Nur noch sieben Rennen und drei Fahrer sind im Kampf um den MotoGP-Titel 2016 übrig. Die Kandidaten heißen Marc Marquez, Valentino Rossi und Jorge Lorenzo. Doch ausgerechnet der WM-Zweite Valentino Rossi schloss nach seiner Brünn-Aufholjagd Titel Nummer zehn im Jahr 2016 aus. Ob Rossis Voraussage stimmt, hat sich Motorsport-Magazin.com mal angesehen:

Die WM-Chancen 2016: Marc Marquez

Die besten Chancen auf den WM-Titel hat noch immer Marc Marquez. Der Honda-Pilot führt die Gesamtwertung mittlerweile mit stolzen 53 Punkten an - vor Valentino Rossi und Jorge Lorenzo. Ein gutes Polster, aber kein Grund, sich auszuruhen. "Natürlich kann man in zwei Rennen viele Punkte verlieren", erinnert Marquez. Dieses Unglück konnte der Spanier in diesem Jahr allerdings großräumig umschiffen. Marquez punktete bisher in jedem Rennen und stand nur zweimal nicht auf dem Podium. Der neue Marquez, der nicht mit aller Kraft auf Sieg fährt, sondern auf die WM-Tabelle schaut, lässt die Konkurrenz 2016 alt aussehen. Zumal diese auch mit Patzern über Patzern viele Chancen links liegen ließ.

Nach dem Brünn-Wochenende ist die Lücke auf den Zweitplatzierten jedoch geschrumpft, wenn auch nicht übermäßig. Gerade einmal vier Punkte verlor Marquez durch sein schief gegangenes Reifen-Poker auf Rossi. Aber es sind solche kleinen Dinge, die am Ende die WM entscheiden können, wie Marquez unterstreicht: "53 Punkte sind ein guter Vorsprung, aber nicht genug." Denn am Ende ist der Titel erst entschieden, wenn für die Konkurrenz keine mathematische Chance mehr hat. Marquez hat jedoch einen entscheidenden Vorteil gegenüber Rossi und Lorenzo: "Ich fühle mich in allen Bedingungen sicher, das wird für die Weltmeisterschaft wichtig." Kann er seine Serie von Top-Ergebnissen beibehalten und vermeidet weiterhin jegliche Fehler, dürfte es für das Yamaha-Duo schwierig werden.

Marc Marquez führt die WM noch immer an, Foto: Repsol
Marc Marquez führt die WM noch immer an, Foto: Repsol

Die WM-Chancen 2016: Valentino Rossi

"Ich glaube nicht, dass ich noch Weltmeister werden kann." Diese Worte Rossis sprechen eine mehr als deutliche Sprache. Mit 144 Zählern der Doktor nach dem Brünn-GP an Teamkollege Lorenzo vorbei auf den zweiten WM-Rang geklettert. Trotzdem ist der Glaube an Titel Nummer zehn zumindest für das Jahr 2016 dahin. Doch warum? "Ich habe viele Fehler gemacht, hatte Pech und bin einfach zu weit entfernt", erklärt Rossi den Grund für seinen Verdacht. Unrecht hat der Yamaha-Pilot nicht, der Sturz in Assen war ein Fehler, den der WM-Führende Marquez entweder vermeiden oder wie mit einem 13. Rang in Le Mans abfangen konnte. Rossis Pech spiegelt sich vor allem in den Motorschaden in Mugello wider.

Doch es gibt noch einen zweiten Faktor, der Rossi den Glauben an den Gesamtsieg 2016 raubt. Die Hochform Marquez'. "Marc ist in diesem Jahr nicht nur schneller, sondern trifft auch immer die richtigen Entscheidungen", erklärt Rossi. Gerade letzteres fällt Rossi in diesem Jahr sichtlich schwer. Allen voran beim Rennen auf dem Sachsenring, bei dem er die Anweisungen seines Teams mehrere Runden lang ignorierte. Marquez hingegen nicht - und fuhr damit zum dritten Saisonsieg. Aufgeben passt auch nach 20 Jahren WM-Karriere nicht in Rossis Wortschatz. Deshalb gibt der Yamaha-Pilot sich weiterhin kämpferisch - zumindest ein wenig: "Ich werde natürlich mein Bestes geben, aber es wird mit Sicherheit nicht einfach."

Nach Brünn ist Valentino Rossi in der Gesamtwertung an Jorge Lorenzo vorbeigezogen, Foto: Yamaha
Nach Brünn ist Valentino Rossi in der Gesamtwertung an Jorge Lorenzo vorbeigezogen, Foto: Yamaha

Die WM-Chancen 2016: Jorge Lorenzo

Die größten Hoffnungen macht sich der Pilot mit den aktuell schlechtesten Chancen. "Ich will Champion werden", erklärt Lorenzo angriffslustig. Wenn der Yamaha-Pilot allerdings so weitermacht wie bisher, könnte dieses Unterfangen schwerer werden als nötig. Drei Nuller in Argentinien, Barcelona und Brünn sind im WM-Kampf nicht gerade förderlich, immerhin sind das insgesamt 75 weggeworfene Punkte. Dazu kommen noch die Horror-Rennen im Nassen aus Assen, Deutschland und Tschechien. Nach zweiten Weltmeister-Titel in Folge sieht die bisherige Saison-Bilanz von Lorenzo nicht aus.

Natürlich spielt auch Pech in die WM-Ausbeute des Yamaha-Piloten. Im Regen ist Lorenzo einfach nicht so stark wie seine Konkurrenten. Im Vorjahr spielten ihm Wetter und der Krach zwischen Rossi und Marquez in die Karten. 2015 stand er bis einschließlich zum Brünn-Rennen sieben Mal auf dem Podium, fünf Mal konnte er gewinnen. In diesem Jahr sieht die Ausbeute knapper aus, das weiß auch Lorenzo selbst. "Ich bin froh, dass ich in den letzten Jahren immer nur Zweiter und Erster war", erinnert er sich. 2016 konnte er immerhin nur dreimal gewinnen. "Im Trockenen haben wir aber auch dieses Jahr noch große Chancen auf den Sieg", beeilt der amtierende Weltmeister sich allerdings zu sagen. Wenn Lorenzo diese Chance gegen Marquez und Rossi aufrechterhalten will, muss der Yamaha-Pilot allerdings auch im Nassen zulegen. Denn wo die Konkurrenz im schlechten Rennen zumindest Schadensbegrenzung betrieb, endeten Lorenzos in die Saison meist katastrophal.