Nach dem MotoGP-Rennen in Jerez sah Jorge Lorenzo alles andere als glücklich aus. Vom Teamkollegen düpiert, von den Reifen im Stich gelassen - im Parc fermé blieb dem Weltmeister kaum noch etwas anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Lorenzo spürte, dass mehr drin war als Platz zwei, und das stieß dem Yamaha-Piloten nach dem Rennen sauer auf. Nichtsdestotrotz: In der Gesamtwertung hat er auf Leader Marc Marquez vier Punkte gemacht. Es hätten aber neun sein können.

Lorenzo: Rossi in der ersten Hälfte des Jerez-GP klar besser

Doch das Rennen stand für Lorenzo von Anfang an unter keinem guten Stern. Am Start - normalerweise eine Disziplin, in der Lorenzo nur wenige Konkurrenten etwas vormachen - musste er aufpassen, dass er nicht von Andrea Dovizioso in der ersten Kurve außenrum geschluckt wird. Lorenzo hielt sich auf Platz zwei und attackierte Rossi in der Anfangphase. Ein Angriff in Runde zwei schlug fehl: "Es war schade, dass wir keinen so guten Start hatten, der war in den ersten drei Rennen besser. Als ich an Rossi vorbeiging, konnte ich nicht vorne bleiben, da ich die Front kurz verloren habe", erklärte ein frustrierter Lorenzo.

Somit war klar: Der Weltmeister musste sich in der Anfangsphase hinter Rossi anstellen. Doch anstatt auf Fehler zu lauern, wurde der Abstand zwischen beiden Yamahas langsam aber sicher größer, zudem musste Lorenzo nach hinten gegen Marc Marquez absichern. Nach sechs Runden klaffte erstmals eine Lücke von mehr als einer Sekunde zwischen Rossi und Lorenzo. " Rossi war in der ersten Rennhälfte schneller", erkannte Lorenzo die Leistung seines Teamkollegen neidlos an. Doch kaum war die zweite Halbzeit des Rennens angebrochen, wurde Lorenzo wieder stärker.

Reifen-Desaster verhindert Schlussattacke von Lorenzo beim Jerez-GP

Aus knapp 2,9 Sekunden, die nach 14 der 27 Runden zwischen Rossi und Lorenzo lagen, wurde bis zum Ende der 19. Runde 2,006 Sekunden. Lorenzo schien im Aufwind und ein epischer Schlussfight zwischen den beiden Rivalen in greifbarer Nähe, denn Marquez fiel mittlerweile entscheidend zurück. Doch dann schlitterte Lorenzo im wahrsten Sinne des Wortes in riesige Probleme: der Grip am Heck ging Lorenzo und seiner Yamaha vollends flöten. "Dann hat der Hinterreifen angefangen, auf der Geraden durchzudrehen", beschwerte sich Lorenzo.

Von Runde zu Runde wurde dieses Problem noch gravierender. "Ich hatte in der Reifenmitte zu viel Wheelspin und war nur noch zu 80% am Gas in jedem Gang. Deshalb konnte ich Rossi nicht mehr einholen und um den Sieg kämpfen. Im Hinblick auf die WM haben wir vier Punkte auf Marquez gutgemacht, aber ich bin frustriert über dieses Problem mit dem Hinterreifen auf der Geraden", führte ein tief enttäuschter Lorenzo weiter aus. Deshalb sieht er nun Michelin wieder unter Zugzwang.

Vom Einheitsreifenausrüster fordert Lorenzo nun konsequente Weiterentwicklung der Hinterreifen, nicht zuletzt auch mit den Reifenschäden von Loris Baz beim Sepang-Test und Scott Redding beim Argentinien-GP im Hinterkopf. "Ich hoffe, dass wir diese Probleme in den nächsten Rennen nicht haben werden. Die Front ist jetzt viel sicherer, aber nach Baz und Redding müssten sie vielleicht mal den Hinterreifen verbessern", schießt Lorenzo eine Spitze gegen Michelin. Damit ein Fiasko wie bei ihm im Jerez-GP nicht mehr vorkommt und Lorenzo bis zum Schluss um den Rennsieg kämpfen kann.