Zum dritten Mal ist Jorge Lorenzo nun Weltmeister in der Königsklasse des Motorradsports. Nachdem er 2010 und 2012 die WM für sich entscheiden konnte, musste der Mallorquiner zwei Jahre hinter Wunderkind Marc Marquez zurückstecken. "Es macht mich sehr stolz, sechs oder sieben Jahre als Erster oder Zweiter zu werden, aber ich bin auch stolz darauf, Weltmeister zu sein", so Lorenzo. "Ich habe gegen drei Generationen von Sieger gekämpft. Marc, der jünger ist, Casey, der genauso alt ist wie ich und Valentino, der älter ist."

Gegen all diese Legenden konnte sich Lorenzo im Laufe seiner Karriere durchsetzen. In diesem Jahr fiel die Entscheidung über Sieg oder Niederlage erst im letzten Rennen. Der 28-Jährige bereitete sich und seine Crew auf die Schlacht in Valencia auf besondere Art und Weise vor: "Bevor ich nach Valencia geflogen bin, habe ich meinem Team bei WhatsApp geschrieben "Okay Jungs, wir müssen das beste Wochenende unseres Lebens abliefern" und das haben wir getan" Das WM-Rivale Valentino Rossi vom Ende der Startaufstellung ins Rennen ging, kam der 99 natürlich zur Gute. Die Atmosphäre beim Saisonfinale war dennoch schwierig. "Ich glaube, dass ich in der Vergangenheit noch nie eine schwierigere oder angespannte Situation und mehr Druck auf mir gespürt habe", erklärt der Weltmeister. "Ich habe mir vorgestellt, dass Valentino Vierter wird, deshalb wusste ich, dass wenn Marc oder Dani oder beide mich überholen würden, hätte ich die WM verloren. Deshalb habe ich gebetet: "Bitte, nur dieses Mal, versucht es nicht"

Auf seiner Auslaufrunde in Valencia konnte Jorge Lorenzo die Tränen nicht zurückhalten, Foto: Monster
Auf seiner Auslaufrunde in Valencia konnte Jorge Lorenzo die Tränen nicht zurückhalten, Foto: Monster

Ob Marquez das erwartete Manöver mit Absicht nicht gefahren ist oder nicht, bleibt unter Fans immer noch ein Streitpunkt. Lorenzo kommt es auf die Absicht Marquez' auch nicht mehr an, denn der Mallorquiner gewann den WM-Titel auf den letzten Metern. "Ein emotionaleres Ende eines Weltmeisterschaft mit mehr Drama wäre nicht möglich gewesen", erklärt Lorenzo. "Ich habe auf dem Motorrad nie geweint, mein ganzes Leben nicht. Aber dieses Mal war es etwas Besonderes, weil ich so viel opfern und leiden musste. Das Einzige, was ich mir jetzt zu Gute halten kann, ist, dass ich der Fahrer mit den meisten Siegen, fünf Poles, zweihundert-siebzig-und-irgendwas Runden an der Spitze des Feldes."

Startschwierigkeiten

Nach einem Titelgewinn des Mallorquiners sah es zu Saisonbeginn allerdings nicht aus. "In Katar ist die Sache mit dem Helm passiert, bei der ich die Sicht auf den letzten Runden verloren habe", lässt der Spanier seine Saison nochmal Revue passieren. "In Austin war ich schwach und habe Antibiotika genommen. In Argentinien waren wir das ganze Wochenende über nicht schnell genug und haben uns auch noch für den weicheren Reifen entschieden. Das war die falsche Entscheidung", lacht Lorenzo. "Deshalb habe ich 29 Punkte auf den Führenden verloren und wusste, dass ich schnell reagieren muss. Deshalb hab ich mir selbst gesagt: "Okay Jorge, geh da raus und fahre so gut wie möglich. Ohne zu denken, vertraue nur deinem Gefühl" Das hat gut funktioniert"

Das Schlüsselerlebnis für den Spanier war neben dem Argentinien-GP das Rennen in Misano. "Wir waren ab Mittwoch an der Strecke und bis Sonntag war das Wetter perfekt", seufzt der Weltmeister. "Dann, am Sonntag, regnet es bei drei Rennen in Folge. Da werden aber die Punkte vergeben. Ich war ein klein wenig frustiert, ja", gibt Lorenzo offen zu. "Aber wir haben nie aufgegeben und der Sturz in Misano war ein Schlüsselmoment, weil ich dort realisiert habe, dass ich mich auf Gewinnen konzentrieren muss."

Die Beziehung zwischen den beiden Teamkollegen wurde im Laufe der Saison immer angespannter, Foto: Milagro
Die Beziehung zwischen den beiden Teamkollegen wurde im Laufe der Saison immer angespannter, Foto: Milagro

Die andere Seite der Box

Vorher waren Lorenzos Gedanken zu sehr auf den Mann fokussiert, der auf der anderen Seite der Yamaha-Box sitzt. Rossi führte die WM vom Saisonstart in Katar bis zum letzten Rennen an. Zwar schrumpfte Lorenzos Vorsprung zwischenzeitlich mal auf null Punkte, aber der Doktor fiel trotzdem nicht zurück. Bis zur nun legendären Pressekonferenz nach dem Rennen in Australien verlief die WM ohne Zwischenfälle. Warum sich sein Teamkollege ausgerechnet Marquez als Opfer seiner bekannten Psychospielchen aussuchte, weiß auch Lorenzo nicht. "Valentino war schon immer sehr clever in seiner Art, mit den Medien zu sprechen", beginnt Lorenzo vorsichtig. "Manchmal sieht man den Grund dahinter nicht wirklich, aber er sagt trotzdem seine Meinung."

Für Lorenzo, den Rossi zu Beginn der Auseinandersetzungen nicht direkt angriff, ist dies nichts Neues. "Man muss sein Verhalten so gut wie möglich verstehen", erklärt er. "Es ist normal, dass die Beziehung zwischen Titelrivalen ein bisschen angespannter wird. Er hat nach dem Sepang-Clash seine Meinung geäußert, ich meine und die Situation ist etwas angespannter geworden." Für die Zukunft macht sich Lorenzo aber keine Sorgen. "Ich denke, dass wir in der Vergangenheit alles vergessen haben und auch in der Zukunft wieder alles wieder zur Normalität zurückkehren."