Suzuki, Aprilia, KTM - sie alle kehrten oder kehren aufgrund des überarbeiteten MotoGP-Reglements zurück in die Königsklasse. Suzuki und Aprilia feierten ja bereits in diesem Jahr ihr Comeback, KTM versucht es 2017. Das Verbot der Millionen Euro teuren Elektronikprogramme der großen Hersteller und die Einführung der Einheitselektronik ab kommender Saison werden meist als Hauptgrund hierfür genannt. Der Motorradweltverband FIM und MotoGP-Promoter Dorna scheinen beim neuen Reglement also so einiges richtig gemacht zu haben. Dass man es aber doch nie allen recht machen kann, zeigt der Fall Kawasaki.

Kawasaki ist in der Superbike-Weltmeisterschaft die beherrschende Kraft der letzten Jahre. In diesem Jahr gingen zum ersten Mal überhaupt sowohl der Fahrer- als auch der Konstrukteurstitel an die Marke in giftgrün. Im Gegensatz zu den WSBK-Konkurrenten wie Honda, Suzuki, Ducati, Aprilia und ab 2016 auch wieder Yamaha ist Kawasaki aber seit 2010 nicht mehr in der MotoGP vertreten. Mitten in der damaligen Wirtschaftskrise konnte man große Ausgaben für den Rennsport nicht mehr rechtfertigen, verkleinerte 2009 das Engagement zunächst auf ein Motorrad, das unter dem Banner 'Hayate Racing' eingesetzt wurde und beschloss mit Saisonende den völligen Ausstieg. Seitdem fehlt Kawasaki in der MotoGP. Der Grund? Anscheinend ausgerechnet das von allen anderen Herstellern hochgelobte Reglement.

2009 fuhr Marco Melandri die Hayate-Kawasaki, Foto: Ronny Lekl
2009 fuhr Marco Melandri die Hayate-Kawasaki, Foto: Ronny Lekl

Kawasaki will seriennahes Reglement

"Für eine Rückkehr unserer Marke müssten sich einige Dinge ändern", erklärt Kawasakis Renndirektor Ichiro Yoda dem Riders Mag. "Das derzeitige Reglement würde uns beispielsweise nicht erlauben, mit einem von der Serie abgeleiteten Motorrad konkurrenzfähig zu sein. Die anderen Hersteller haben technische Lösungen wie das stufenlose Getriebe gefunden, die wir niemals bei unseren Straßenmotorrädern verwenden würden. Dafür ist es einfach zu teuer. Das wäre es nie wert."

Tatsächlich sind Spitzenresultate in der modernen MotoGP nur noch mit reinrassigen Prototypen möglich. Wie schwer es ist, mit einem modifizierten Superbike und den eigens entwickelten MotoGP-Raketen zu bestehen, musste 2015 Aprilia erleben. Die diesjährige RS-GP war nur eine an das MotoGP-Reglement angepasste RSV4 aus der Superbike-WM, also grundsätzlich eine vom Straßenmotorrad abstammende Maschine. Die Folgen dieser Herangehensweise waren einerseits zu hohes Gewicht und andererseits zu wenig Leistung - keine gute Kombination für eine Rennmaschine.

Kawasaki zu klein für MotoGP?

Klar ist also: Im Fall eines MotoGP-Engagements, muss ein Prototyp entwickelt werden. Und ein solcher würde zu viel kosten, beteuert Yoda: "Die nötigen Investitionen, um in der MotoGP an den Start zu gehen, wären für uns einfach zu groß. Im Endeffekt muss jeder Hersteller Motorräder verkaufen. Andere Marken verkaufen aber etliche Millionen Stück mehr als wir. Für sie ist der finanzielle Aufwand eines MotoGP-Engagements vielleicht ein Prozent ihrer Einnahmen aus dem Motorradverkauf."

In der Superbike-WM hatte Kawasaki die Konkurrenz 2015 klar im Griff, Foto: WSBK
In der Superbike-WM hatte Kawasaki die Konkurrenz 2015 klar im Griff, Foto: WSBK

Will man Kawasaki in der MotoGP mit an Bord haben, müsste sich also etwas ändern und das Regelwerk in Richtung seriennaher Maschinen geöffnet werden, wie es zuletzt etwa in der CRT-Ära 2012 und 2013 der Fall war. "Wenn die Dorna das Reglement so gestalten würde, dass man als Hersteller auch mit anderen Ansätzen experimentieren kann, dann könnten wir vielleicht wieder in die MotoGP zurückkehren. Vorerst liegt unser Fokus aber auf den Superbikes", stellt Yoda klar.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Die Gründe Kawasakis, warum man nicht in die MotoGP einsteigen will, klingen irgendwie nach faulen Ausreden. Seriennahe Motorräder in der Königsklasse? Das gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Und dass gewisse Dinge im Rennsport bereits Standard sind und in der Serie noch keine Verwendung finden, ist ebenso keine neue Entwicklung. Auch die Versuche, das Fehlen in der MotoGP über die geringeren Absatzzahlen im Vergleich mit der Konkurrenz zu rechtfertigen, gehen nicht ganz auf. Natürlich spielt das Unternehmen nicht in einer Liga mit Honda oder Yamaha, sehr wohl aber mit Aprilia oder KTM. Das führt zu einer Schlussfolgerung: Kawasaki traut sich aktuell den Vergleich auf der ganz großen Bühne einfach nicht zu und fühlt sich in der Rolle als WSBK-Dominator deutlich wohler. (Markus Zörweg)