Sind die Bedingungen perfekt, ist Jorge Lorenzo auf keiner Rennstrecke der Welt zu bremsen. Das demonstrierte der amtierende Weltmeister in Le Mans zum zweiten Mal in dieser Saison. "Ich bin mit diesem Sieg sehr zufrieden, weil alles fast perfekt verlaufen ist", schwärmt Lorenzo. Dem Zweitplatzierten Valentino Rossi fehlten ganze 10.654 Sekunden auf Lorenzo, der nach einem brillanten Start gleich über alle Berge war. "Ich wollte die Pace hochhalten, um meine Konzentration nicht zu verlieren", erklärt Lorenzo seine Strategie.

Die ist einmal mehr meisterlich aufgegangen. Die erste Runde nach dem stehenden Start brachte das Uhrwerk Lorenzo noch in den 1:38er Zeiten über die Bühne, danach fuhr er für 21 Runden 1:33er Zeiten. "Ich wollte die 1:33er Zeiten hoch halten, um mich nicht zu sehr zu entspannen oder die Linie zu verlieren. Sonst wäre ich gecrasht", so Lorenzo. In Runde 23 fiel er kurzzeitig aus dem Muster und brauchte 1:34.053. Danach ging es für zwei Runden mit voller Konzentration weiter, bis der Yamaha-Pilot sich drei Runden vor Schluss seines Sieges relativ sicher war und Druck aus seiner Performance nahm.

In Sachen WM-Stand sieht es ebenfalls rosig für Lorenzo aus. Nach Marquez' Synchronsturz mit Andrea Dovizioso hat sich der Yamaha-Pilot die WM-Führung von Marquez zurückerkämpft. "Mein Sieg ist gut für die WM", schlussfolgert Lorenzo deshalb. "Im Rennen wusste ich, dass Marquez die Chance hatte, mit mir um den Sieg zu kämpfen. Wenn er langsamer gewesen wäre, hätte er Zweiter oder Dritter werden können. Das hätte bedeutet, dass er die WM immer noch anführen würde, aber er ist gestürzt. Ich habe jetzt 5 WM-Punkte Vorsprung."

Jorge Lorenzo war in Le Mans nicht zu schlagen, Foto: Yamaha
Jorge Lorenzo war in Le Mans nicht zu schlagen, Foto: Yamaha

Der Faktor Vinales

Podest-Neuling Maverick Vinales brachte Lorenzo dann dazu, über sein erstes Podium in der MotoGP nachzudenken. "Mein erstes Podium kam sehr schnell und war eine Überraschung für mich", erinnert sich der dreifache MotoGP-Weltmeister. Vollbracht hat Lorenzo dieses Kunststück im Jahr 2008, bei seinem allerersten MotoGP-Rennen. Damit verwies der damals 20-Jährige Legenden wie Valentino Rossi und Dani Pedrosa in die Schranken. Nur gegen Weltmeister Casey Stoner fand der Jungspund keine Antwort. "Das hatte ich nicht erwartet. Es war vielleicht etwas zu viel, weil ich nicht darauf vorbereitet war. Ich hatte keine Erfahrungen und war psychologisch nicht in der Lage, diesen Level zu halten. Ein großartiges Gefühl war es trotzdem."

Für Vinales' erstes MotoGP-Podium findet der Weltmeister lobende Worte. "Er hat es sich verdient", sagt Lorenzo. "Im Moment fährt er nicht das beste Bike, hat es aber trotzdem aufs Podium geschafft." Auch Lorenzo war bei seinem ersten WM-Podest nicht auf dem Sieger-Bike unterwegs, die Yamaha hatte sich im Vorjahr gegen Stoner und die Ducati geschlagen geben müssen. Im Unterschied zu Vinales profitierte Lorenzo in seinem ersten Podest-Rennen aber nicht von Stürzen anderer. Dennoch lobt der Dreifach-Champ Vinales' in hohen Tönen. "Zwar hatte er die Hilfe von Marquez und Dovizioso, aber man muss auch da sein, wenn es drauf ankommt."