Die Redaktion von Motorsport-Magazin.com ist ein Team, doch regelmäßig teilt es sich in zwei Lager - eines huldigt den Helden auf zwei, das andere denen auf vier Rädern. Argumente haben beide Seiten. Hier die Plädoyers der Motorrad- und Formel-1-Fraktion:

Echtes Racing, echte Kerle, echte Begeisterung

In der MotoGP stehen Zweikämpfe auf der Tagesordnung, Foto: Repsol Honda
In der MotoGP stehen Zweikämpfe auf der Tagesordnung, Foto: Repsol Honda

Die Frage, ob nun die MotoGP oder die Formel 1 die Königsklasse des Motorsports darstellt, ist eigentlich in etwa so schwer zu beantworten, wie jene, ob für uns Journalisten der Computer im Vergleich zur Schreibmaschine ein Fortschritt war. Der Computer kann alles, was sein analoger verwandter auch konnte, nur eben besser und dazu noch viele andere Dinge. So ähnlich ist es auch mit der MotoGP und der Formel 1.

Schon klar, die Herren auf vier Rädern bieten vereinzelt durchaus gutes Racing. Doch um ähnlich viele epischen Schlachten, wie wir sie alleine in der bisherigen MotoGP-Saison gesehen haben, zu finden, muss man in den Videoarchiven der Formel 1 schon weit zurückblicken. Die Zweiradartisten bieten echten Rennsport. Hart, aber fair. Ellbogen an Verkleidungsteil. Notfalls auch mal ein paar Meter neben der Strecke. Ohne Gejammer am Funk. Der Handschlag noch auf der Auslaufrunde ist obligatorisch. Ärger über eine Niederlage kommt vor, weicht aber meist schnell dem Respekt vor der Leistung des Gegners.

MotoGP-Piloten sind ja schließlich auch nur Menschen. Und sie dürfen es auch in ihrem Beruf noch sein! Echte Charaktere, mit Ecken und Kanten. Die sagen, wenn ihr Rennen Scheiße war. Und die zugeben, wenn ihnen in einer bestimmten Situation das Wörtchen 'Fuck' durch den Kopf geht. Rossi, Marquez und Co. sind allesamt nicht auf den Mund gefallen. Ein Umstand, der die Pressekonferenzen nach den Grands Prix oft ähnlich unterhaltsam ausfallen lässt, wie die vorangegangenen Rennen. Kein 08/15-PR-Gewäsch, sondern ehrliche Worte. Nach Siegen, ebenso wie nach Niederlagen.

Die Fans danken es ihren Helden mit beinahe bedingungsloser Verehrung. Die MotoGP ist nicht nur im Fernsehen ein echter Renner, sondern vor allem auch an der Strecke. Praktisch an jedem Wochenende der Saison 2015 dürfen die Veranstalter neue Zuschauerrekorde vermelden. Knapp eine Viertelmillion Menschen pilgerte in den letzten Tagen nach Brünn, 138.752 bevölkerten alleine am Sonntag die Naturtribünen an der Traditionsrennstrecke. Werte, von denen jede andere Motorsportserie auf diesem Planeten nur träumen kann.

Und das mit Recht! Die MotoGP hat alles, was das Racer-Herz begehrt. Unfassbare Zweikämpfe auf der Strecke, coole Typen abseits davon, tolle Frauen an ihren Seiten und Fans, die diese Bezeichnung auch verdienen. Wer das alles nicht geil findet, ist selbst schuld.

Die Motorrad-Redakteure von Motorsport-Magazin.com

Die Königsklasse: Der Name ist Programm

Was den schieren Speed betrifft fährt die Formel 1 in einer eigenen Liga, Foto: Sutton
Was den schieren Speed betrifft fährt die Formel 1 in einer eigenen Liga, Foto: Sutton

Königsklasse des Motorsports - noch irgendwelche Fragen? Was draufsteht, ist auch drin. Warum? Ganz einfach: Formel-1-Autos sind seit 65 Jahren die schnellsten Fahrzeuge, die im Kreis - nicht im Oval! - fahren können. Auch wenn wir heute manchmal darüber schimpfen, dass die Formel 1 nicht mehr schnell genug sei, an dieser Stelle ein kleiner Vergleich aus Silverstone:

  • 2015 Formel 1 Pole-Zeit: 1:32,248 Minuten
  • 2015 WEC-Pole-Zeit: 1:39,534 Minuten
  • 2014 MotoGP-Pole-Zeit: 2:00,829 Muinuten

Mehr brauchen wir dazu nicht sagen. Q.E.D. Was zu beweisen war.

Klar, den Fan interessiert nicht nur die absolute Geschwindigkeit. Uns auch nicht. Ein Spektakel muss geboten werden. Deshalb gibt es in der MotoGP die von Lauda gelobte Open-Klasse. Diese Klasse sorgt dafür, dass auch unterlegene Privatteams mitfahren können. Mit Erfolg? Nein. Am Ende machen es Yamaha und Honda IMMER unter sich aus. 2010 gewann zuletzt ein anderer Hersteller ein Rennen. Dagegen ist die Formel 1 ein purer Segen an Vielfalt. Eine Open-Klasse brauchen wir nicht. In der Formel 1 fahren alle unter gleichem Reglement in etwa in den gleichen Abständen wie in der MotoGP - dort mit unterschiedlichen Regeln.

In der Formel 1 konnten in den letzten Jahren mehr als nur zwei Teams gewinnen, Foto: Sutton
In der Formel 1 konnten in den letzten Jahren mehr als nur zwei Teams gewinnen, Foto: Sutton

Der Formel 1 wird auch immer mal wieder vorgeworfen, die Fahrer hätten zu wenig Einfluss. Alles macht das Auto. Zu einfach zu fahren und zu wenig Möglichkeiten, sich zu beweisen. Dann fragen wir uns, warum Sebastian Vettel 160 Punkte hat und Kimi Räikkönen 76 - im gleichen Auto. Der Fahrer kann sehr wohl den Unterschied machen. Und dass es nicht so einfach ist, ein Formel-1-Auto am Limit zu bewegen, das beweist Pastor Maldonado jedes zweite Rennwochenende eindrucksvoll. Traktionskontrolle und Stabilitätsprogramme gibt es bei uns nämlich nicht.

Die Dinger sind schnell, die Fahrer die besten der Welt - und jedes Jahr faszinieren uns die Ingenieure aufs Neue. In der Formel 1 sieht man, was heutzutage technisch möglich ist, mit welcher Technik unsere Autos in zehn Jahren rumfahren werden. Jedes Auto sieht anders aus, überall gibt es andere mehr oder weniger geniale Kniffe. Liebe Kollegen der Motorrad-Fraktion: Könntet ihr eure japanischen Reisschüssel auseinanderhalten, wenn sie einheitlich lackiert wären? Wir können das...

Die Formel-1-Redakteure von Motorsport-Magazin.com