Nächste Runde im Verbalduell zwischen Valentino Rossi und Jorge Lorenzo. Während sich der sonst so stimmgewaltige Rossi in letzter Zeit vornehm zurückhält, zündelt dieses Mal Lorenzo. Nach dem Qualifying zum Grand Prix von Texas warf er Rossi vor, nur mit seiner Hilfe in Startreihe eins gekommen zu sein. Behauptungen, die Rossi so sicher gar nicht schmecken werden. Was war passiert?

Rossi war in den ersten drei Trainings nie über Rang sechs hinausgekommen, stand nach dem Qualifying aber plötzlich zusammen mit Marc Marquez und Lorenzo in Reihe eins. Der Sprung nach vorne hatte sich bereits im vierten Training, das Rossi bereits ebenfalls als Dritter beendet hatte, angekündigt. Lorenzo hat eine Theorie, wie es zu diesem plötzlichen Fortschritt gekommen war. "Der Datenaustausch zwischen uns hat Valentino sehr geholfen", glaubt Lorenzo. Yamaha zwingt seine beiden Superstars, ihre Daten dem jeweils anderen Piloten zugängig zu machen um so den maximalen Erfolg für Team und Hersteller zu gewährleisten.

Lorenzo sieht Datenaustausch als Nachteil

Lorenzo findet, dass diese Verpflichtung zum Datenaustausch Rossi mehr hilft als ihm selbst. "Schon im Vorjahr hat ihm das in vielen Rennen geholfen. Heute hatte er zunächst sogar Probleme, unter 2:04 Minuten zu kommen", ätzt Lorenzo. Rossis Qualifying-Zeit war schließlich eine 2:03.644. Weltmeister Lorenzo macht sich trotz allem Ärger aber keinerlei Hoffnung, dass sich an diesem Szenario in seiner aller Voraussicht nach letzten Yamaha-Saison vor dem Wechsel zu Ducati etwas ändern wird. "Yamaha besteht darauf, dass die Daten verglichen werden können."

2015 war Rossi meist erst im Rennen schneller als Lorenzo, Foto: Milagro
2015 war Rossi meist erst im Rennen schneller als Lorenzo, Foto: Milagro

Teamchef Massimo Meregalli sah diese Situation in einem früheren Gespräch mit Motorsport-Magazin.com im Gegensatz zu Lorenzo als gar nicht einseitig an: "Manchmal fällt es dem einen Fahrer einfacher, das beste Setup zu finden, dann wieder dem anderen. Das ist in jedem Rennen anders. Einen Blick auf die Daten des anderen Piloten werfen wenn dann aber ohnehin eher die Techniker, weil die Fahrer selbst mit diesen Zahlen meist nur wenig anfangen können."

Rossi erkennt nur persönlichen Fortschritt

Rossi selbst wollte freilich auch nichts von einem Vorteil durch den Datenaustausch wissen und erwähnte ihn in keinem Wort. "Wir haben unser Bike heute ständig verbessert und so eine gute Pace erreicht", sah der Altmeister einen völlig normalen Fortschritt. Außerdem sei ein schneller Wechsel der Kräfteverhältnisse in dieser Saison nichts Ungewöhnliches. "Die Situation ändert sich derzeit so oft", findet Rossi. "Von Strecke zu Strecke oder sogar zwischen den einzelnen Trainings verschiebt sich etwas. Am Freitag etwa war Ducati noch viel stärker, jetzt auf einmal Yamaha. Man kann nur sehr schwer sagen, woran das liegt."

Was Rossi aber sagen konnte und auch wollte war, dass er seine Qualifying-Schwäche der letzten Jahre ablegen konnte und man sich so wohl an ihn in Startreihe eins gewöhnen wird müssen. "Mir war immer klar, dass ich im Qualifying stärker werden muss, wenn ich regelmäßig gegen Marc und Jorge kämpfen will", erklärt Rossi. "Zum Glück konnten wir mit dem Motorrad hier Fortschritte machen und auch die neuen Reifen helfen mir. Mit den Michelins fühle ich mich auf eine schnelle Runde viel wohler und kann mehr ans Limit gehen. Das ist extrem wichtig für mich.

Ob es nun also wirklich, wie von Lorenzo vermutet, der Datenaustausch im Team war, der Rossi in Reihe eins gespült hat, oder doch die zunehmende Qualifying-Stärke des Doktors, lässt sich aktuell unmöglich feststellen. Eine gewisse Tendenz werden wir vielleicht 2017 erkennen können, wenn Rossi und Lorenzo aller Voraussicht nach nicht mehr im selben Team unterwegs sind.