…denke ich an ganz viel, aber vor allen Dingen an die Startnummer 94. Also an Jonas Folger. Denn in Le Mans ging 2009 erstmals der Stern des jungen Bayern auf internationaler Ebene auf. Bei typisch wechselhaften Le-Mans-Bedingungen holte der damalige Teenager sein erstes Podest. Mit der 125cc-Ongetta-Aprilia wurde der damalige Rookie nur von Julian Simon geschlagen. Ein erster Beweis seines unglaublichen Talents.

Es war ein schwieriger Sonntag damals. Aber immer wenn die Bedingungen tückisch sind, zeigte sich das sensationelle Naturtalent des heute 22-Jährigen. Fast schon klar, dass der gute Jonas damals zum jüngsten Deutschen aller Zeiten auf dem Podest wurde. Denn Jonas Folger war fast immer der jüngste. Im Falle 2009 sogar zu jung, um auf dem Podest mit seinen Rivalen anstoßen zu dürfen. Denn er war damals erst 15 Jahre jung. Typisch Folger allerdings auch, dass es dann noch zwei Jahre bis zum ersten Sieg 2011 in Silverstone dauerte.

Auch mit diesem Meilenstein war er der jüngste deutsche Sieger aller Zeiten. Mit gerade mal 17 Jahren. Jetzt, 2016, ist Jonas Folger 22 Jahre alt. Und erwachsen geworden. Das spürt man in jedem Gespräch mit ihm. Das merkt man in jedem Interview. Gerade mal 22 Jahre jung. Aber schon 122 Rennen in der Weltmeisterschaft, dabei vier Siege und 19 Podestplätze. Beeindruckend!

Die Elite hatte einst das Nachsehen

Ja, aber…. Marc Marquez ist nur ein halbes Jahr älter, hat aber schon ein paar Titel mehr auf seinem Konto. Natürlich ist der Spanier ein Ausnahmetalent. Folger aber auch. Denn wenn ich an Le Mans denke, denke ich 2009. Auch weil die Folger-Show von damals mit Platz zwei so phänomenal war. Was deutlich wird, wenn wir mal die Liste der an dem Rennsonntag geschlagenen betrachten: Teamkollege damals ein gewisser Andrea Ianone. Aber auch von Folger geschlagen, die Herren Bradl, Cortese, Smith, Pol Espargaro, Redding, Zarco, Terol und eben auch ein gewisser Marc Marquez.

An diesem Sonntag im Jahr 2009 hatten diese Herrschaften keine Chance gegen den jungen Mann aus Schwindegg. Wenn man die Liste der damals Geschlagenen durchschaut, fällt 2016 auf, dass viele davon danach entweder Weltmeister wurden oder aber heutzutage längst in der MotoGP fahren. Nur Jonas Folger nicht. Und das trotz seines unstrittig vorhandenen Talents. Das im Übrigen nie jemand angezweifelt hat.

Woran hat es also gelegen, dass Folgers Marktwert erst jetzt - so viel später als bei den damals von ihm geschlagenen Gegnern - MotoGP-würdige Ausmaße annimmt? Sicherlich auch ein wenig an Folger selbst. Nicht immer war Trainingsfleiß seine große Stärke. Jetzt schon! Nicht immer waren alle Management-Entscheidungen glücklich. Wie zum Beispiel MZ oder Ioda Racing. An solchen Fehlern in der Karriereplanung sind schon so manches Mal Laufbahnen auch zerstört worden. Bei Folger nicht.

Folger endlich reif für die MotoGP

Es sieht so aus, als hätte der Moto2-Fahrer endlich verstanden, über welch ungewöhnliche Begabung er verfügt. Vielleicht ist er auch deshalb endlich erwachsen geworden, weil er zwischendurch Vater einer Tochter wurde. Und das schöne für seine Fans und für Motorrad-Deutschland: Mit 22 Jahren ist er immer noch jung genug, um den ganz großen Sprung zu schaffen.

Wozu auch seine neue sportliche Heimat beiträgt. Bei Dynavolt Intact GP wird er jetzt von absoluten Profis betreut. Egal ob der Technische Direktor Jürgen Lingg, Crewchief Patrick Mellauner oder der Rest der Truppe aus dem Allgäu. Es wirkt als sei ein Reisender endlich zu Hause angekommen. Und das sechs Jahre nach Le Mans 2009. Sechs Jahre nach dem ersten Ausrufezeichen.

Auch die Zusammenarbeit mit Sandro Cortese scheint zu funktionieren. Der Moto3-Weltmeister ist zwar bisher immer der Geschlagene, aber hat auch viel Pech. Und auch wenn es auf dem Papier nicht so aussieht, es wäre ein Fehler, Cortese jetzt schon abzuschreiben.

Das Bild von Jerez mit zwei Deutschen in der ersten Reihe war doch wunderbar. Und es wird nicht das letzte Mal so gewesen sein! Was auch für die weitere Entwicklung von Jonas Folger sehr gut sein dürfte, denn es ist immer besser einen schnellen Teamkollegen zu haben. Denk' ich an Le Mans, denke ich an Jonas Folger. Denn jetzt geht es nach Le Mans. Und diese Strecke liegt ihm.

Kommt in Le Mans alles zusammen?

Diese brutale Hacker-Strecke, die nicht jeder mag. Mit stinkenden Toiletten und ewigem, von der französischen Polizei hervorgerufenem Verkehrschaos. Kaum jemand mag Le Mans. Jonas Folger schon. Denn er ist endlich hundertprozentig im Fokus. Mit dem großen Ziel, so schnell wie möglich MotoGP-Fahrer zu werden. Und die Chancen dafür stehen extrem gut. Vielleicht so gut wie nie.

Man kann davon ausgehen, dass die vorhandenen Irrungen und Wirrungen in der bisherigen Karriere Jonas Folger stärker gemacht haben. Wenn man das Vergnügen hat, ihm im Jahr 2016 von der Service Road aus mit seiner Kalex in Aktion zu erleben, dann stellt man auch als Nicht-Rennfahrer fest, dass sein Fahrstil ein Gedicht ist. Ein Gemälde aus der Kombination Mensch und Maschine. Wie gemacht auch für die Königsklasse.

Und Fehler wie in Katar werden ihm sicher nicht mehr so oft passieren. Was schon in Jerez zu sehen war und was ihm auch seine Intact-GP-Mannschaft vermittelt. Warum also nicht zum ganz großen Schlag ausholen? In Frankreich. Wo ja auch das Tech3 MotoGP Team zu Hause ist, bei dem er einer der Kandidaten für 2017 ist. Le Mans 2009, Mann war das beeindruckend! Le Mans 2016? Denk' ich an Le Mans, denke ich an Jonas Folger.