Schon in Austin hat die MotoGP ein Crash-Festival sondergleichen gesehen. In Le Mans setzte die Königsklasse dann noch eine Schippe drauf. Nur 13 der 21 ins Rennen gestarteten Fahrer überquerten tatsächlich die Ziellinie. Motorsport-Magazin.com hat das französische Sturz-Festival erneut unter die Lupe genommen und Ursachenforschung betrieben.

Die Crash-Hotspots beim Frankreich-GP

Turn 6 (Tito Rabat): In Kurve sechs erwischte es Marc-VDS-Pilot Tito Rabat. Der Spanier hatte kurz zuvor Avintia-Fahrer Loris Baz überholt und nahm Kurve Nummer sechs mit etwas zu viel Speed. Dann machte die Front seiner Honda am Kurveneingang dicht, Rabat fiel über das Vorderrad. Mit 'La Chapelle', wie die sechste Kurve auf dem Bugatti Circuit genannt wird, ist eben nicht zu spaßen. Sie ist die erste der drei engen Kurven, die in den Sektoren zwei und drei liegen. Dort kommt es vor allem auf das späte Bremsen an, das Rabat in diesem Fall missglückt ist.

Turn 7 (Marquez, Dovizioso, Smith und Miller): Den wohl kuriosesten Sturz der jüngeren Geschichte lieferten Marc Marquez und Andrea Dovizioso in der 16. Runde des Rennens. In Kurve sieben, einer langsamen Linkskurve, klappte beiden Piloten beim späten Bremsen fast synchron die Front ein, während sie versuchten den Anschluss an Valentino Rossi zu halten. Marquez konnte das Rennen weiterführen, Dovizioso musste aufgeben.

Doch nicht nur Marquez und Dovizioso wurde Kurve sieben nach ihrem Synchronsturz zum Verhängnis. Auch Jack Miller und Bradley Smith brachte die 'Musee'-Kurve kein Glück. Während Miller sich der allgemeinen Verwirrung über den Sturz anschließt, weiß Smith genau, was sein Problem war. Wie bei den restlichen Crashern war auch sein Vorderreifen bis ans Limit ausgereizt. Zu viel Kurvengeschwindigkeit kegelte den Briten dann über das Vorderrad aus dem Rennen. Miller stürzte in Runde 18, Smith zwei Runden später.

Turn 8 (Andrea Iannone): Andrea Iannone legte sich in Runde sieben als ersten Fahrer im Feld hin. Der Ducati-Pilot stürzte in Kurve acht, der letzten der drei engen Hairpin-Kurven. Schuld ist, wie so oft, der Michelin-Vorderreifen. Verlassen kann man sich auf den Pneu gar nicht, diverse Fahrer beschwerten sich bereits, dass es unmöglich ist, vorauszusagen, wann der Leistungseinbruch eintritt. Für Iannone kam der Sturz in der Rechtskurve 'Garage Vert' ebenso wie bei fast allen anderen Piloten völlig überraschend.

Turn 11 (Cal Crutchlow): Kurz nach Iannone legte sich auch Cal Crutchlow in den Kies. Im letzten Sektor der Strecke in Kurve elf verlor der LCR-Pilot ebenfalls das Vorderrad und stürzte. Das Hinterrad machte Crutchlow in der Rechtskurve keine Probleme, nur mit der Front hadert der Brite auch in Le Mans. Den einzigen Vorteil, den Crutchlow mit seiner Honda ausspielen könnte, ist spätes und starkes Bremsen. Ohne jedes Sicherheitsgefühl mit dem Michelin-Vorderreifen sei dies laut Crutchlow aber "unmöglich". Was genau Bike und Reifen dazu brachte, in Kurve elf wegzurutschen, kann sich auch der Briten nicht erklären: "Ich glaube kaum, dass irgendein Honda-Fahrer in dieser Saison weiß, weshalb er stürzt."

Hernandez tanzt aus der Reihe

Fast alle Piloten klagten nach ihrem Sturz über dasselbe Problem: das Vorderrad. Aspar-Pilot Yonny Hernandez tanzt dabei ein wenig aus der Reihe. Zwar weiß auch er nicht genau, was passierte, aber nach Auswertung der Telemetrie muss der Kolumbianer in Kurve vier eine der Bodenwellen auf dem Bugatti Circuit erwischt und dabei den Grip am Hinterrad verloren haben. Das wiederum brachte auch ihn in den Linkskurve über das Vorderrad zu Fall.

Das Muster der Crashes

Jeder der acht Stürze passierte auf dieselbe Art und Weise, ein Crash übers Vorderrad. Auffällig dabei ist, dass nur eine Handvoll Fahrern genau benennen kann, warum ihnen der Sturz passiert ist. Bei Smith und Rabat lag es an zu viel Kurvenspeed, bei Hernandez an den Bodenwellen. Marquez vermutet wie immer ein Problem bei der Beschleunigung, Dovizioso tippt auf eine zu große Schräglage. Alle anderen Fahrer tappen noch immer im Dunklen, insbesondere die Honda-Piloten Miller und Crutchlow, sowie Iannone. Es gibt also immer noch keine guten Neuigkeiten für Reifenlieferant Michelin, die seit ihrem Wiedereintritt in die MotoGP für ihren Vorderreifen schärfstens kritisiert werden.

Die Folgen für die MotoGP-Piloten

Für sieben der acht gestürzten Piloten hatten ihre Crashes einen Nuller auf dem Konto zur Folge. Lediglich Marquez gelang es, seine Honda wieder auf Kurs zu bringen und mit einer Runde Rückstand auf Sieger Lorenzo immerhin noch drei WM-Punkte einzufahren. Für alle anderen bedeutete der Sturz das Renn-Aus. Besonders verheerend waren die Stürze für Crutchlow und die Ducati-Werkspiloten Dovizioso und Iannone, die mit jeweils fünf, 23 und 25 Punkten in der WM-Wertung nach fünf Rennen kaum eine Chance haben, auch nur in die Nähe der Top-5 zu kommen. Verletzt hat sich während der Sturz-Orgie im Frankreich GP keiner der acht Fahrer.