Es ist schon kurios. Im Vorjahr dominierte Valentino Rossi die Hitzerennen von Jerez und Barcelona, in dieser Saison waren er und auch Teamkollege Maverick Vinales bei ähnlichen Bedingungen auf denselben Strecken desaströs unterwegs. Die Tech3-Piloten Johann Zarco und Jonas Folger konnten auf der 2016er-Yamaha hingegen in diesen Rennen groß aufzeigen. Das Problem liegt also bei der neuen M1, so viel ist klar. Der Teufel liegt dabei im Detail.

Der grundsätzliche Unterschied zwischen den Yamahas der Modelljahrgänge 2016 und 2017 liegt vor allem im Einlenkverhalten. Die neue Version ist etwas stabiler in den Anbremszonen, dafür aber auch träger am Kurveneingang. Bei guten Grip-Verhältnissen ist das für Rossi und Vinales kein großes Problem, sie können diese Schwäche gut kaschieren. Bei den Rennen in Jerez und Barcelona war der Grip aber miserabel. Ohnehin nicht ideale Streckenbeläge wurden durch extrem hohe Asphalttemperaturen - am Circuit de Catalunya wurden Sonntag etwa 54 Grad erreicht - unglaublich schmierig.

Notlösung bringt Probleme für Rossi und Vinales

Diese schlechten Grip-Verhältnisse machen es Rossi und Vinales dann fast unmöglich, ihr Motoren um die Kurven zu bekommen. "Das neue Bike hat viel mehr Untersteuern als das aus dem letzten Jahr", bestätigt Rossi. Dieses Grundübel zieht einen regelrechten Rattenschwanz hinter sich her. Da das Turning des Motorrads nicht so funktioniert wie gewünscht, müssen sich die Yamaha-Stars eines Tricks bedienen. Sie steuern ihre Bikes mit dem Gasgriff, bewegen sie also mit gezieltem Wheelspin am Hinterrad um die Kurve.

Das bringt den gewünschten Lenkeffekt, hat aber natürlich unangenehme Folgen für den Hinterreifen. "Ich hatte schon nach zehn Runden große Probleme mit dem Verschleiß. Vor allem auf der rechten Seite hat mir völlig die Traktion gefehlt", bestätigt Rossi. Ganz ähnlich klangen die Worte von Vinales. Auch er hatte Schwierigkeiten am Hinterrad und nicht wie die Podiumsfahrer Dovizioso, Marquez und Pedrosa an der Front: "Mein Hinterreifen war in so schlechtem Zustand, dass das Rad sogar auf der Geraden im fünften Gang noch durchgedreht hat. Ich bin einfach nicht vom Fleck gekommen."

Das Hinterrad der M1: Hier macht sich die Yamaha-Schwachstelle bemerkbar, Foto: Yamaha
Das Hinterrad der M1: Hier macht sich die Yamaha-Schwachstelle bemerkbar, Foto: Yamaha

Ein Blick in die Zeitenlisten bestätigt die Aussagen der Yamaha-Stars. In der Startphase verfügten beide Piloten über eine gute Pace. Rossi, nur von Startplatz 13 gestartet, verlor in der ersten Runde 3,012 Sekunden. Ein völlig normaler Wert in Anbetracht der Positionskämpfe im Mittelfeld. 'Il Dottore' hatte nach diesem Umlauf aber seinen Platz gefunden und verlor bis zum Ende von Runde neun gerade einmal weitere 0,403 Sekunden, fuhr teilweise schneller als die Spitze. Doch dann folgte der plötzliche Einbruch. In Runde 18 lag Rossi bereits mehr als zehn Sekunden zurück, am Ende des Rennens waren es über 20 - eine schallende Ohrfeige. Ganz ähnlich das Rennen von Vinales: Auch er verlor trotz weniger Positionskämpfe in der zweiten Rennhälfte wesentlich mehr Zeit als in der Anfangsphase.

Yamaha hofft auf Barcelona-Test

Wie gedenkt man bei Yamaha nun die Probleme zu lösen? Am Montag stehen in Barcelona offizielle Testfahrten an, die Temperaturen sollen dabei sehr ähnlich sein wie am Sonntag. "Das ist gut, dass wir unter denselben Bedingungen auf der Strecke testen können, die uns so große Probleme bereitet hat", meint Rossi. Man habe einige Dinge auszuprobieren, mit denen man die Schwierigkeiten in den Griff kriegen will, so der Altmeister. Ob das gelingt, ist freilich fraglich. Etwas Mut machen kann Yamaha der Kalender: In den beiden Rennen bis zur Sommerpause, der Dutch TT in Assen und dem Deutschland-GP am Sachsenring, sind Hitzeschlachten wie in Jerez oder Barcelona eher nicht zu erwarten.