Der Weltmeister gibt das Zepter aus der Hand. Zumindest am zweiten Trainingstag zum Auftakt der MotoGP-Saison 2016 in Katar. Jorge Lorenzo liegt nach drei freien Trainings auf Position zwei in der kombinierten Zeitenliste. Die erdrückende Dominanz der Testfahrten, als Lorenzo eine halbe Sekunde Abstand zwischen sich und dem Zweitplatzierten Scott Redding packen konnte, ist passé. Bezeichnenderweise wurde Lorenzo nun von einer der Ducatis in die Schranken gewiesen: Andrea Iannone.

Dabei sah am Donnerstag die Welt des Yamaha-Piloten noch heile aus: Standesgemäße Bestzeit im ersten Training, knapp drei Zehntel auf Teamkollege Valentino Rossi, der gleichzeitig erster Verfolger war. Die Trendwende am Freitag überraschte Lorenzo also völlig. "Wir hatten immer noch ein paar Probleme, vor allem im letzten Run. Wir haben mit den Reifen, von denen wir denken, dass sie die Rennreifen sind und dem bisher besten Setting kein gutes Ergebnis erreicht", hadert Lorenzo nach der dritten Session.

Beim Test Anfang März war Jorge Lorenzo noch unangefochten an der Spitze, Foto: Yamaha
Beim Test Anfang März war Jorge Lorenzo noch unangefochten an der Spitze, Foto: Yamaha

Lorenzos Vorteil in Katar zumindest auf einer Runde weg

"Wir waren ein Zehntel besser als im Test. Das Problem ist nur, dass sich alle Fahrer verbessern. Viele Fahrer haben sich in die 54er Zeiten verbessert. Das hatte ich nicht erwartet", gesteht Lorenzo und fürchtet, dass das berühmt-berüchtigte Momentum nun andere Fahrer begünstigen könnte: "Heute haben wir ein bisschen vom den Vorsprung verloren, den wir gestern und während der Testfahrten hier hatten." Aufgeben wird Lorenzo deshalb aber noch lange nicht. Er denkt bereits an das Rennen und hofft darauf, mit letzten Feinjustierungen den verloren gegangenen Abstand wieder herstellen zu können.

"Aber ich bin mir sicher, dass wir immer noch weiter vorn sein können, wenn wir das Bike hier und da ein bisschen verbessern. Wir können das Bike so verbessern, dass es leichter zu fahren ist und eine höhere Pace hat. Das wird besser für das Rennen sein", meint Lorenzo. Immerhin: im Longrun konnte der Yamaha-Pilot noch die beste Pace des gesamten MotoGP-Feldes gehen. Insgesamt acht Runden unter 1:56 konnte Lorenzo im FP3 drehen - die meisten aller Fahrer. Andrea Iannone kam immerhin auf sieben Runden in diesem Bereich, ebenso wie Marc Marquez und Valentino Rossi. Andrea Dovizioso und Maverick Vinales fuhr sechs Mal Zeiten unter 1:56.

Die Ducatis sind Lorenzo wieder auf den Fersen - und sind vor allem auf der Geraden stärker, Foto: Yamaha
Die Ducatis sind Lorenzo wieder auf den Fersen - und sind vor allem auf der Geraden stärker, Foto: Yamaha

Lorenzo: Topspeed-Nachteil? Kurven sind wichtiger!

Die Pace stimmt also beim Weltmeister, doch was, wenn Ducati mit seinen Topspeed-Wundern wieder munter an der Spitze mitmischen, so wie im Vorjahr? Dieser Umstand treibt auch Lorenzo die Sorgenfalten auf die Stirn, gerade in der so hart umkämpften MotoGP 2016: "Der niedrigere Topspeed im Vergleich zu Ducati hilft uns nicht gerade. Wir verlieren auf der Geraden ein paar Meter, umgerechnet vielleicht zwei oder drei Zehntel", schätzt Lorenzo. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das über zwölf Stundenkilometer Rückstand auf die schnellste Ducati im dritten Training!

Im Kampf um den Sieg kann das zum entscheidenden Faktor werden. "Zum Glück gibt es hier nur eine Gerade. Das ist ganz gut, aber leider ist sie einen Kilometer lang, also sehr groß. Der Unterschied zwischen Yamaha und Ducati ist groß", klagt Lorenzo. Dennoch sieht er sich besser aufgestellt, denn: "Ich glaube, es ist viel wichtiger ein konkurrenzfähiges Bike in den Kurven zu haben. Heute war es schwer, in diesen Passagen einen Unterschied zu machen. Aber wir werden hart arbeiten, um morgen konkurrenzfähig zu sein."