Für Yamaha kam der erste MotoGP-Trainingstag am Sachsenring einer historischen Blamage gleich. Nach zwei freien Trainings befinden sich weder die Werksfahrer Valentino Rossi und Jorge Lorenzo, noch die Satellitenpiloten Bradley Smith und Pol Espargaro in den Top-10! Die Yamaha-Piloten litten also besonders unter den kühlen Verhältnissen beim Deutschland-GP, zumal der Sachsenring ohnehin schon ein Kurs ist, der der M1 nicht gerade entgegen kommt. Entsprechend bedient war man im Werksteam der Japaner. Zwei Faktoren kamen zusammen und führten letztlich zur schwachen Performance.

Yamaha-Debakel am Sachsenring, Faktor 1: Das Wetter

Am Freitag schaffte es das Quecksilber am Sachsenring kaum über die 15-Grad-Celsius-Marke, die Asphalttemperatur erreichte keine 20 Grad Celsius. Bedingungen, die der Yamaha M1 und ihren Piloten überhaupt nicht schmecken. "Das war ein schwieriger Tag, weil das Wetter sehr schlecht war. Das hat alles noch schwerer und sogar noch gefährlicher gemacht", schrillten bei Rossi die Alarmglocken. Jorge Lorenzo erging es wegen der Kälte gar noch etwas schlechter als seinem Stallgefährten. Der amtierende Weltmeister musste einen seiner seltenen, selbstverschuldeten Stürze hinnehmen.

Die Temperaturen spielten bei Jorge Lorenzos Sturz eine gewichtige Rolle, Foto: Yamaha
Die Temperaturen spielten bei Jorge Lorenzos Sturz eine gewichtige Rolle, Foto: Yamaha

Für seinen Crash in der berüchtigten Wasserfall-Kurve am Vormittag hatte Lorenzo eine einfache Erklärung: "Es war sehr kalt und die Asphalttemperatur gering. Ich bin ein paar km/h schneller eingebogen als in der Runde davor, mit ein paar Grad mehr Schräglage, dann ist sofort das Vorderrad weggerutscht." Glücklicherweise bleib Lorenzo unverletzt. Tech3-Pilot Pol Espargaro fühlte sich gar überrumpelt von den Bedingungen in Sachsen: "Das Wetter hat den ersten Tag hier in Deutschland klar beeinflusst. Weder ich, noch Michelin oder irgendwer anderes hätte erwartet, dass das Wetter in Deutschland im Juli so ist."

Yamaha-Debakel am Sachsenring, Faktor 2: Der Vorderreifen

Doch genauso kam es. Und die kalten Temperaturen verursachten gleich das nächste Yamaha-Problem. Denn dadurch schafften es die Yamaha-Piloten nicht, den Vorderreifen in das optimale Betriebsfenster zu bringen. Die Folge: Fehlendes Gefühl für die Front. "Sogar die softere Option für den Vorderreifen ist etwas zu hart für diese Temperaturen. Jeder, sogar Michelin, hätte mit mehr Grip gerechnet", beklagt Rossi. Espargaro pflichtet ihm bei: "Die verfügbaren Mischungen sind etwas zu hart. Es ist alles andere als einfach, sie auf Temperatur zu bekommen."

Valentino Rossi fühlte sich auf alten Reifen wohler, Foto: Yamaha
Valentino Rossi fühlte sich auf alten Reifen wohler, Foto: Yamaha

Rossi blieb wegen dieser Problematik nur eine Sache übrig: Sein Heil in der Arbeit mit gebrauchten Reifen zu suchen. "Leider mussten wir auch mit gebrauchten Reifen arbeiten, denn das war unsere einzige Möglichkeit. Es ist unmöglich, einen neuen Reifen aufzuziehen, und das Gefühl mit einem neuen Reifen war sehr schlecht. Es war schwierig, damit zu pushen und eine gute Runde zu fahren", konnte es Rossi kaum fassen. Für das restliche Wochenende ist der Doktor ebenfalls wenig optimistisch: "Unser Potenzial hier ist nichts Besonderes. Alle Yamahas haben Probleme mit der Front, denn wir haben kein ausreichendes Gefühl dafür."

Die Yamaha-Ausnahme am Sachsenring: Bradley Smith

So kommt es, dass nach zwei Trainings nur ein Fahrer aus dem Yamaha-Quartett wirklich optimistisch ins restliche Rennwochenende blickt: Bradley Smith, der nach zwei Trainings auf Rang zwölf liegt. "Ich bin meine Zeit auf Full-Race-Distance-Reifen gefahren, ich habe also noch etwas in der Hinterhand für morgen. Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meiner Position", so Smith. Smith weiß aber auch, dass man Lorenzo und vor allem Rossi niemals vorzeitig abschreiben darf. Deshalb mahnt der Brite auch vor voreiligen Schlüssen aus den ersten beiden Trainings: "Sie werden wieder da sein. Sie sind immer da!"