Es ist schwer zu sagen, ob jede Minute auf der Rennstrecke einen Fahrer vorwärts bringt. Valentino Rossi und Marc Marquez hatten die Möglichkeit, die neue Asphaltierung des "World Circuit Marco Simoncelli" schon vor dem Großen Preis von San Marino zu testen, wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Maschinen.

Die Gründe für diese Probefahrten sind unterschiedlich. Für Rossi ist kein Rennen im MotoGP-Kalender mehr Heimrennen als der Misano-GP. Die Strecke ist etwa zehn Kilometer von seiner Heimatstadt Tavullia entfernt. Deshalb drehte der WM-Führende bereits einige Runden mit einer Yamaha R1, bevor er an diesem Wochenende den Prototypen um die Strecke bewegen darf. Was zunächst nach einem Bruch mit dem Reglement klingt, ist aber keineswegs so. Solange sich der Doktor an das Testverbot vor dem GP hält und die serienmäßige R1 benutzt, kann die Rennleitung ihn dafür nicht belangen.

Auch ohne Vorab-Runden konnte sich Rossi in Silverstone durchsetzen, Foto: Milagro
Auch ohne Vorab-Runden konnte sich Rossi in Silverstone durchsetzen, Foto: Milagro

Vorteil für Rossi?

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob Rossi dadurch einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten hat. Sein momentan ärgster Rivale Jorge Lorenzo sieht der Sache gelassen entgegen. "Wenn wir das Rennen mit R1s fahren würden, dann wäre es ein großer Vorteil", scherzt der Mallorquiner. "Natürlich ist es besser, mit einem Bike zu trainieren. Die R1 ist dem MotoGP-Bike sehr ähnlich, der Unterschied liegt bei vielleicht vier, fünf oder sechs Sekunden. Trotzdem ist es kein großer Vorteil."

Jedoch ist Rossi neben Marquez als einziger Fahrer in der Lage, vor dem ersten Training etwas über den neuen Asphalt der Strecke zu sagen. "Nach dem letzten Rennen haben wir in der Sicherheitskommission beschlossen, dass wir einen neuen Asphalt wollen", so der 36-Jährige. "Sie haben einen wirklich guten Job gemacht, die Bodenwellen-Situation hat sich verbessert und der Asphalt hat mehr Grip. Jetzt müssen wir sehen, ob der Extra-Grip die Sache für die Yamaha besser oder schlechter macht."

Im Vorteil sieht sich Rossi durch sein Training mit der R1 trotzdem nicht. "Hier zu trainieren hat vor allem physische Gründe", erklärt Rossi. "Das Motorrad ist anders, die Linien sind komplett anders. Genau wie Marc habe ich den neuen Asphalt schon probiert, aber morgen wird es jeder schnell verstehen. Zwischen ihm und mir gibt es keinen großen Unterschied."

Auch Marc Marquez hat mit der aktuellen RC213V schon viele Runden in Misano gedreht, Foto: Repsol Honda
Auch Marc Marquez hat mit der aktuellen RC213V schon viele Runden in Misano gedreht, Foto: Repsol Honda

Vorteil für Marquez?

Während Rossi sogar des Öfteren an der italienischen Adria testet, hatte Weltmeister Marquez nur einmal die Chance, in Misano zu testen. Im Gegensatz zu Rossi aber ganz offiziell als Privattest mit seinem Team. Für Marquez bedeutete das Runden auf dem neuen Asphalt mit der aktuellen und der nächstjährigen Version der Honda RC213V. Deshalb sieht Lorenzo Marquez auch im Vorteil. "Marc hat einen größeren Vorteil als Valentino, weil er mit einem richtigen MotoGP-Bike getestet hat", so der 28-Jährige.

Marquez selbst sieht seinen vermeintlichen Vorteil eher gering. "Es kann vielleicht ein kleiner Vorteil im ersten Training sein", so der zweifache MotoGP-Champ. "Aber im zweiten Training ist jeder schnell." Als Vergleich verweist der Repsol Honda-Pilot auf das letzte Jahr. "Letztes Jahr haben wir in Brünn getestet und dann war es das schlechteste Rennen der Saison", erinnert sich der Katalane. "Das bedeutet also nicht, dass nach einem Test auch das Wochenende dort automatisch gut wird."

Auch das Wetter spielt der Meinung des 22-Jährigen nach eine entschiedene Rolle. "Im Sommer hatte die neue Oberfläche sehr viel Grip", stellt Marquez fest. "Meine Rundenzeit war um eine Sekunde schneller, also wird es interessant sein, zu sehen, wie unsere Zeiten am Freitag sind. Bei kühleren Temperaturen werden wir sogar noch schneller."