Um den Sieg werden sich beim MotoGP-Rennen in Brünn wohl fünf Fahrer streiten. Das hat sich nach vier freien Trainings und zwei Qualifying-Abschnitten herauskristallisiert. Das Top-Quintett beim bisherigen Wochenende zum Tschechien-GP besteht dabei aus den üblichen Verdächtigen: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi, Marc Marquez, Andrea Iannone und Maverick Vinales haben bisher den stärksten Eindruck hinterlassen. Motorsport-Magazin.com analysiert die Trainingsleistungen dieser fünf Fahrer anhand der zwei wichtigsten Faktoren für das Rennen:

Analyse der Top-Fahrer im FP4:

FahrerTeamSchnitt Top-5-RundenAnzahl 56er-ZeitenAnzahl Runs
Jorge LorenzoYamaha1:56.43792
Andrea IannoneDucati1:56.56853
Marc MarquezRepsol-Honda1:56.64362
Valentino RossiYamaha1:56.80552
Maverick VinalesSuzuki1:56.88042

Siegfaktor 1 für Brünn: Speed

Dass Lorenzo, Rossi, Marquez, Iannone und Vinales verflixt schnell sind, steht schon lange außer Frage. Geht es um die reine Rennpace, so stellt sich das Kräfteverhältnis in der Reihenfolge der oben angeführten Tabelle dar. Im Schnitt der fünf schnellsten Runden im FP4 liegt Jorge Lorenzo an der Spitze. Der Weltmeister hat einen Vorteil von etwas mehr als einem Zehntel pro Runde auf Iannone und zwei Zehntel auf Marquez. Rossi und Vinales hingegen hinken bei der reinen Rennpace schon um vier Zehntelsekunden zurück. Auf die komplette Renndistanz aufgerechnet büßen Rossi und Vinales damit rund neun Sekunden auf Lorenzo ein.

Jorge Lorenzo verfügt in Brünn über die beste Pace im gesamten MotoGP-Feld, Foto: Yamaha
Jorge Lorenzo verfügt in Brünn über die beste Pace im gesamten MotoGP-Feld, Foto: Yamaha

Siegfaktor 2 für Brünn: Konstanz

Auch in Sachen Konstanz ist Lorenzo seinen Konkurrenten voraus. Neun Runden spulte der Yamaha-Pilot im Bereich von 1:56 Minuten ab und damit gut doppelt so viele wie seine vier Siegkonkurrenten. Ein weiterer Beweis für Lorenzos Konstanz ist die Tatsache, dass er seine Zeiten konstant über zwei lange Runs fahren konnte. "Wir haben sehr hart daran gearbeitet, eine konstante Pace zu halten. Für trockene Verhältnisse sind wir vorbereitet", bilanzierte Lorenzo nach dem Samstag entsprechend zufrieden. Andrea Iannone hingegen fuhr nur fünf 56er-Runden und diese sogar noch verteilt auf drei kurze Runs. Das spricht nicht gerade für eine ausdauernd hohe Rennpace des Maniac.

Auch hinter Marc Marquez steht in diesem Bereich noch ein Fragezeichen. Der Repsol-Honda-Pilot musste für seine Top-Zeiten wesentlich härter kämpfen als die Yamahas und Iannone. Belegt wird das durch die Tatsache, dass Marquez am Freitag entweder 57er- oder 55er-Zeiten fuhr. Seine erste 56er-Runde drehte der Spanier erst in seinem sechsten Umlauf im FP3. Dennoch platzierte Marquez im FP4 sechs 56er-Zeiten innerhalb von zwei Runs. Marquez hat sein Wundertüten-Image an diesem Wochenende also immer noch nicht zur Gänze abgestreift. Momentan deuten auf jeden Fall die Vorzeichen auf jeden Fall auf einen Dreikampf Rossi vs. Iannone vs. Marquez um Platz zwei hinter Lorenzo hin.

Lorenzos Verfolger waren nicht nur langsamer, sondern auch weniger konstant, Foto: Repsol Media
Lorenzos Verfolger waren nicht nur langsamer, sondern auch weniger konstant, Foto: Repsol Media

Siegfaktor 3 für Brünn: Rennglück

Sollte es zum Start und während der kompletten 22 Rennrunden trocken bleiben, so ist dieser Punkt hier zu vernachlässigen. Für das Rennen aber sind Schauer und womöglich sogar Gewitter angesagt, 85% beträgt die Regenwahrscheinlichkeit. Und dann wird das komplette Kräfteverhältnis wieder durcheinander gewürfelt. Besonders bei Jorge Lorenzo dürfte die Wetter-Prognose ein flaues Gefühl im Magen verursachen.

Ihn könnten die nassen Verhältnisse überrumpeln: "Ich muss erst noch mit meinem Team reden, um eine mögliche Strategie für Flag-to-Flag vorzubereiten", so Lorenzo. Schon länger gelten Misch- oder nasse Bedingungen als seine große Achillesferse. Dagegen dürfte der Wetterbericht für ein Lächeln bei Marquez und auch den Satellitenfahrern sorgen, denn diese wittern dann ihre Chance auf ein Top-Resultat.

MotoGP Brünn 2016: Die Tipps der Redaktion

Die Hälfte der Motorrad-Redakteure von Motorsport-Magazin.com sieht am Ende Marquez ganz oben, Foto: Repsol
Die Hälfte der Motorrad-Redakteure von Motorsport-Magazin.com sieht am Ende Marquez ganz oben, Foto: Repsol

Andrea Blendl: Die große Unbekannte vor dem Rennsonntag ist das Wetter. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es im Lauf des Sonntags regnen, und wenn das bei der MotoGP passiert, wird das Klassement sicher wieder wild durcheinander gewürfelt. Ich lehne mich aus dem Fenster und tippe auf ein Regenrennen, bei dem Lorenzo wieder einmal weit hinterher fährt. Marquez dagegen dreht auf nasser Strecke voll auf und führt souverän. Dahinter entspinnt sich ein Kampf zwischen Rossi, Iannone und Barbera, in dem der Doktor am Ende die Nase vorn hat. Der Maniac wiederum hat sich keine zwei Rennen nacheinander im Griff, übertreibt es im Regen und fliegt ab. Barbera wird Dritter.

Andreas Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Rossi, 3. Barbera

Tobias Ebner: Morgen wird der Regen Jorge Lorenzo einen Strich durch die Rechnung machen! Der Weltmeister muss seiner großen Schwäche Tribut zollen und wird das Rennen nicht beenden. Dafür schlägt im Rennen die große Stunde von Valentino Rossi, der den Regen am besten meistert und gewinnt. Durch die Ducati-Stärke im Regen werden Andrea Iannone und Andrea Dovizioso auf den Plätzen zwei und drei ins Ziel kommen. Marc Marquez macht das, was er schon das ganze Jahr über tut: Clever fahren und die Punkte mitnehmen. Auch wenn das bedeutet, dass er sich im Zweikampf etwas zurücknehmen muss. Für die Top-5 reicht es aber auf jeden Fall noch.

Tobias' Top-3-Tipp: 1. Rossi, 2. Iannone, 3. Dovizioso

Michael Höller: Die MotoGP ist so unvorhersehbar wie selten zuvor. Marquez hatte eine Top-Runde im Qualifying, dürfte aber von der Pace etwas hinter Yamaha zurückliegen. Und dann wäre da auch noch ein vor Selbstvertrauen strotzender Andrea Iannone. Mein Tipp ist daher ein Raten ins Blaue mit der Hoffnung, dass die WM spannender wird.

Michaels Top-3-Tipp: 1. Lorenzo, 2. Rossi, 3. Iannone

Sophie Riga: Ich glaube an einen Marquez-Sieg. Klar, Lorenzo war stark, aber am Ende hat sich eben doch Marquez durchgesetzt. Und nachdem der aktuell klügste Fahrer im MotoGP-Feld schon so lange clever gefahren ist und an die WM gedacht hat, wünsche ich ihm einfach mal wieder einen Sieg. Lorenzo wird dennoch Zweiter, denn seine momentane Hochform ist nun wirklich nicht zu übersehen. Iannones Sieg war eine Eintragsfliege, ich glaube, dass Doktor Rossi es aufs Treppchen schafft.

Sophies Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Lorenzo, 3. Rossi