Seit Marc Marquez 2013 in der MotoGP einschlug wie eine Bombe, ist die Königsklasse heillos einem Jugendwahn verfallen. Verträge für Teenager, Direktaufstiege von der Moto3 und ein Ablaufdatum für Fahrer der Kategorie Ü23 wurden zur Norm für alle Team-Manager, die auf der Suche nach "dem nächsten Marquez" waren. Nun fährt aber eine zu Fleisch gewordene Antithese zu diesem Wahn in der Spitze der MotoGP mit: Johann Zarco.

Demnächst 27 Jahre alt und in seiner Karriere oft ein Spätzünder, ist Zarco die größte Erfrischung des Neulings-Jahrgangs 2017. Und für viele schon jetzt die Überraschung der Saison. Führungsrunden beim Debüt in Katar, eine Attacke auf Rossi in Austin und seit Jerez auch Duelle mit den letzten beiden Weltmeistern Marquez und Lorenzo hat Zarco nach nur vier Rennen bereits auf seinem Kerbholz.

Was spät zündet, brennt länger

Die späte Genugtuung für einen steinigen Weg in die Königsklasse. Erst mit 21 Jahren gewann er sein erstes WM-Rennen. In der 125cc-Klasse und in einem Alter, in dem ein Marquez, Vinales, Miller, Redding oder Rins bereits auf MotoGP-Bikes saßen. In der Moto2 drehte er ganze vier Ehrenrunden und verteidigte als erster Fahrer seit Lorenzo 2007 im Vorjahr seinen Titel in der mittleren Klasse.

Johann Zarco sorgt für frischen Wind, Foto: Tech 3
Johann Zarco sorgt für frischen Wind, Foto: Tech 3

Ein erster Aufstiegsversuch in die Königsklasse scheiterte trotz WM-Titel im Gepäck Ende 2015 mangels Optionen. Die deutlich jüngeren Vinales und Miller hatten da bereits ihre erste volle Saison in der Königsklasse auf dem Sattel. Selbst im Vorjahr bedurfte es zweier Anläufe, ehe Zarco endlich sein MotoGP-Ticket lösen konnte.

Suzuki nahm den Franzosen zunächst zwar unter Vertrag, kaufte ihn danach aber wieder aus, um ihn durch den fünf Jahre jüngeren Alex Rins zu ersetzen. Der setzt nach mehreren Stürzen aktuell verletzt aus, während der geschmähte Zarco sich um Podestplätze duelliert. Klar - Yamahas M1 ist das bessere Motorrad als Suzukis GSX-RR. Dennoch dürfte Zarcos Performance Suzukis Teammanager Davide Brivio schlaflose Nächste bereiten.

Heilung für alle verblendeten Manager

Hoffentlich! Denn die "Antithese Zarco" ist eine gute Heilmethode für den Jugendwahn der MotoGP. Der Moto2-Champion beweist, dass Mittzwanziger keineswegs zu alt für den Aufstieg in die Königsklasse sind. Die Leistungen Zarcos erweitern hoffentlich den Horizont der Team-Manager und das Alter wird nicht mehr zum Hauptkriterium der Fahrerauswahl.

Wie weit es auch Journalisten mit dem Jugendwahn treiben können, beweist ein Blick auf Fabio Quartararo. Von spanischen und französischen Medien als zweifacher Meister der dortigen Moto3 (mittlerweile in Junioren-WM umbenannt) gehypt, ließ Honda für seinen Einstieg in die Weltmeisterschaft einst sogar das Alterslimit von 16 Jahren kippen. Marc Marquez wurde als amtierender MotoGP-Champion Ende 2014 gefragt, ob er sich bereits vor der Ankunft Quartararos fürchte. Bis heute hat besagter Fahrer noch kein WM-Rennen gewonnen. Vielleicht wurde er ja im Jugendwahn zu früh verheizt.