Volles Haus, bestes Wetter und eine spannende Startaufstellung. Das MotoGP-Rennen in Mugello hat alle Zutaten für einen echten Krimi am Sonntag. Drei Hersteller haben heiße Eisen im Feuer um die Podestplätze. Wie sind die Karten im Poker um den Sieg verteilt? Und wie sehen die beteiligten Fahrer ihre Chancen im Rennen?

Bestzeiten für fünf Fahrer

Fünf Sessions sind vorbei, fünfmal stand ein anderer Fahrer an der Spitze des Klassements. Andrea Dovizioso bescherte Ducati die Bestzeit im Auftakt-Training, ihm folgte Cal Crutchlow auf seiner Honda nach, ehe am Samstag Yamaha das Ruder übernahm und zunächst Valentino Rossi, dann Johann Zarco und im Qualifying letztlich Maverick Vinales von P1 lachte.

SessionSchnellsterZeitZweiterZeitDritterZeit
1. TrainingDovizioso1:47.394Pirro1:47.595Vinales1:47.669
2. TrainingCrutchlow1:47.365Dovizioso1:47.526Folger1:47.543
3. TrainingRossi1:46.543Marquez1:46.865Lorenzo1:46.911
4. TrainingZarco1:47.690Rossi1:47.753Marquez1:47.801
QualifyingVinales1:46.575Rossi1:46.814Dovizioso1:46.835

Auch die absolut schnellsten Rundenzeiten wurden auf Yamaha erzielt: Rossis 1:46.543 aus dem 3. Training blieb im Qualifying unerreicht. Vinales Pole-Zeit von 1:46.575 war also nur die zweitschnellste Lap dieses Wochenendes. Der drittschnellste Umlauf gelang Rossi mit 1:46.814 im Qualifying.

Yamaha: Der logische Favorit?

Ist der Sieg für Yamaha also nur noch Formsache? "Nein, denn wir liegen alle so knapp beisammen", sagte Vinales nach dem Qualifying. "Morgen muss man intelligent fahren und vor allem in den ersten drei Runden die richtigen Entscheidungen treffen. Viele Fahrer hatten gute Rundenzeiten."

Vinales nahm im Klassement vor allem im zweiten und vierten Training bewusst hintere Plätze (er wurde 13. und 8.) in Kauf, legte dort im Renntrimm aber eine Pace von 1:48.0 bis 1:48.2 an den Tag. Das sollte den Richtwert darstellen, für alle Fahrer, die auf das Podest wollen. Eine Soloflucht traut sich der Polesitter nur unter bestimmten Bedingungen zu: "Wenn mein Gefühl für das Bike passt, dann könnte ich es versuchen. Aber das hängt ganz von der ersten Runde ab."

Zeitreise: 500 GP-Siege Yamaha: (01:48 Min.)

Für Valentino Rossi wird hingegen die zweite Rennhälfte entscheidend werden. Der angeschlagene Lokalmatador zeigte zwar vor allem am Samstag starke Einzelrunden. Doch das Rennen am Sonntag wird bei Temperaturen um die 30 Grad körperlich anstrengend. Nicht optimal für einen Piloten, der am Dienstag noch dachte, vor Schmerzen überhaupt nicht an den Start gehen zu können.

"Dieses Rennen wird für mich härter als die anderen Rennen zuvor", stellte der Doktor am Samstag klar. "Wir liegen alle knapp beisammen, daher wird es morgen zur Sache gehen. Ich habe aktuell zwar keine Schmerzen mehr, aber natürlich wären mir ein paar Tage mehr Regeneration lieber gewesen." Hinzu kam, dass Rossi im 4. Training einen neuerlichen Sturz erlitt. Er gab aber sowohl für seine Gesundheit, als auch für das Einsatz-Motorrad Entwarnung: "Zum Glück habe ich nur das Ersatzmotorrad zerlegt, das sollte mich also nicht weiter irritieren."

Und Yamahas restliche Asse im Ärmel? Die nahmen sich im Qualifying vorerst selbst aus dem Rennen um die Podestplätze. Jonas Folger startet nur von P15 und büßte bislang in den ersten Runden eines jeden Rennens Positionen ein. Johann Zarco kam im Qualifying auch nicht über Platz 11 hinaus und steht damit zum erst zweiten Mal in diesem Jahr nicht in einer der ersten beiden Reihen. Nur ein Turbo-Start könnte den Franzosen am Sonntag zum Podest-Anwärter machen.

Ducati: Vorteil Topspeed

Die Tugenden der Ducati schlugen in Mugello wieder voll durch: Das rote Motorrad aus Bologna stellte seine Überlegenheit bei der Endgeschwindigkeit unter Beweis. In Q2 herrschte eine Lücke von über vier km/h von der langsamsten Ducati (Lorenzo - 349,1 km/h) zum schnellsten Verfolger (Pedrosa - 344,9 km/h). Im 4. Training war Dovizioso im Schnitt um satte zehn km/h schneller als Pole-Mann Vinales. Yamaha könnte auf den Geraden gegen Ducati am Sonntag ganz schön alt ausschauen.

"Natürlich ist das eine Karte, die ich am Sonntag ausspielen werde", gab sich Dovizioso kämpferisch. "Unser Motorrad scheint hier wieder sehr gut zu funktionieren und ich fühle mich so wohl wie seit dem Auftakt in Katar nicht mehr. In den Kurven haben wir noch Probleme, aber zumindest auf der Bremse sind wir besser als zuletzt." Dovizioso glaubt an seine Chance am Sonntag: "Im 4. Training hatten wir auf gebrauchten Reifen in etwa die gleiche Pace wie Yamaha. Wir sollten also mithalten können."

Wissenswertes über den Italien GP: (01:10 Min.)

Der Italiener ist aber nicht Ducatis einzige Waffe. Michele Pirro startet von Platz vier und hat aufgrund seiner Testeinsätze mehr Erfahrung in Mugello als alle anderen Fahrer im Feld. Und Danilo Petrucci hätte sogar Yamahas Doppelspitze gesprengt, wenn er nicht in Turn 5 die Track Limits verletzt hätte. So steht der Italiener nur auf Rang neun und damit in einer Reihe mit Jorge Lorenzo, der P7 eroberte.

Lorenzo stand seit 2009 in Mugello immer auf einem der beiden obersten Treppchen. Auch wenn er noch Defizite bei sich und seinem Umgang mit der Ducati ortet: Schon in Jerez, wo er eine ähnlich erfolgreiche Statistik hat, schaffte er es nach drei schlechten Rennen in Folge auf das Podium. "Es wäre schön, wenn ich das Rennen nahe an der Spitze beenden könnte", sagte Lorenzo.

Honda: Marquez unter dem Radar?

Fünf der letzten sechs Rennen gewann Lorenzo und damit Yamaha. Marc Marquez war 2014 aber der Letzte, der den Dominator von Mugello besiegen konnte. In den Trainings konnte Marquez diesmal keine einzige Bestzeit setzen, war am Samstag aber vorne mit von der Partie. Er belegte Platz 2 im dritten und Rang 3 im vierten Training. Im Qualifying verpokerte er sich, als er zu knapp hinter Johann Zarco auf seine schnelle Runde ging und daher Zeit verlor.

"Es war mein Fehler, weil ich mich zu früh an ihn gehängt habe", gestand Marquez. "Ich bin schon nach drei oder vier Kurven auf ihn aufgefahren. Daher war es nicht mein bestes Qualifying. Die Rennpace sieht aber in Ordnung aus", ließ der Weltmeister, der am Sonntag von P6 startet, wissen. Marquez steht damit direkt neben seinem Teamkollegen Dani Pedrosa, der zuletzt dreimal in Folge auf dem Podest stand. Ein Kunststück, das ihm zuletzt vor drei Jahren gelang.

Marquez erwartet bei dieser Ausgangslage ein spannendes und vor allem ausgeglichenes Rennen: "Beide Yamaha werden vorne mit von der Partie sein, Dovi und Dani sind sicherlich auch konkurrenzfähig. Man kann nur hoffen, dass es morgen etwas kühler wird, das wäre für alle Fahrer besser."