Trotz einer sensationellen Pole-Position-Runde von Jorge Lorenzo, war es sein zweitschnellster Umlauf, der im Qualifying zum Grand Prix von San Marino für die meiste Aufregung sorgte. Mit der Chance auf eine erneute Bestzeit lief der Mallorquiner im letzten Sektor auf seinen Weltmeisterschaftsrivalen Valentino Rossi auf, der langsam auf der Ideallinie fuhr. Lorenzos Hoffnung auf eine neue schnellste Runde war somit zerstreut. Die Emotionen beim feurigen Spanier gingen daraufhin nach Ende des Qualifyings hoch. In der Probestartzone kam Rossi neben ihm zu stehen. Lorenzo gestikulierte wild in dessen Richtung, doch Rossi zuckte nur mit den Schultern. Noch ein Kopfschütteln Lorenzos und weg war der Mann mit der Nummer 99.

Direkt nach dem Qualifying meinte Lorenzo, dass ihn die Behinderung durch Rossi locker zwei Zehntel gekostet hätte. "Ich musste viel Tempo rausnehmen, um nicht in Valentino hineinzukrachen", ärgerte er sich. Ein paar Stunden und ein Videostudium des Qualifyings später sah die Welt für Lorenzo schon wieder ganz anders aus: "Ich habe eigentlich gedacht, dass ich in dieser Runde, zu diesem Zeitpunkt, schneller war. Im Fernsehen habe ich dann aber erfahren, dass ich eine Zehntelsekunde langsamer war als auf meiner schnellsten Runde. Ich hätte meine Zeit also höchstens minimal verbessern können."

Lorenzo fuhr trotz Rossis Blockade zur Pole Position, Foto: Bridgestone
Lorenzo fuhr trotz Rossis Blockade zur Pole Position, Foto: Bridgestone

Doch egal ob wenige Tausendstel oder zwei Zehntel, die Frage nach einer Schuld Rossis bleibt. "Ja, Vale hat mich behindert, aber so etwas kann passieren", ist Lorenzo mit dem Trostpreis Pole Position in der Tasche seinem Teamkollegen nicht böse. "Vale hat sich entschuldigt. Mir ist so ein Fehler in der Vergangenheit auch schon mit anderen Piloten unterlaufen."

Rossi blickte auf die Videowall

War es ein Fehler oder wollte Rossi, wie von manchem Beobachter vermutet, seinen Rivalen Lorenzo im Titelkampf etwas verunsichern? "Ich habe Jorge auf der Videowall gesehen und bin bewusst auf der Ideallinie geblieben, um ihn zu blockieren", erklärte Rossi am Samstagabend. Allerdings mit einem dicken Lausbubenlächeln im Gesicht, wie man es von ihm gewohnt ist. Der Routinier hatte seine Aussage definitiv nicht ernst gemeint.

Rossi war wie gewohnt zu Scherzen aufgelegt, Foto: Tobias Linke
Rossi war wie gewohnt zu Scherzen aufgelegt, Foto: Tobias Linke

Rossi schilderte dann auch bereitwillig seine Sicht der Dinge: "Es war mein Fehler. Ich habe auf die Videowall geschaut um zu sehen, ob ich noch für eine weitere Runde Zeit habe. Wo Jorge war, konnte ich nicht genau erkennen. Ich dachte, er liegt noch ein Stück hinter mir, doch er war dann doch näher dran. Ich habe noch versucht auszuweichen, als ich es begriffen habe, aber da war es schon zu spät. Es tut mir leid, dass ich ihn behindert habe." Diese Entschuldigung half Rossi bei der Rennleitung aber auch nicht weiter. Die Herren rund um Mike Webb bestraften den Altmeister mit einem Penalty Point.

Alles eitel Wonne bei Yamaha

Das Verhältnis zwischen Rossi und Lorenzo wirkte nach der kleinen Auseinandersetzung aber nach wie vor gut. Die Stallgefährten scherzten in der Pressekonferenz am Samstagabend gut gelaunt miteinander. Der große Psychokrieg im Hause Yamahas bleibt also nach wie vor aus, die beiden Superstars konzentrieren sich auf die sportliche Komponente.