Jorge Lorenzo ist der neue MotoGP-Weltmeister. Nach 2010 und 2012 konnte er sich den begehrten Titel in der Königsklasse in Valencia zum dritten Mal sichern. Doch seine Karriere bis zu diesem Zeitpunkt hatte nicht nur Höhen, sondern auch einige Tiefpunkte.

Karrierebeginn wie aus dem Bilderbuch

Lorenzo wurde am 4. Mai 1987 in Palma de Mallorca auf der spanischen Insel Mallorca geboren. Schon mit vier Jahren nahm er an seinem ersten Minicross-Rennen teil, mit sechs Jahren stieg er auf Minibikes um und fuhr auf den balearischen Inseln erste lokale Meisterschaften mit - und gewann sie alle. Bereits mit zehn Jahren stieg er in die landesweite spanische 50er-Serie ein, und gewann diese 1998 und 1999. Schon 2000 stieg er in die spanische 125er-Meisterschaft auf und wurde Vierter. 2001 fuhr er die 125er-Europameisterschaft, die er als Sechster abschließen konnte.

Mit 15 Jahren gab Lorenzo sein 125er-WM-Debüt, Foto: Milagro
Mit 15 Jahren gab Lorenzo sein 125er-WM-Debüt, Foto: Milagro

2002 stieg er als jüngster Pilot aller Zeiten in die 125er-Weltmeisterschaft ein, wobei er aus Altersgründen auf die ersten beiden Saisonrennen verzichten musste. Beim dritten Lauf in Jerez musste er die Freitagstrainings ebenfalls noch sausen lassen, weil er erst am Samstag Geburtstag hatte. Am Ende der Saison belegte er den 21. Platz im WM-Klassement. Seinen ersten Sieg konnte er 2003 in Rio einfahren, am Saisonende lag er auf dem zwölften Gesamtrang. Im folgenden Jahr wurde er mit drei Siegen Gesamt-Vierter und beschloss, auch ohne 125er-Titel in die 250er-Klasse aufzusteigen.

2007 dominierte der Mallorquiner die 250er-Klasse, Foto: Milagro
2007 dominierte der Mallorquiner die 250er-Klasse, Foto: Milagro

Seine erste 250er-Saison verlief noch durchwachsen. Er belegte zwar schon den fünften Gesamtrang und fuhr sechsmal aufs Podium, ein Rennsieg blieb aber aus. Der erste Sieg folge dann 2006 in Jerez, worauf er in derselben Saison noch sieben Mal ganz oben stand und sich am Ende den Titel holte. 2007 dominierte Lorenzo die Klasse dann, nachdem er einen Aufstieg in die MotoGP noch abgelehnt hatte. In 17 Rennen stand er zwölfmal auf dem Podium, davon alleine neunmal ganz oben.

Der MotoGP-Einstieg

Nach seinem zweiten Titelgewinn wechselte er 2008 in die MotoGP und durfte gleich als Teamkollege von Valentino Rossi im Werksteam von Yamaha an den Start gehen. In seiner ersten Saison belegte er bereits einen achtbaren vierten WM-Rang, siegte beim Lauf in Estoril und wurde Rookie of the Year. Im folgenden Jahr attackierte er Titelverteidiger Rossi ernsthaft und hatte eine beeindruckende erste Saisonhälfte mit Siegen in Motegi und Le Mans, wurde dann aber von Stürzen und Verletzungen zurückgeworfen, sodass er sich am Ende gegen den Routinier geschlagen geben musste und im WM-Klassement Zweiter wurde.

2010 aber wurde dann zu seinem Jahr. Lorenzo siegte neunmal in achtzehn Rennen und stand nur zweimal nicht auf dem Podium, sodass er am Ende seinen ersten MotoGP-Titel holen konnte. Diesen wollte er 2011 verteidigen, besonders, weil er nach Rossis Weggang zu Ducati eigentlich die unbestrittene Nummer eins bei Yamaha war. Allerdings konnte er kein Rezept gegen den überlegenen Casey Stoner finden, so dass seine Titelverteidigung scheiterte.

2010 holte sich Lorenzo seinen ersten MotoGP-Titel, Foto: Milagro
2010 holte sich Lorenzo seinen ersten MotoGP-Titel, Foto: Milagro

2012 war Lorenzo dann wieder in alter Form. Sechzehn Podiumsplatzierungen in achtzehn Rennen, dabei sechs Siege, reichten ihm zum zweiten MotoGP-Titel. Diesmal hatte Lorenzo gehofft, den Titel verteidigen zu können, auch wenn Rossi zu Yamaha zurückkehrte, aber niemand hatte mit Marc Marquez gerechnet, der in seiner Rookie-Saison Lorenzo einen Sieg nach dem anderen wegschnappte. Dazu kam noch Lorenzos Pech in Assen: Bei Regen stürzte er im freien Training und brach sich das linke Schlüsselbein. Er flog postwendend nach Barcelona, wurde operiert, flog zurück und wurde im Rennen achtbarer Fünfter. Als er aber im Training auf dem Sachsenring erneut stürzte, wurde die eingesetzte Titanplatte beschädigt und er konnte am Rennen nicht teilnehmen. Damit war die Hoffnung auf eine Titelverteidigung gestorben, er musste sich am Ende mit Rang zwei in der WM begnügen. 2014 kam es sogar noch schlimmer: Beim Auftakt in Katar stürzte die 99, danach kassierte er in Texas eine Durchfahrtsstrafe für einen Fehlstart. Letztlich belegte er hinter Marquez und Rossi nur den dritten WM-Rang und konnte nur zwei Rennsiege feiern.

Auch die WM-Saison 2015 begann für Lorenzo wenig vielversprechend. Von Anfang an lag er im Punktestand hinter Rossi zurück. Zwar konnte er ihn immer wieder einholen, aber er schien wie vom Pech verfolgt. In Katar und Silverstone hatte er Probleme mit seinem Helm und gleich mehrfach gab es Flag-to-Flag-Rennen, mit denen sich der Spanier nie besonders anfreunden konnte. Vor Valencia aber konnte er seinen Rückstand bis auf sieben Punkte verringern.

Der Mann hinter der Fassade

Was ist dieser Jorge Lorenzo nun für ein Mann? Oft wirkt er unnahbar, fast schon mürrisch. Jedenfalls ist er sicher kein Sunnyboy wie Teamkollege und Konkurrent Rossi. Über sein Privatleben gibt er wenig preis. Als Hobbies gibt er Lesen, Videospiele und Musik, besonders Rock an. Auch dass er gerne Paella isst, verriet er. Außerdem sammelt er in der Lorenzo-Collection Rennanzüge von Formel-1-Legenden.

Der fünffache Champion engagiert sich allerdings auch für gute Zwecke, selbst wenn er es nicht an die große Glocke hängt. So arbeitete er 2013 mit der Künstlerin Ana Vives zusammen, die das Down-Syndrom hat. Sie durfte seinen Helm für das Catalunya-Rennen designen und begleitete Lorenzo nach seinem Sieg aufs Podium. Anschließend wurde der Helm versteigert und erbrachte mit der begleitenden Spendenaktion eine beträchtliche Summe für die Itinerarium-Stiftung auf, mit der Lorenzo seither immer wieder zusammenarbeitet.

2013 nahm Lorenzo in Catalunya Anna Vives mit aufs Podium, die das Down-Syndrom hat, Foto: Repsol Honda
2013 nahm Lorenzo in Catalunya Anna Vives mit aufs Podium, die das Down-Syndrom hat, Foto: Repsol Honda

Neben der MotoGP gilt Lorenzos große Leidenschaft der Mode, 2015 hat er sogar ein eigenes Label gegründet, unter dem er Sonnenbrillen, Shirts und Kappen vertreibt. Den ersten großen Auftritt in der Modeszene hatte er im Frühjahr 2015 auf der Madrider Fashionweek. Sollte also die MotoGP-Karriere irgendwann vorbei sein, hat er bereits ein zweites Standbein.