Valentino Rossi nimmt seinen Arbeitgeber Yamaha in die Pflicht. Der WM-Titel 2016 ist längst verspielt und die Sieglosserie der Japaner wird auch immer länger. Dabei gingen Rossi und Teamkollege Jorge Lorenzo als große Favoriten in die MotoGP-Saison 2016. Nun kämpfen beide um den wenig ruhmreichen zweiten WM-Platz. Damit das nächstes Jahr nicht nochmal vorkommt, fordert Rossi konsequente Weiterentwicklung auf allen Gebieten.

Rossi bemängelt fehlenden Fortschritt bei Yamaha

"Ich denke, man muss immer am gesamten Paket arbeiten. Yamaha bringt zwar zu jedem Rennen neue Teile, so auch in diesem Jahr. Aber wir konnten unsere Performace nicht verbessern, sondern sind immer nur auf dem gleichen Level geblieben", bemängelt der Doktor. In der Tat: Die M1 gilt zwar auch ohne signifikante Verbesserungen noch als Klassenprimus, doch gerade die immer besser werdende Honda macht die Yamaha-Verantwortlichen stutzig.

Honda hat im Laufe des Jahres den Rückstand zu Yamaha wettgemacht, Foto: Repsol
Honda hat im Laufe des Jahres den Rückstand zu Yamaha wettgemacht, Foto: Repsol

"Bei der Elektronik haben sich alle verbessert. Aber wenn man selber auf dem gleichen Level bleibt, dann ist man natürlich im Nachteil", so Rossi frei nach der Devise "Stillstand heißt Rückschritt". Umso stärkere Bedeutung misst Rossi den Wintertests 2016/2017 zu: "Ab Valencia können wir neue Sachen ausprobieren, und dann haben wir auch ein klareres Bild davon, in welche Richtung wir nächstes Jahr entwickeln müssen", blickt Rossi bereits jetzt voraus.

Yamahas Leistungsabfall 2016 in Zahlen

Rossis Kritik wird untermauert mit einem Blick auf die Punktebilanzen in den Jahren 2015 und 2016. Rossi, Lorenzo und Yamaha hatten im Vorjahr nach 16 Rennen deutlich mehr Zähler aufzuweisen als in dieser Saison. Rossi hatte zum selben Zeitpunkt 80 Punkte mehr, Jorge Lorenzo gar 93. Für die Teamwertung bedeutet das zusammengerechnet einen Verlust von satten 173 Punkten für das Yamaha-Werksteam! Auch in der Hersteller-Wertung stand man zum selben Zeitpunkt 2015 wesentlich besser da. Yamaha hinkt hier 54 Punkte hinterher.

Etwas anders sieht die Sache bei Honda aus. Zwar ist auch Dani Pedrosas 2015er-Bilanz etwas besser als seine Ausbeute 2016 (zehn Punkte mehr holte Pedrosa nach 16 Rennen im Vergleich zur laufenden Saison). Doch Marc Marquez holte in den 16 bisherigen Saisonläufen auch dank der viel geringeren Fehlerquote insgesamt 51 Zähler mehr als im Vorjahr. Auch an Cal Crutchlow zeigt sich Hondas Aufwärtstendenz, der Brite holte bisher 34 Punkte mehr als im selben Zeitraum 2015. Erwartungsgemäß legt Honda damit auch in Team- und Herstellerwertung zu.

Yamaha: Die Sieglos-Serie 2016 im historischen Vergleich
(seit Einführung der MotoGP-Klasse)

Dass Yamaha nun schon seit neun Rennen ohne Erfolg da steht, hilft den Japanern natürlich auch nicht im Kampf um die WM-Krone in Team- und Konstrukteurswertung. In Sepang muss man auf jeden Fall acht Punkte auf Honda aufholen, um noch im Rennen um die Herstellerkrone zu bleiben. Enger ist das Rennen da schon in der Team-Wertung. Historisch betrachtet ist die aktuelle Sieglos-Serie für Yamaha übrigens bei Weitem nicht die längste in deren MotoGP-Geschichte. Am längsten musste man zwischen den Grands Prix von Australien 2002 und Südafrika 2004 auf einen Erfolg warten. Satte 18 Rennen lang kam der Sieger damals entweder aus dem Honda- oder aus dem Ducati-Lager, ehe Valentino Rossi in Welkom zum Sieg für Yamaha brauste.

DauerBeginn SerieEnde Serie
18 RennenPhillip Island 2002Welkom 2004
16 RennenBrünn 2001Brünn 2002
12 RennenKatar 2014Misano 2014
9 RennenAssen 2016-
6 RennenMotegi 2007Estoril 2008

2014 war Yamaha noch länger sieglos als in diesem Jahr, Foto: Yamaha
2014 war Yamaha noch länger sieglos als in diesem Jahr, Foto: Yamaha

Auch zu Beginn der MotoGP-Ära im Jahre 2002 musste Yamaha schon, wie jetzt, neun Rennen lang auf einen Erfolg warten. Nimmt man noch die letzte Saison der 500er-Zweitakt-Ära dazu, so dehnt sich die Sieglos-Serie gar auf 16 Rennen aus. Yamaha wurde 2002 erst in Brünn durch den Sieg von Max Biaggi wieder erlöst. Auch in der jüngeren Vergangenheit wurde Yamaha schon ein ums andere Mal wieder geschlagen. 2014 war das, als Marc Marquez elf der ersten zwölf Rennen gewann und zudem Dani Pedrosa in Brünn siegreich war. Die Serie ging erst durch Rossis Sieg in Misano zu Ende. Die aktuelle Serie ist also die viertlängste seit Anbruch der MotoGP-Zeit 2002. Werden Rossis Gebete nach einem besseren Gesamtpaket nicht bald erhört, könnte sich die Serie noch bis ins neue Jahr fortsetzen.