Drei Tage On-track-Action mit insgesamt 24 Stunden Fahrzeit liegen hinter dem MotoGP-Feld. Beim Sepang-Test konnten Rossi, Marquez und Co. erstmals an ihrem Paket für die anstehende Saison 2017 feilen. Dabei konnten nach drei Tagen und unzähligen Runden erste Rückschlüsse für das neue Jahr gezogen werden. Motorsport-Magazin.com fasst für euch die wichtigsten Erkenntnisse der Malaysia-Testfahrten zusammen:

1. Casey Stoner kann noch immer die Weltelite düpieren

Casey Stoner fuhr am ersten Tag zur Bestzeit, Foto: MotoGP
Casey Stoner fuhr am ersten Tag zur Bestzeit, Foto: MotoGP

Es war schon eine besondere Schau, als der Name Casey Stoner nach dem ersten Tag ganz oben auf dem Zeiten-Tableau auftauchte. Der Frührentner hat der versammelten Stammfahrer-Schar die Auspuffrohre gezeigt - und das über vier Jahre nach seinem letzten Rennen. Wow! Fahrer und Experten konnten Stoners Leistung gar nicht hoch genug einschätzen. Sogar Valentino Rossi machte sich nach der Bestzeit des Australiers so seine Gedanken. Der Doktor scherzte aber danach in seiner bekannt lockeren Art: "Ja, er ist ziemlich schnell. Zum Glück fährt er keine Rennen mehr!" Auch am Mittwoch war Stoner in der Spitzengruppe zu finden, am Ende landete er auf Rang sieben.

2. Jorge Lorenzo hat mit der Ducati zu kämpfen

Mit seiner langjährigen Ducati-Erfahrung und seinem Speed könnte Stoner ein wertvoller Lehrmeister für Jorge Lorenzo sein. Der dreifache Weltmeister tat sich schwer, landete am Montag gar nur auf Platz 17. Mit der unerwartet großen Umstellung von der Yamaha auf die Ducati hatte er nicht gerechnet. "Wenn du mit der Ducati versuchst, wie bei der Yamaha die Bremse vor dem Kurveneingang schon zu lösen um möglichst viel Tempo mitzunehmen, dann lenkt das Motorrad einfach nicht ein", beschrieb der Mallorquiner am Montag. Doch Lorenzo kämpfte sich wieder heran und steigerte sich an den nächsten beiden Tagen.

Lorenzos und Doviziosos neue Arbeitsgeräte: (00:21 Min.)

Am Ende weist ihn die kombinierte Zeitenliste aller drei Tage auf Rang zehn aus, der Rückstand hält sich mit 0,399 Sekunden in Grenzen. Doch Stoner winkt ob möglicher Schützenhilfe für Lorenzo ab: "Einem Fahrer, der auf diesem Level ist und so schnell fahren kann, kann ich nichts beibringen. Auch, weil jeder Pilot für sich besonders ist. Ich kann ihm nur gewisse Dinge zeigen oder vorschlagen." Es liegt also an Lorenzo selbst, sich zusammen mit der Ducati an die Spitze zu kämpfen. Ihn schon abzuschreiben wäre allerdings ein Fehler, das weiß auch Rossi. Der Doktor rechnet fest mit Lorenzo und vermutet sogar: "Er wird in Katar bereit sein für den Kampf um den Sieg."

3. Die Winglet-Arbeit an den MotoGP-Bikes geht weiter

Über den Winter wurden die ästhetisch fragwürdigen Winglets von den Motorrädern verbannt, offiziell aus Gründen der Sicherheit. Die kleinen Flügelchen haben allerdings einen derart großen Effekt auf die Gesamtperformance des Motorrads, dass die Ingenieure versuchen, den Verlust irgendwie zu kompensieren. Interessante Lösungen durfte und darf man sich von Ducati erhoffen. Die Roten fuhren beim offiziellen Test in Malaysia wieder mit ihrer Salatbox samt verlegtem Auspuff am Heck.

Yamaha präsentierte seine neue Winglet-Lösung, Foto: gp-photo.de
Yamaha präsentierte seine neue Winglet-Lösung, Foto: gp-photo.de

Die meiste Aufmerksamkeit zog allerdings Yamaha auf sich. Die Blauen um Rossi und Maverick Vinales waren die Ersten, die mit einer Verkleidung ausrückten, an der die Winglets auf der Innenseite montiert waren. Den Piloten wurde hinsichtlich der Neuerung ein Maulkorb auferlegt, doch Valentino Rossi witzelte immerhin am Dienstag: "Der Unterschied zur bisherigen Verkleidung ist, was die Performance betrifft, nicht gewaltig. Sie sieht aber auf jeden Fall richtig gut aus, also werden wir sie weiter verwenden."

4. Maverick Vinales fährt furios auf der Yamaha

Ob mit oder ohne Winglets: Zu keinem Zeitpunkt konnte Rossi wirklich mit seinem neuen Teamkollegen Maverick Vinales mithalten. Der Spanier beendete die Sepang-Tests als Gesamtschnellster und reihte sich an den einzelnen Tagen auf den Positionen drei, zwei und eins ein. Nach den beiden Bestzeiten in Valencia rückt Vinales damit mehr und mehr in eine gewisse Favoritenposition. In Sachen Konstanz jedenfalls konnte in Malaysia keiner das Wasser reichen, seine Longruns befanden sich konstant im Bereich von 1:59 Minuten. "Wir waren nicht auf eine schnelle Runde aus, sondern haben an allen drei Tagen hauptsächlich an der Renn-Pace gearbeitet", betonte Vinales am Mittwoch. Die Konkurrenz darf sich also warm anziehen.

Endlich Action! Rossi und Vinales in Sepang: (00:43 Min.)

5. Rookie Jonas Folger verkauft sich sehr gut

Auch, wenn er am dritten Tag in der Zeitenliste noch etwas zurückfiel: Jonas Folger hat in Malaysia eine erste Duftmarke gesetzt. Am zweiten Tag lag der deutsche Rookie zwischenzeitlich sogar in Führung, am Ende lag er an zwei von drei Tagen in den Top-10. Für einen Neueinsteiger ist das eine beachtliche Leistung, gerade wenn man bedenkt, wie dicht das Feld in Sepang beieinander lag. Aber dazu im nächsten Punkt mehr.

Einziger Wermutstropfen für Folger: Am Dienstag und am Mittwoch war Teamkollege Johann Zarco noch schneller als er. Folger weiß allerdings schon, wo er noch Zeit finden kann: "Man sieht auch an den Daten, dass ich anstehe auf der Bremse. Das Problem muss ich fahrerisch und über die Abstimmung beheben", so der Deutsche am Montag. Schafft Folger das, könnten die Fans noch einige Husarenritte vom Deutschen erwarten.

6. Die MotoGP rückt 2017 noch enger zusammen

Wer glaubt, dass die MotoGP-Saison 2016 schon nicht mehr übertroffen werden kann in Sachen Abwechslung, der könnte sich 2017 getäuscht sehen. Auf einer Strecke, auf der mit die längsten Rundenzeiten im ganzen Jahr gefahren werden, rückte das Feld von Tag zu Tag immer enger zusammen. Lagen am Montag und Dienstag noch die ersten Sieben innerhalb einer Sekunde, so trennten am Mittwoch den 15. nur 0,944 Sekunden vom Schnellsten! Damit kann selbst die Moto2 nur schwer mithalten! Die Zahlen sind ein Indiz dafür, dass das Niveau in der MotoGP immer weiter zunimmt, sowohl fahrerisch als auch technisch.

7. Alvaro Bautista dreht mächtig auf

Alvaro Bautista war in Malaysia bärenstark unterwegs, Foto: Aspar
Alvaro Bautista war in Malaysia bärenstark unterwegs, Foto: Aspar

Ein Mann, den fast keiner mehr auf der Rechnung hatte, hielt sich in Malaysia permanent in der Spitzengruppe auf: Alvaro Bautista! Nach einer schwachen Saison 2014 bei Gresini Honda sowie zwei mauen Jahren mit der Aprilia RS-GP scheint der Spanier auf der Kunden-Ducati der Aspar-Truppe wieder aufzublühen. Mit den Plätzen vier, drei und sechs hat sich der Spanier eine Menge Respekt verschafft. "Es ist nicht einfach, hier unter die zwei Minuten-Marke zu kommen, vor allem auf einem neuen Bike wie meinem. Aber wir können uns noch immer verbessern", drohte Bautista nach den Testfahrten bereits in Richtung Konkurrenz. Vom Spanier darf man wohl 2017 viel erwarten.