Deeskalation. Darum waren am Donnerstag alle Kräfte im MotoGP-Paddock bemüht. Nach dem Eklat von Sepang samt anschließender Schlammschlacht per Presseaussendung und Social-Media-Krieg der Fans von Valentino Rossi, Jorge Lorenzo und Marc Marquez soll beim Saisonfinale eines im Mittelpunkt stehen: der Sport.

Um 15:30 Uhr wurden zu diesem Zweck alle Fahrer und Teammanager zu einer Standpauke zu FIM-Präsident Vito Ippolito und Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta zitiert. Auf ein direktes Aufeinandertreffen der drei Streitparteien Rossi, Lorenzo und Marquez wurde verzichtet, weshalb die offizielle Pressekonferenz abgesagt wurde. Stattdessen trat jeder der drei Fahrer am Donnerstagnachmittag einzeln vor die Medien.

Keine Aussagen mehr zu Sepang

Schnell wurde klar: Die Streithähne bekamen einen Maulkorb verpasst. "Über Sepang sprechen wir nicht mehr", war die einhellige Antwort auf Fragen nach den Geschehnissen vor zwei Wochen. Erst nach mehrfachem Nachfragen ließen sich Rossi, Lorenzo und Marquez dann doch zu sehr kurzen Wortspenden zu Sepang hinreißen. Auch allen anderen Fahrern wurde ins Gewissen gesprochen.

"Vito Ippolito hat rund zehn Minuten auf uns eingeredet: Wir sollen brav miteinander umgehen, respektvoll sein und auf eine schöne Art und Weise Werbung für unseren Sport machen. Das war es dann aber auch schon. Ich hatte mir eigentlich mehr und vor allem konkretere News erwartet", führte Stefan Bradl aus.

Honda möchte kein Öl mehr ins Feuer gießen

Auch Honda war am Donnerstag um Deeskalation bemüht. Eine für 14 Uhr anberaumte Pressekonferenz mit HRC-Teammanager Livio Suppo wurde zwar abgehalten, allerdings ohne einen handfesten Inhalt. "Wir wollten eigentlich die uns vorliegenden Daten (des Marquez-Crash in Sepang) präsentieren. Aber nach einiger Überlegung haben wir uns dagegen entschieden", eröffnete Suppo das kuriose Medienevent.

"Wir wollen um jeden Preis verhindern, dass man uns unterstellen kann, die Entscheidung des CAS zu Ungunsten von Valentino beeinflussen zu wollen. Wenn die ganze Situation etwas abgekühlt ist, werden wir die Daten aber präsentieren", so Suppo weiter. Just in diesem Moment veröffentlichte der Oberste Sportgerichtshof (CAS) das Urteil und bestätigte Rossis Strafe. Damit wurden Tatsachen geschaffen: Rossi wird sich am Sonntag vom letzten Startplatz auf die Jagd nach seinem zehnten WM-Titel machen müssen.

Beruhigt sich nun der Zorn der Fans?

Damit ist auch der kurze juristische Hickhack überwunden und jegliche Debatte über die Vorkommnisse von Sepang endgültig hinfällig. Dadurch entspannt sich hoffentlich auch die Fan-Situation, die in den sozialen Medien vollkommen eskaliert war. Die angespannte Lage war auch Stefan Bradl bewusst, der am Sonntag wohl irgendwann im Rennen mit der Situation konfrontiert wird, dass Rossi neben ihm auftaucht.

"Ich weiß nicht, wie ich dann reagieren werde. Ich werde ihn nicht vorbeiwinken, aber ich habe wohl ohnehin keine große Chance gegen ihn und die Yamaha." Die Brechstange will Bradl auf keinen Fall im direkten Duell auspacken. "Vor allem im Internet könnte es dann ja extrem ausarten. Und ich würde gerne auch in Zukunft ohne große Probleme in Italien spazieren gehen können", so Bradl mit einem Augenzwinkern.

Am Sonntag werden über 100.000 Zuseher in Valencia erwartet. Aggressive Stimmung zwischen den unterschiedlichen Fan-Lagern will beim Finale niemand haben. "Auch deshalb wollten wir kein zusätzliches Öl ins Feuer gießen", führt Suppo aus. Dazu soll auch der Maulkorb für die Piloten seinen Beitrag leisten. In Valencia sollen die Motorräder auf der Strecke im Fokus stehen und nicht die Aussagen der Piloten vor den Kameras und Mikrofonen.