Die Fans in Mugello sahen am Sonntag ein spannendes Rennen. Zwar verabschiedete sich Lokalmatador Valentino Rossi aufgrund eines Defekts früh aus dem Kampf um den Sieg, doch Marc Marquez und Jorge Lorenzo bekriegten sich bis zum Fotofinish.

Aber wäre noch mehr Action drin gewesen? Immerhin gingen Lorenzo und Marquez nur aus der zweiten Startreihe ins Rennen. Und im Hinblick auf die Rennpace waren einige Fahrer ihren eigenen Aussagen zufolge dem siegreichen Duo am Sonntag zumindest ebenbürtig. Motorsport-Magazin.com mit einem Fakten-Check der Aussagen verschiedener Leider-Nein-Sieger:

Schon vor Rossis Ausfall zeichnete sich ein Dreikampf mit ihm, Lorenzo und Marquez ab, Foto: Yamaha
Schon vor Rossis Ausfall zeichnete sich ein Dreikampf mit ihm, Lorenzo und Marquez ab, Foto: Yamaha

Hätte Rossi gewinnen können?

Er lag zum Zeitpunkt seines Ausfalls zwar nur auf Rang zwei, doch Valentino Rossi war in Mugello acht Runden lang siegessicher. "Ich hätte mit Sicherheit um den Sieg kämpfen können", verkündete Rossi vollmundig nach dem Rennen. "Ich hatte heute die bessere Pace und hätte meine Taktik durchziehen können. Ich habe nur ein einziges Mal versucht, Lorenzo zu überholen: Am Ende der ersten Runde. Dort unterlief mit leider ein Fehler, weil ich zu spät gebremst habe. Ich habe ihn danach nicht mehr attackiert."

Ein Vergleich der Sektorzeiten der ersten acht Runden zeigt zumindest, dass Rossi nach Fehlern (etwa dem Verbremser in Runde 2) immer wieder Zehntel auf den führenden Lorenzo gutmachen konnte. Scheinbar spielerisch, ohne jedoch letztlich die Führung zu attackieren. In den Sektoren zwei bis vier hatte Rossi in den ersten acht Runden schnellere Einzelzeiten als Lorenzo. Im Gegenzug waren seine Schwankungsbreiten der einzelnen Sektorzeiten bis zu dreieinhalb Mal so hoch wie jene Lorenzos.

SektorVR besterVR schlechtesterSchwankungsbreite
Sektor 125,36325,8120,449
Sektor 222,74623,0210,275
Sektor 335,12635,4390,313
Sektor 424,40424,5350,131

SektorJL besterJL schlechtesterSchwankungsbreite
Sektor 125,33725,5100,173
Sektor 222,89823,0230,125
Sektor 335,26335,4130,150
Sektor 424,47224,6090,137

Es gab also das gewohnte Bild: Lorenzo spulte seine Führungsrunden wie ein Uhrwerk ab, während Rossi dahinter das schlampige Genie gab. Rossis ideale Runde (alle besten Sektorzeiten zusammengenommen) war um dreieinhalb Zehntel schneller als jene Lorenzos. Dafür unterschieden sich Rossis ideale Runde und die schlechtmöglichste Runde (alle schlechtesten Sektorzeiten zusammengenommen) um 1,168 Sekunden, während diese Differenz bei Lorenzo nur 0,585 Sekunden betrug.

"Da bin ich mir tausendprozentig sicher", antwortete Alex Hofmann auf die Frage, ob er Rossi den Kampf um den Sieg zugetraut hätte. Nach dieser Analyse können wir mit Fug und Recht behaupten: Rossi hätte definitiv um den Sieg gekämpft.

Hätte Iannone gewinnen können?

"Ich hätte auf jeden Fall gewinnen können, denn ich war das ganze Rennen über stark genug. Ich hatte heute die Pace, um mit Marc und Jorge zu kämpfen." Mit dieser Aussage ließ der Drittplatzierte Andrea Iannone nach dem Rennen aufhorchen. Mit 4,742 Sekunden fehlte dem italienischen Ducati-Fahrer am Ende viel Zeit auf den Sieger. Wie kommt Iannone also zu so einer Aussage? Ganz einfach: Er verbockte den Start völlig.

Von Platz drei gestartet, lag er zu Beginn der dritten Runde nur noch auf Rang elf. Am Ende der dritten Runde hatte er zum ersten Mal in diesem Rennen über vier Sekunden Rückstand. Ergo büßte er zwischen dem dritten Umlauf und der Zieldurchfahrt auf die Siegerzeit nur noch wenige Zehntelsekunden ein. Um einen Rückschluss auf seine tatsächliche Pace ziehen zu können, muss man Iannones Zeiten im Soloflug - also ohne Behinderungen durch Überholmanöver - heranziehen.

Iannone musste sich mühevoll durchs Feld kämpfen, Foto: Repsol
Iannone musste sich mühevoll durchs Feld kämpfen, Foto: Repsol

Ab der elften Runde hatte sich Iannone an einem Großteil des Feldes vorbei gekämpft und lag auf Platz vier - nur noch hinter Lorenzo, Marquez und Dovizioso. Tatsächlich fuhr er zu diesem Zeitpunkt die schnellsten Rundenzeiten im gesamten Feld. In den Umläufen 11 bis 15 war er schneller als Marquez und Lorenzo an der Spitze. In den Runden 16 bis 18 musste er sich mit Dovizioso abmühen, weshalb die Lap Times wieder etwas abfielen. Von Lap 19 bis ins Ziel holte Iannone auf das Sieger-Duo sogar noch rund acht Zehntelsekunden auf. Allerdings ließen Marquez und Lorenzo im finalen Umlauf in ihrem harten Duell über eine Sekunde liegen.

Iannone hatte in Runde 21 in den Zeiten einen negativen Ausreißer nach oben, zu einem Zeitpunkt, als er alleine unterwegs war. Dieser hätte ihn womöglich aus einem möglichen Siegduell katapultieren können. "Was am Ende dann in einem Dreikampf passiert wäre, kann natürlich niemand sagen", ist sich Iannone hingegen sicher. Die Zeiten legen in jedem Fall nahe, dass Iannone Siegchancen gehabt hätte. Wenn er den Start nicht verhaut hätte.

Fazit

Der Zweikampf um den Sieg zwischen Marc Marquez und Jorge Lorenzo war spitze. Allerdings hätte es in Mugello sogar eine Neuauflage des epischen Vierkampfs aus dem Vorjahr auf Phillip Island geben können! Damals duellierten sich MM, JL, Rossi und Iannone fast das gesamte Rennen um die vordersten Plätze. Das wäre den Fans am Sonntag auch in Mugello vergönnt gewesen, wenn Rossis Yamaha-Motor gehalten hätte und Iannone seinen Start nicht völlig verhaut hätte. Schade drum.