Jorge Lorenzo heißt der große Sieger im wohl nervenaufreibendsten MotoGP-WM-Kampf aller Zeiten. Der Mallorquiner fuhr 2015 zu seiner insgesamt schon fünften Meisterschaft in der Motorrad-WM. Eine grandiose Leistung, getrübt allerdings von den Vorfällen am Saisonende, als Marc Marquez offensichtlich Schützenhilfe für seinen Landsmann im Kampf gegen Valentino Rossi leistete. Dennoch: Fünf WM-Titel muss man erst einmal einfahren! Deshalb sollte die Leistung Lorenzos nicht geschmälert werden. Motorsport-Magazin.com liefert euch eine Übersicht über Lorenzos fünf WM-Titel:

2006: Lorenzo vs. Dovizioso, Teil 1

Dani Pedrosa und Casey Stoner stiegen zur Saison 2006 von der 250ccm-Klasse in die MotoGP auf. Mit dem Verlust des Weltmeisters und des WM-Zweiten lief alles auf einen Zweikampf zwischen Jorge Lorenzo und Andrea Dovizioso um den Titel hinaus. Und so sollte es auch kommen. Lorenzo gewann die ersten zwei Rennen in Jerez und in Katar, leistete sich aber in der Folge auch zwei Nuller, sodass er nach fünf Rennen gerade einmal Fünfter in der Gesamtwertung war. Dovizioso führte zu diesem Zeitpunkt und lag schon 29 vor Lorenzo. Doch dann legte Lorenzo einen sensationellen Lauf hin. Neun Mal in Folge fuhr der Mallorquiner auf das Siegertreppchen und feierte dabei sechs Siege.

Jorge Lorenzo ließ 2006 erstmals alle Gegner hinter sich, Foto: Fortuna
Jorge Lorenzo ließ 2006 erstmals alle Gegner hinter sich, Foto: Fortuna

Nach dem zehnten Rennen auf dem Sachsenring hatte sich Lorenzo die Gesamtführung wieder von Dovizioso zurückerobert. Dovizioso fuhr in den ersten acht Rennen immer unter die Top-3 und punktete konstant weiter, sodass das Titelrennen offen blieb. Beim vorletzten Rennen hatte Lorenzo erstmals Matchball, doch er zeigte Nerven. Dovizioso gewann, Lorenzo wurde nur Fünfter. Erst in einem nervenaufreibenden Finale in Valencia stellte der Mallorquiner seinen ersten WM-Titel sicher. Beiden war die nervliche Anspannung deutlich anzumerken. Lorenzo kam durch Unterstützung seiner Teamkollegen als Vierter deutlich vor Dovizioso als Siebtem ins Ziel. 17 Punkte lagen am Ende zwischen den beiden Rivalen.

2007: Lorenzo vs. Dovizioso, Teil 2

2007 blieben sowohl Lorenzo als auch Dovizioso ein weiteres Jahr bei den 250ern. Folgerichtig sollte sich auch in diesem Jahr der Titelkampf in der mittleren Kategorie zwischen diesen Beiden entscheiden. Doch anders als noch ein Jahr zuvor hatte Lorenzo weitaus weniger Mühe gegen seinen Konkurrenten. Die Basis für ein dominantes Jahr legte Lorenzo mit einem überlegenen Saisonstart. Vier der ersten fünf Rennen entschied der damalige Aprilia-Pilot für sich. Lediglich in Istanbul wurde Lorenzo als Zweiter geschlagen von - Dovizioso. Mit diesem fast perfekten Saisonstart lag Lorenzo schon nach fünf Rennen 32 Punkte vor Dovizioso als erstem Verfolger.

Auch 2007 hatte Lorenzo die Nase vorn gegen Andrea Dovizioso, Foto: Aprilia
Auch 2007 hatte Lorenzo die Nase vorn gegen Andrea Dovizioso, Foto: Aprilia

Hoffnung für Dovizioso keimte nach dem Regenrennen von Donington auf, das er gewann, während Lorenzo per Highsider ausschied. Doch mit drei Siegen in Assen, Brünn und Misano aus den vier darauffolgenden Läufen sorgte Lorenzo bereits für eine Vorentscheidung im Titelkampf. Dovizioso war um 55 Punkte abgeschüttelt und musste nun sogar gegen Alex De Angelis um WM-Rang zwei fighten. In Sepang war es dann soweit: Nach dem vorletzten Rennen stand Lorenzo als Doppel-Weltmeister fest. Platz drei reichte dem Mallorquiner. Am Ende trennten Lorenzo und Dovizioso 52 Punkte im Gesamtklassement.

2010: Ein Muster an Dominanz

In seinen ersten beiden MotoGP-Saisons wurde Lorenzo immer stärker. Schon 2009 scheiterte der Mallorquiner nur knapp gegen Valentino Rossi, sodass sich die ganze Welt auf ein erbittertes Duell der beiden Erzrivalen freute. Und tatsächlich: Nach drei Rennen lagen Lorenzo und Rossi schon deutlich und nur durch neun Punkte getrennt an der Spitze. Doch anstatt dem Höhepunkt eines erbitterten Zweikampfes entgegenzufiebern kam alles ganz anders: Rossi verletzte sich in Mugello und verpasste den Italien-GP und die drei darauffolgenden Rennen. Lorenzo nutzte das Momentum perfekt aus. In den ersten zehn Rennen fuhr er immer als Erster oder Zweiter durchs Ziel. Mit 235 Punkten aus den ersten zehn Rennen lag Lorenzo schon sehr weit voraus.

Jorge Lorenzo dominierte die Saison 2010 - trotz enger Rennen wie hier in Jerez, Foto: Milagro
Jorge Lorenzo dominierte die Saison 2010 - trotz enger Rennen wie hier in Jerez, Foto: Milagro

Erst nach dem ersten Saisondrittel kristallisierte sich mit Dani Pedrosa ein Verfolger heraus. Doch Lorenzo fuhr mit beeindruckender Souveränität weiter auf das Podium. Erst beim 13. Rennen im Motorland Aragon riss die Serie - Lorenzo wurde Vierter. Als sich Pedrosa eine Runde später in Motegi auch noch verletzte, war der Weg endgültig frei, selbst als es in Japan zur Eskalation des Duells mit Rossi kam. Beim 15. von 18 Rennen in Sepang reichte Lorenzo wie schon drei Jahre zuvor der dritte Platz zum Titelgewinn. Wie sehr Lorenzo dominierte belegt die Tatsache, dass er mit seinen 383 Zählern in diesem Jahr einen neuen Punkterekord aufgestellt hatte, der noch heute gültig ist. Die Verletzungen der Konkurrenz waren da höchstens begünstigende Randnotizen für Lorenzo.

2012: Ein Muster an Konstanz

2012 haben sich die Vorzeichen für Lorenzo geändert. Die 1000ccm-Motoren hielten Einzug in der MotoGP und sorgte für ein neues Kräfteverhältnis. Lorenzo setzte das nahezu perfekt um. Vier der ersten sechs Rennen entschied der Yamaha-Pilot für sich, zudem fuhr er in Jerez und Estoril als Zweiter über die Ziellinie. 25 Punkte Vorsprung auf Stoner hatte sich Lorenzo herausgearbeitet. Nur, um diese zwei Wochen später wieder komplett einzubüßen. Lorenzo wurde in Assen von Alvaro Bautista in der ersten Kurve abgeräumt. Stoner gewann und sorgte für einen Punktegleichstand. Auch Pedrosa lag nach Assen nur noch 19 Zähler hinter dem Führungsduo. Doch Lorenzo baute sich wieder einen Vorsprung auf. Zugute kam dem Mallorquiner dass sich Stoner durch Stürze selbst aus dem WM-Rennen nahm. Dafür lief es wie schon 2010 auf einen Zweikampf gegen Dani Pedrosa hinaus.

Alvaro Bautista beförderte Lorenzo in Assen 2012 ins Aus - der WM-Vorsprung war weg, Foto: Milagro
Alvaro Bautista beförderte Lorenzo in Assen 2012 ins Aus - der WM-Vorsprung war weg, Foto: Milagro

Nun galt es für Lorenzo daher, Pedrosa auf Distanz zu halten. Der kleine Spanier fuhr in der zweiten Saisonhälfte 2012 in der Form seines Lebens und gewann alle Rennen, bei denen er ins Ziel kam. Die Vorentscheidung brachte das Rennen in Misano, das Lorenzo gewann, während Pedrosa nach Problem in der Startaufstellung rückversetzt wurde und in der ersten Runde abgeschossen wurde. Lorenzo verwaltete den Vorsprung von da an, ließ Pedrosa jedes Rennen gewinnen und feierte nach einem erneuten Ausfall des Konkurrenten auf Phillip Island seinen zweiten MotoGP-Titel. In Valencia schied Lorenzo zwar nochmal aus, doch das schmälert seine beeindruckende Bilanz nicht im Geringsten, denn: Bei jeder Zielankunft 2012 lag Lorenzo entweder auf Platz eins oder zwei!

2015: Ein Muster an Willen

2015 musste Jorge Lorenzo am härtesten für einen WM-Titel kämpfen. In der Anfangsphase der Saison lief für Lorenzo nichts zusammen. Nach drei problembehafteten Rennen gleich zu Beginn lag Lorenzo in der Gesamtwertung auf Rang vier mit 29 Zählern Rückstand auf Rossi. Doch der Mallorquiner ließ sich nicht unterkriegen, siegte vier Mal in Folge und rückte bis auf einen Zähler an Rossi heran nach dem siebten Lauf in Barcelona. In Assen und auf dem Sachsenring verlor Lorenzo wieder Punkte, doch nach Rang zwei in Indy und einem Sieg in Brünn herrschte zwischen den Yamaha-Teamkollegen Gleichstand in der WM. Lorenzo lag nur wegen der größeren Anzahl an Siegen vor Rossi.

Lorenzo und Valentino Rossi duellierten sich Kopf an Kopf, Foto: Monster
Lorenzo und Valentino Rossi duellierten sich Kopf an Kopf, Foto: Monster

Von da an schlug das Pendel zunächst in Richtung Rossi aus. Doch Lorenzo ließ sich nicht unterkriegen, gewann in Aragon und wurde Zweiter auf Phillip Island und in Sepang. Die Rennen in Australien und Malaysia sollten jedoch vom Krieg zwischen Rossi und Marc Marquez überschattet werden. Der Italiener warf Marquez zurecht vor, bewusst Schützenhilfe für Lorenzo zu leisten. Rossi verursachte in Malaysia einen Sturz von Marquez und wurde daher in Valencia auf den letzten Startplatz zurückversetzt. Lorenzo nahm dieses Geschenk dankend an. Er bog den Sieben-Punkte-Rückstand mit einem Sieg im Finale um und holte sich seinen fünften WM-Titel. Doch ein bitterer Beigeschmack blieb nicht nur nach Rossis heftigen Vorwürfen an Marquez, sondern auch nach Marquez' Rennverlauf beim Finale, als der Spanier hinter Lorenzo anstand.