Für Jorge Lorenzo bedeutet das Saisonfinale 2016 den Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt. Nur noch wenige Tage bleiben ihm in seinem Team und auf seiner Yamaha M1, bevor er ins Ducati-Team an die Seite von Andrea Dovizioso wechselt. Grund genug für Lorenzo, emotional zu werden und seinem Arbeitgeber einen Brief zu schreiben, in dem er seine Gedanken und Gefühle schildert.

Rossi-Kopie?

"Es ist ein großer Wechsel und sehr merkwürdig. Ich fühle einen Mix aus Emotionen", gesteht Lorenzo in der Pressekonferenz am Donnerstag ebenfalls. "Ich bin viele Jahre mit demselben Team und demselben Bike gefahren. Jetzt ist es plötzlich alles anders und ich werde neue Dinge entdecken." Lorenzos Yamaha-Zeit geht nach insgesamt neun Jahren und drei Weltmeistertiteln zu Ende. Nach so einer langen Zeit und vielen Erfolgen reichten Lorenzo einfache Worte nicht, es musste ein Brief an Lin Jarvis und die gesamte Yamaha-Crew sein. Die Idee ist jedoch nicht neu, bereits Noch-Teamkollege Valentino Rossi formulierte vor seinem Abgang zu Ducati Ende 2010 einen ähnlichen Brief.

Rossi war zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre mit Yamaha unterwegs, konnte in dieser Zeit aber einen WM-Titel mehr feiern als Lorenzo. Dennoch werden die Emotionen beider Piloten ähnlich sein, weshalb sich Lorenzo ebenfalls berufen fühlte, einen Brief zu verfassen.

Nur an heute denken

Sein neues Abenteuer mit Ducati liegt für Lorenzo bisweilen noch in weiter Ferne, obwohl es bereits in fünf Tagen losgeht. "Ich bin eine Person, die an die Gegenwart denkt. Ich will meine Zeit mit Yamaha so gut wie möglich beenden", stellt Lorenzo klar. Das bedeutet im Klartext: Ein Sieg, oder zumindest ein Podium. "Wenn die Bedingungen stimmen, sollte das machbar sein", gibt sich Lorenzo optimistisch. "Die Strecke hier liegt uns gut, vor allem in den letzten Jahren." Im Jahr 2013 und 2015 konnte der Yamaha-Pilot in Valencia gewinnen, 2014 beendete er das Rennen allerdings nicht.

Das soll in diesem Jahr auf keinen Fall passieren, will Lorenzo seinem Noch-Arbeitgeber doch ein letztes Abschiedsgeschenk machen. Verdient hätte es sich der japanische Hersteller, findet Lorenzo. "Sie haben mir viel gegeben. Ich habe jetzt noch drei Tage mit Yamaha vor mir, danach denke ich an das nächste Bike."

Lorenzos kompletter Brief auf Deutsch:

Ich bin neun Saisons bei Yamaha gefahren, aber dieser Sonntag ist der letzte Tag, an dem ich auf die M1 steige. Es wird ein sehr seltsames Gefühl sein. Ich habe ein Drittel meines Lebens hier verbracht. Wir haben zusammen mehr als 150 Rennen durchlebt, wir haben 43 Siege und drei Weltmeister-Titel erzielt. Wir sind oft gefallen, aber wir haben uns immer zusammengerauft und viele tolle Kunststücke erlebt (Einige auch mit Schmerzmitteln im Blut…). Diese neun Jahre mit Yamaha werden für immer ein Teil von mir sein. Unwiederholbar. Unvergesslich.

Ich möchte Yamaha, und vor allem Dir, Lin Jarvis, für die Chance danken, direkt in ein Werksteam einzusteigen, als ich gerade einmal 19 Jahre alt war und noch nicht mal meinen ersten 250cc-Weltmeistertitel im Jahr 2006 hatte.

Ich möchte außerdem meinen Mechanikern danken, die viel Liebe und Aufwand in dieses Projekt gesteckt haben. Denen, die von Anfang an dabei waren und auch denen, die später dazugekommen sind und auch den japanischen Ingenieuren, die mir immer ein siegfähiges Motorrad gegeben haben. Ohne Euch wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich danke Euch allen!

Ich verlasse Yamaha mit erhobenem Haupt und mit dem guten Gewissen, das ich seit dem ersten Rennen im Jahr 2008 mein Bestes gegeben habe. Ich bin sehr stolz auf alles, das ich hier erlebt habe und das mich zu einem besseren Fahrer und Menschen gemacht hat.

Youngster: Lorenzo startete seine MotoGP-Karriere bei Yamaha, Foto: Sutton
Youngster: Lorenzo startete seine MotoGP-Karriere bei Yamaha, Foto: Sutton

Ab dem kommenden Jahr werde ich mit neuen Herausforderungen konfrontiert, aber ich habe mit Yamaha noch ein letztes Ziel: Wir werden versuchen, das letzte Rennen der Saison zu gewinnen. Das wäre ein wunderschönes Abschiedsgeschenk für diejenigen, die immer an mich geglaubt haben.

Wir sehen uns auf der Strecke! Jorge Lorenzo Guerrero