Nächster Skandal in der MotoGP! Zwei Wochen nach dem Sepang-Clash zwischen Valentino Rossi und Marc Marquez kam es in Valencia wieder zu Kontroversen. Im Mittelpunkt stand erneut Marc Marquez. Der Vorwurf an ihn lautet, dass er Jorge Lorenzo bewusst nicht angegriffen und ihn sogar gegen Dani Pedrosa verteidigt hatte, um den Titelgewinn Lorenzos sicherzustellen und so seinem neuen Erzfeind Valentino Rossi die zehnte Weltmeisterschaft zu vermasseln. Harte Anschuldigungen, die natürlich nicht zu beweisen sind. Was wirklich passiert ist, weiß nur Marquez selbst. Es gibt aber einige Indizien, die für ihn sprechen und andere, die ihn in ein schlechtes Licht rücken.

Duell auf Augenhöhe oder Nichtangriffspakt?

Zu den Fakten. Marc Marquez lag von der fünften Kurve des Rennens bis zum Ende mit nur einer Unterbrechung von wenigen hundert Metern durchgehend auf dem zweiten Platz hinter Jorge Lorenzo. Sein Rückstand war dabei zu keinem Zeitpunkt größer als 0,674 Sekunden - praktisch nichts. Man müsste wohl schon weit in den MotoGP-Geschichtsbüchern zurückblättern, um ein derart enges Duell um den Sieg zu finden, in dem nicht einmal überholt, ja noch nicht einmal angegriffen wurde.

Was kann das nun bedeuten? Marc Marquez ist ein überaus aggressiver Fahrer, das hat er sowohl in seinen drei MotoGP-Saisons als auch in den kleineren Klassen zur Genüge bewiesen. Wenn sich auch nur die kleinste Möglichkeit bietet, wagt Marquez im Normalfall eine Attacke. Dass diese bei einem derart geringen Rückstand auf Lorenzo über 30 Runden ausgeblieben ist, ist doch verdächtig. Vor allem die Tatsache, dass Marquez bei seinem Duell mit Dani Pedrosa in der vorletzten Rennrunde weniger als eine Zehntelsekunde langsamer war als im Umlauf zuvor, nährt die Spekulationen über Schützenhilfe für Lorenzo.

Es gibt aber auch eine andere Sicht der Dinge. Über weite Strecken des Rennens sah es so aus, als würde Lorenzo deutlich besser aus den vielen engen Kurven herausbeschleunigen können. Er nahm Marquez in diesen Passagen stets etwas Zeit ab, die der erst wieder am Ende der Geraden oder in den Anbremszonen gutmachen konnte. "Jorge hatte eine sehr gute Pace", war HRC-Boss Shuhei Nakamoto überzeugt. "Marc hat einen guten Job gemacht, überhaupt an ihm dranzubleiben."

Richtig eng wurde es zwischen Lorenzo und Marquez nie, Foto: Milagro
Richtig eng wurde es zwischen Lorenzo und Marquez nie, Foto: Milagro

In den letzten Runden schien Marquez das leichter zu fallen und er verkleinerte den Abstand auf unter drei Zehntelsekunden, hing also praktisch am Hinterrad von Lorenzo. "Ich wollte in den letzten beiden Runden einen Angriff wagen", beteuert Marquez. Doch da sei ihm der plötzlich von hinten heranstürmende Dani Pedrosa in die Quere gekommen. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass Dani so schnell näherkommt." Welche Theorie einem nun schlüssiger erscheint, sei jedem selbst überlassen.

Rossi wie das heiße Messer durch die Butter

Über jeglichen Zweifel erhaben war hingegen die Aufholjagd von Valentino Rossi. Vom 26. Startplatz aus pflügte er in weltmeisterlicher Manier durch das Feld. Schon im ersten Sektor der Auftaktrunde machte er zehn Positionen gut und fand sich auf Rang 16 wieder, vor dem Ende der ersten Runde schnappte er sich auch noch Nicky Hayden und lag so schon auf dem 15. Platz. In dieser Tonart ging es weiter. In den Runden zwei und drei überholte Rossi jeweils drei Fahrer und war so am Ende des dritten Umlauf bereits Neunter.

Rossi kämpfte sich rasant nach vorne, Foto: Tobias Linke
Rossi kämpfte sich rasant nach vorne, Foto: Tobias Linke

Nun geriet seine Aufholjagd aber erstmals etwas ins Stocken. Er lief auf Bradley Smith und Danilo Petrucci auf, die sich als erste harte Nuss herausstellen sollten. Es dauerte zwei Runden bis er an ihnen vorbei war. Dann dauerte es wieder bis zu Runde neun, ehe Rossi auch an Pol Espargaro auf der zweiten Kunden-Yamaha vorbeigehen konnte. In den folgenden vier Umläufen kassierte er noch relativ problemlos Aleix Espargaro und Andrea Dovizioso. Damit war Rossi nach nur 13 Runden auf dem vierten Rang angekommen, hatte also nicht einmal die halbe Renndistanz für seine Aufholjagd gebraucht.

Wie erwartet war der spanische Zug an der Spitze aber zu diesem Zeitpunkt schon längst abgefahren. Über 13 Sekunden fehlten Rossi bereits auf Leader Lorenzo, mehr als elf waren es auch noch auf den drittplatzierten Pedrosa. Rossi erkannte sofort, dass ein Versuch, diesen Rückstand noch wettzumachen, aussichtslos war. Sein Rückstand wuchs bis zum Ende des Rennens auf knapp 20 Sekunden an. Wie die wahre Pace des alten und neuen Vizeweltmeisters ausgesehen hätte, wäre er nicht vom Ende des Feldes in das Rennen gegangen, werden wir so leider nicht herausfinden. Von Bedeutung ist das aber ohnehin nicht. Rossis Aufholjagd war eines Weltmeisters würdig, zum Titel hat sie dennoch nicht gereicht. Das ist Fakt.