liste, denen ich gerne ein gutes Resultat in Laguna Seca gezeigt hätte. Das wäre im Nachhinein betrachtet auch mehr als möglich gewesen. Ganz davon abgesehen, dass es eine meiner Lieblingsstrecken ist und alles sehr gut funktioniert hat. Wenn du dort einen fünfte, sechsten, siebten Platz im Trockenen nachhause bringst und den einen oder anderen vielleicht noch beeindruckst, kann die Karriere in eine ganz andere Richtung gehen, als sie das jetzt tut. Jetzt ist die Zeit, Unterschriften zu tätigen und die Teams wissen alle, dass ich eine komplizierte Handverletzung habe und nicht weiß, wann ich wieder zurück bin. Das ist natürlich wieder "super" Timing und dementsprechend ein doppeltes Dankeschön an den Herrn Guintoli. Das kann mich nicht nur ein paar Rennen kosten, sondern tiefer gehen und meine Karriere beeinflussen.

Das Warten im Kiesbett waren besonders hart, Foto: Pramac Racing
Das Warten im Kiesbett waren besonders hart, Foto: Pramac Racing

Noch dazu, ist es für dich vor dem Unfall ganz gut gelaufen...
Alex Hofmann: Ja, wir haben schon seit Barcelona einen ziemlichen Aufwärtstrend gesehen. Wir hatten gute Qualifyings, in Assen wäre noch einiges mehr möglich gewesen, aber dort hatte ich Probleme mit meinem Arm. Auf dem Sachsenring bin ich trotz gebrochener Hand ein sehr ordentliches Rennen gefahren, glaube ich. Es ging generell aufwärts und in Laguna Seca war ich endlich wieder zu 100 Prozent fit und die Strecke kam mir entgegen. Ich denke, da hätte es weit nach vorne gehen können. Im Nachhinein kann man es aber leider nicht ändern. Hätte, wenn und aber hilft nichts und jetzt muss ich wieder einmal schauen, das Beste aus einer Situation zu machen, die nicht einfach ist. In den letzten Jahren habe ich dahingehend aber viele Erfahrungen gesammelt und werde wieder das Beste draus machen.

In Laguna Seca gab es noch den bösen Sturz von Marco Melandri. Wie siehst du dort die Schuldfrage?
Alex Hofmann: Der Kurtis [Roberts] ist da definitiv auf der Ideallinie herumgefahren und hat das Gas zugemacht, ich denke aber, dass Marco, wenn er die Situation besser eingeschätzt hätte, etwas anders reagieren hätte können. Ich habe mir die Szene nachher ein paar Mal angesehen und ich glaube, es wäre zu vermeiden gewesen. Das war eine andere Art Sturz. Das Allerwichtigste war aber, Marco konnte das Rennen fahren und sich seinen Vertrag für das nächste Jahr sichern. Im Nachhinein wird er sagen: 'Meine Güte, Shit happens.' Aber bei mir war das eben eine ganze Ecke schlimmer. Dementsprechend ist das Ganze dann ein bisschen härter.

Blicken wir noch etwas weiter zurück. Nach dem fünften Platz in Le Mans folgten weitere gute Resultate. Warst du zufrieden, wie es sich entwickelt hat?
Alex Hofmann: Generell muss ich sagen, ja. Es waren sicher einige Rennen dabei, wo es noch besser hätte laufen können. Das Highlight war sicher der fünfte Platz in Le Mans. Das war ein Tag, an dem alles optimal gelaufen ist. Davor und danach hätten wir sicher noch mehr herausholen können. Ob das jetzt China war oder das Rennen in Assen, wo ich das ganze Wochenende sehr schnell war, dann aber Probleme in der Hand hatte. Ich war in den Sessions vorher immer unter den ersten Fünf, Sechs, Sieben dabei. Vor Laguna Seca war ich knapp zehn Punkte hinter Platz acht in der WM und die Leute vor mir waren Barros, Capirossi und Hayden. Das ist glaube ich schon ein Zeichen dafür gewesen, dass es aufwärts ging. Ich war in Schlagdistanz und hätte das Rennen in Laguna Seca dafür nutzen können, um weiter Punkte gutzumachen. Mich in der WM noch in die Top Ten rein zu fahren, wird jetzt natürlich schwierig, ich muss aber gestehen, das ist nach dem Unfall nicht mehr mein Ziel. Jetzt ist es erst einmal mein Ziel, gesund zu werden und wenn ich dann zurückkomme, das eine oder andere gute Resultat zu holen. Die Gesamt-WM habe ich ein bisschen an die Seite gestellt, denn wenn du wegen so einer Verletzung zwei, drei Rennen verlierst und dann noch Probleme damit hast, dann macht es keinen Sinn, auf die WM-Tabelle zu schauen.

Das Team konnte immer wieder Highlights setzen. Was fehlt noch zu konstant guten Leistungen?
Alex Hofmann: Wir sind eben ein privates Team und kämpfen mit ganz anderen Mitteln als beispielsweise das Werks-Team von Casey. Der macht in diesem Jahr aber auch einen absolut fantastischen Job. Andererseits war Loris Capirossi nur einige Punkte in der WM vor mir und der ist auch im Werks-Team unterwegs und gewiss nicht als schlechter Fahrer bekannt. Es fehlt generell überall noch ein bisschen die Erfahrung, denn es ist auch für mich das erste Jahr, in dem ich die Möglichkeit habe, im Trockenen wie im Nassen unter die ersten Sechs bis Acht hinein zu fahren. Auch dem Team fehlt sicher etwas die Erfahrung. Es waren einfach Rennen dabei, wo wir zu spät ein gutes Setup gefunden haben oder uns in dieser Richtung etwas vertan haben. Wir haben auch viel Zeit verloren. Es ist wohl aufgefallen, dass wir in den Trainings einige technische Defekte hatten, die Trainingszeit gekostet haben. Das sind alles Kleinigkeiten, die man sich nicht leisten darf, wenn man unter die ersten Sechs hinein fahren will. Man muss ein Wochenende von Anfang an ideal nutzen und darf keine Zeit vergeuden. Ich glaube, es war einfach die Kombination aus Privatteam und ein bisschen Unerfahrenheit. Wir waren aber auf einem guten Weg, deswegen stinkt es mir jetzt doppelt, weil ich mir sicher bin, dass die Resultate von Laguna Seca an jetzt eher besser geworden wären als schlechter.

Trotz Handverletzung lieferte Alex Hofmann auf dem Sachsenring ein ordentliches Rennen, Foto: Pramac Racing
Trotz Handverletzung lieferte Alex Hofmann auf dem Sachsenring ein ordentliches Rennen, Foto: Pramac Racing

Im Moment wird auch viel über die Reifensituation diskutiert. Wie siehst du die Auseinandersetzung zwischen Bridgestone und Michelin?
Alex Hofmann: Ich finde die Situation gerecht und kann sie nur befürworten. Denn nach zehn Jahren Michelin-Dominanz tut es einfach gut, einmal einen anderen Reifenhersteller oben zu sehen. Es ist ja nicht so, dass Michelin schlecht dastehen würde. Es sind immer noch zwei Michelin-Fahrer unter den ersten Drei, danach kommt dann eine komplette Bridgestone-Armada. Ich kann Casey nur recht geben, dass es keinen Sinn macht, darüber zu diskutieren. Denn in den letzten Jahren wurden für die Michelin-Stars die Reifen noch direkt vor dem Rennen gebacken, was Bridgestone nicht konnte. Das ist nun nicht mehr der Fall. Das heißt, nachdem sie jahrelang diesen Vorteil hatten, haben sie nun stellenweise auch einmal einen Nachteil und andere sind besser dran. Ich kenne das besser als alle anderen. Denn in meinen ersten beiden Jahren auf Bridgestone hatten sie definitiv noch Rückstand. Danach fuhr ich ein Jahr auf Dunlop. Wer das hinter sich hat, der weiß so eine Situation einzuschätzen. Dementsprechend muss man nicht allzu sehr über die Reifen diskutieren. Es ist aber klar, dass die Reifen heutzutage rennentscheidend sind; ohne einen guten Reifen gewinnt heute keiner mehr. Die Situation ist aber in jedem Fall gerechter, als sie es voriges Jahr war.

Findest du es schade, dass gerade die Reifen so ein entscheidender Faktor sind?
Alex Hofmann: Ich finde es nicht schade, es ist eine Tatsache, die man anerkennen muss. Sie sind nun einmal der einzige Kontakt zwischen einem 220-PS-Motorrad und der Straße. Da kann man sich ganz gut vorstellen, wie wichtig das Ganze ist. In anderen Rennsportserien ist das nicht anders. Deswegen gehen auch viele Serien zum Reifen-Monopol über, um gleiche Verhältnisse zu schaffen. Im Endeffekt wäre das wahrscheinlich die ideale Variante, um alle gleich zu bedienen. Für den aktuellen Wettbewerb zwischen Bridgestone und Michelin haben wir aber eine ganz gute Reifenregelung, glaube ich.

Zum Abschluss muss ich dich noch fragen, auf wen du in diesem Jahr als Weltmeister tippen würdest?
Alex Hofmann: Da muss ich eindeutig Casey nennen. Der beeindruckt nicht nur mich, der beeindruckt viele, denke ich. Er weiß wohl dieses Jahr selber nicht, wie ihm geschieht. So fehlerfrei, so konstant und so schnell, wie er auf jeder Rennstrecke zurecht kommt, bin ich mir sicher, dass sich Valentino noch die Zähne ausbeißen wird. Denn er hat dieses Jahr auch ab und zu mit Problemen zu kämpfen und Casey hat in diesem Jahr bislang alle Situationen perfekt gemeistert und das Maximum draus gemacht. Es sieht nicht danach aus, als ob sich nach der Sommerpause daran etwas ändern wird. Ganz davon abgesehen, dass er auch auf Ducati fährt und es schön wäre, auch einmal einen Bridgestone-Weltmeister zu haben. Für mich ist definitiv Casey der Favorit.