"Ich hoffe, ich liege falsch, aber ich glaube, es wird morgen viele Crashes geben. So wie es aussieht, werden die Reifen an einem bestimmten Punkt kritisch", mutmaßte Yonny Hernandez in Katar bereits nach dem Qualifying. Ganz so schlimm, wie befürchtet, kam es nicht, dennoch war die Anzahl der Stürze mit vier nicht gering. Cal Crutchlow, Stefan Bradl, Andrea Iannone und Loris Baz gingen zu Boden, blieben zum Glück aber unverletzt. Allerdings gingen nicht alle Crashes auf das Konto der neuen Michelin-Vorderreifen, die in den Tests noch solche Schwierigkeiten gemacht hatten.

Cal Crutchlow: Elektronik spielte verrückt

Wohl den kuriosesten Grund für seinen Crash konnte LCR-Honda-Pilot Crutchlow anführen: "Die Elektronik hat nicht richtig funktioniert. Sie wusste nicht, wo ich auf der Strecke gerade war, also hat auf der Geraden die Traktionskontrolle voll eingegriffen, so dass ich um 30 km/h langsamer war, dafür hatte ich in Turn 1 überhaupt keine Traktionskontrolle. Als ich in Sektor 2 war, dachte sie, ich wäre in Sektor 1, in Sektor 1 dachte sie, ich wäre in Sektor 4. Der Grund für meinen Sturz war, dass, als ich das Gas zudrehte, das Ding einfach weiterfuhr. Ich hatte keine Motorbremse. Die Motorbremse setzte auf der Geraden oder mitten in den Kurven ein, aber am Kurveneingang hatte ich gar nichts. Als ich in Turn 4 crashte, fuhr ich etwa 60 km/h schneller in die Kurve als sonst, obwohl ich früher gebremst hatte."

Viele andere Fahrer mit derartigen Problemen hätten ihr Bike wohl ohnehin an der Box geparkt, nicht so Kämpfernatur Crutchlow: "Wenn man bedenkt, dass ich in keiner Kurve Traktionskontrolle hatte und die Elektronik total verrücktspielte, waren meine Rundenzeiten gut und ich fühlte mich wohl auf dem Bike. Ich brauchte einige Runden, um herauszukriegen, was nicht stimmte. Als ich dann wusste, was los war, war ich zuversichtlich, dass ich weitermachen konnte. Ich habe es mir in den Kopf gesetzt, weiterzufahren. Ich fahre nie an die Box, basta. Tja, nun bin ich eben das erste Opfer der neuen Elektronik." Honda und Magneti Marelli, der Hersteller der neuen Einheitselektronik, untersuchen den Vorfall nun detailliert. Crutchlow betonte, dass man derzeit nicht von menschlichem Versagen, sondern von einem Hardware-Defekt ausgeht.

Stefan Bradl: Opfer der Reifen?

Auf Punktekurs landete der deutsche Aprilia-Pilot unvermittelt zur Rennhalbzeit im Kiesbett von Turn 15. Allerdings war bei ihm wohl kein klassischer Vorderradrutscher schuld, stattdessen ging der Grip fast zeitgleich an beiden Reifen verloren: "Was genau passiert ist, ist schwer zu sagen, wir müssen die Daten noch genau checken. Ich habe in Kurve fünfzehn beide Räder gleichzeitig verloren, fast mehr das Hinterrad als die Front. Das war eigentlich in der Kurvenmitte, direkt am Scheitelpunkt. Das habe ich so bisher noch nie gehabt. Im nächsten Augenblick war ich schon gecrasht. Der Sturz war wirklich unnötig, ich hätte das Rennen schon gern zu Ende gefahren." Es scheint also, dass zumindest bei Bradl das noch ungewohnte Verhalten der neuen Michelin-Pneus mitschuldig war.

Generell fand der Bayer die Bedingungen auf der Strecke vor allem zu Rennbeginn nicht einfach und hat auch einen Verdacht, woran es gelegen haben könnte: "Am Anfang war es sehr rutschig. Vielleicht kam das vom Abrieb der Dunlops aus den vorherigen Klassen. "

Andrea Iannone: Opfer der weißen Linie

Im Kampf um den Rennsieg verabschiedete sich Ducati-Werksfahrer Iannone in Runde sieben in den Kies. Er war im Kampf mit seinem Teamkollegen Andrea Dovizioso auf die weiße Streckenbegrenzungslinie geraten, da klappte sofort die Front ein: "Ich habe von Anfang an hart gepusht, aber als ich auf die weiße Linie geriet, habe ich sofort die Front verloren. Deshalb bin ich gestürzt. Das war wirklich seltsam, aber es ist eine Erfahrung mit dem neuen Reifen." Iannones Sturz ist also eher einem Fahrfehler als den neuen Reifen zuzuschreiben.

Loris Baz: Front verloren

Auch Loris Baz erwischte es. Aussichtsreich auf dem zwölften Platz liegend stürzte er in der achten Runde in Turn 2. Er erklärte: "Mir hat beim Einlenken in die Kurven etwas Grip an der Front gefehlt, und beim Hinausfahren auch Traktion. Ich versuchte, meine Linien zu verändern um das Maximum aus dem Bike zu holen, aber als ich in die zweite Kurve einlenkte, verlor ich die Front und stürzte. Ich weiß nicht, warum, aber es ist klar, dass ich das Limit erreicht hatte." Somit ist Baz das einzige wirkliche Opfer der klassischen Vorderradrutscher durch die Michelins, mit denen in den Tests fast jeder MotoGP-Pilot zu kämpfen hatte.

Hobby-Prophet Hernandez kam übrigens ebenfalls nicht ins Ziel. Bei ihm lag es allerdings nicht an einem Crash, sondern an einem Problem mit einem Elektronik-Sensor, der in der zweiten Runde seinen Motor lahmlegte.