Nach seinem Motorschaden und dem daraus resultierenden bitteren Ausfall in Mugello war Valentino Rossi am Boden zerstört. Nur zwei Wochen später strahlte er in Barcelona wieder als großer Triumphator vom Siegespodest und ist, auch dank des unverschuldeten Ausfalls von Jorge Lorenzo, wieder mitten im Rennen um den MotoGP-Weltmeistertitel 2016. 22 Punkte fehlen ihm auf den neuen WM-Leader Marc Marquez, nur noch zwölf auf seinen zweitplatzierten Yamaha-Teamkollegen Jorge Lorenzo. Alles deutet also auf einen Dreikampf der herausragenden MotoGP-Piloten der letzten Jahre hin.

Marquez, seit Barcelona wieder mit Rossi versöhnt, ist jedenfalls trotz des noch vorhandenen Punktepolsters gewarnt. "Seit ich in der MotoGP bin, war Valentino noch nie so stark", ist Marquez überzeugt. Er und Rossi sind mittlerweile in ihrer vierten gemeinsamen Saison in der Königsklasse, Barcelona war das 61. Rennen, in dem sie gegeneinander kämpften.

Nach ihrem Duell kam es zum Handshake zwischen Rossi und Marquez, Foto: Yamaha
Nach ihrem Duell kam es zum Handshake zwischen Rossi und Marquez, Foto: Yamaha

Über drei Jahre Rossi vs. Marquez

In der Gesamtwertung hatte Marquez mit zwei Weltmeistertiteln in seinen ersten beiden MotoGP-Jahren Rossi zunächst im Griff, nur 2015 landete Rossi als Vizeweltmeister vor dem da nur drittplatzierten Marquez. Marquez hat aber nicht nur in puncto Gesamtplatzierungen, sondern auch in allen anderen wichtigen Wertungen die Nase vorne. 26 Rennen gewann er seit 2013, Rossi nur neun. 44 Mal stand Marquez auf dem Podium, Rossi sechs Mal seltener. Mit 1063 Zählern holte Marquez 103 Punkte mehr als Rossi und stand mit insgesamt 32 Pole Positions 28 Mal öfter auf dem ersten Startplatz als Rossi.

Das alles zählt nun aber ohnehin nicht mehr, denn die MotoGP 2016 ist eine völlig neue. Rossi überzeugt plötzlich im Qualifying, verzeichnete dafür im ersten Saisondrittel dieses Jahres bereits gleich viele Ausfälle wie davor in über drei Saisons zusammen. "Im vergangenen Jahr war er stark, dieses Jahr aber noch besser", ist Marquez dennoch überzeugt. "Wir müssen extrem auf Valentino aufpassen, denn er fährt aktuell auf einem sehr hohen Level."

Schon in Mugello lag Rossi bis zu seinem Ausfall vor Marquez, Foto: Milagro
Schon in Mugello lag Rossi bis zu seinem Ausfall vor Marquez, Foto: Milagro

Davon ist auch Rossi selbst überzeugt, der sich vor allem über seine in dieser Saison deutlich besser Pace freut: "Im Vorjahr habe ich zwar bis zum letzten Rennen um den Titel gekämpft, war aber in den Rennen meistens nicht so schnell wie Jorge oder Marc. Da bin ich in dieser Saison viel stärker." Diese Steigerung macht Rossi an einer Vielzahl von Faktoren fest. "Zu allererst fühle ich mich auf dem Bike einmal wohl. Die Yamaha ist in diesem Jahr wirklich stark. Ich mag aber auch die Michelin-Reifen, weil ich mit ihnen praktisch aufgewachsen und viele Jahre damit gefahren bin."

Rossi bleibt vorsichtig

Rossi stellt sich aber darauf ein, dass sein jüngstes Formhoch - ohne seinen Motorschaden hätte er ja auch in Mugello höchstwahrscheinlich um den Sieg gekämpft - bald wieder zu Ende sein kann. "In dieser Saison ist alles viel offener", findet Rossi. "Es ist schwer zu erahnen, welche Fahrer auf den einzelnen Strecken schnell sind. Manchmal werden Jorge und ich besser sein, dann wieder die Honda-Piloten. Marc, Jorge und ich sind auf einem Level, aber auch Dani, Maverick oder Iannone sind sehr stark. Jetzt sind noch elf Rennen zu fahren, die Saison ist also noch lang. Es wird auf jeden Fall interessant."

Rossi erwartet einen Dreikampf mit Lorenzo und Marquez, Foto: Milagro
Rossi erwartet einen Dreikampf mit Lorenzo und Marquez, Foto: Milagro

Einen Wechsel im Kräfteverhältnis könnte schon der Montagstest in Barcelona bringen. Dort bringt Honda nämlich erstmals seit dem Saisonstart in Katar neue Teile an die RC213V, die einen maßgeblichen Unterschied machen könnten. "Bis jetzt haben wir nur Veränderungen an der Elektronik vorgenommen", verriet Marquez am Sonntag. Schon im Vorjahr war ihm ja nach den Testfahrten in Barcelona die Wende in einer für ihn zunächst so schwierigen Saison mit drei Stürzen in sieben Rennen gelungen. In den nächsten vier Rennen folgten zwei Siege und zwei zweite Plätze. "Mein Ziel war es, nach dem Katalonien-GP in diesem Jahr möglichst nah am WM-Leader dran zu sein. Jetzt führe ich sogar und nun kommen Strecken, die mir mehr liegen, als die bisher gefahrenen", richtet Marquez seine Kampfansage in Richtung Rossi und Lorenzo. Die letzten beiden Rennen vor der Sommerpause finden in Assen und am Sachsenring statt.