Stefan, du bist auf uns zugekommen und wolltest ein paar Dinge klarstellen, nachdem der ADAC in Person von Motorsport-Kommunikationschef Kay-Oliver Langendorff auf deine Kritik geantwortet hat.
Stefan Bradl: Genau. Was Herr Langendorff da sagt, finde ich nicht ganz okay. Deshalb möchte ich da einiges berichtigen. Er ist ja der Meinung, dass ich durch meinen jugendlichen Leichtsinn vergessen habe, dass mich der ADAC gefördert hat. Das ist so nicht richtig. Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich 2003 im Red Bull Rookies Cup auch vom ADAC unterstützt wurde. Der ADAC stellt das aber so hin, als hätte er die ganze Serie damals alleine finanziert.

Hast du jemals mit Kay-Oliver Langendorff über dieses Thema gesprochen?
Stefan Bradl: Ich kenne den Herrn gar nicht. Ich habe ihn noch nie bei einem Grand Prix gesehen. Ich weiß nicht, wie gut er über das ganze Thema Bescheid weiß, aber seine Aussagen müssen berichtigt werden. So locker flockig wie die Gegendarstellung von seiner Seite da ausgefallen ist - wahrscheinlich von irgendeinem Schreibtisch aus - das geht mit mir nicht. Ich sag wie es ist, auch wenn ich damit an sämtlichen Fronten wie DMSB und ADAC anecke. Wenn da nicht angepackt wird, sieht es schlecht aus. Deshalb versuche ich, mit meiner Kritik etwas ins Rollen zu bekommen. Ich mach mir wirklich Sorgen um den deutschen Nachwuchs. Wir haben da schwere Probleme. Das wurde in den letzten zehn Jahren komplett verschlafen. Es ist höchste Eisenbahn.

Seit Philipp Öttl 2013 konnte sich kein Deutscher mehr in der WM etablieren, Foto: Simninja
Seit Philipp Öttl 2013 konnte sich kein Deutscher mehr in der WM etablieren, Foto: Simninja

Zurück zu deiner Karriere und dem Verhältnis zum ADAC. Wie hat die Finanzierung zu deiner Zeit im Red Bull Rookies Cup denn tatsächlich ausgesehen?
Stefan Bradl: Ich beziehungsweise meine Eltern mussten das gesamte Startgeld und die Reparaturkosten selbst bezahlen, so wie alle anderen Teilnehmer auch. Die Serie selbst wurde auch von Honda sowie den Lederkombi- und Helmfirmen unterstützt. Der ADAC hat also die Serie nicht alleine bezahlt, so wie sie das darstellen. Er hat sicher einen Teil abgedrückt, aber ich im Speziellen wurde definitiv nicht gefördert. Der ADAC hat einen Cup unterstützt und an dem hab ich teilgenommen. Das war's.

Es gab dann aber noch weitere Verbindungen in deiner Karriere zwischen dir und dem ADAC.
Stefan Bradl: Ja, 2005 bestand eine Zusammenarbeit zwischen dem Red Bull KTM Junior Team und dem ADAC. Da war es ganz ähnlich. Der ADAC hat gemerkt, dieses neue Team in der deutschen Meisterschaft ist relativ erfolgreich. Daraufhin ist der ADAC mit einer Kooperation eingestiegen.

Wie sah diese Zusammenarbeit genau aus?
Stefan Bradl: Im Prinzip haben sie nur einen gelben Aufkleber auf das Motorrad draufgemacht. Die Unterstützung fiel relativ gering aus. Sie wollten wieder groß auftreten. An diese Förderung, von der Herr Langendorff spricht, kann ich mich aber nicht erinnern. Viele Leute die damals dabei waren, wie Michael Ranseder, sehen das übrigens gleich.

Die Förderung des ADAC war in deiner Jugend also teilweise nicht so, wie es versprochen war?
Stefan Bradl: Die war nie so wie versprochen! Sie haben sich immer in den Vordergrund gestellt und erzählt, dass sie dieses und jenes Programm fördern, aber schlussendlich ist nie etwas rausgekommen. Sie haben sich finanziell beteiligt, aber das kann man nicht als Förderung meiner Person ansehen. Gefördert wurde ich von KTM und Red Bull. Die haben mir und Michi Ranseder den Weg in die Weltmeisterschaft geebnet. Beim damals wenig erfolgreichen Schritt in die WM 2006 war der ADAC weg. Die haben sich nur eingeklinkt als sie gesehen haben, dass das Red Bull KTM Junior Team in der IDM das Maß der Dinge ist.

Es wurden von 2002 bis 2004, als es den Red Bull Rookies Cup in Deutschland gab, aber schon eine Fahrer vom ADAC wirklich gefördert.
Stefan Bradl: Ja, ich war aber nicht dabei. Das waren damals Georg Fröhlich, Matti Seidl, Toni Wirsing, Mike Minnerop, Joshua Sommer und noch ein sechster Pilot, an den ich mich nicht mehr erinnern kann. Ohne jetzt jemanden beleidigen zu wollen, aber wo sind diese Leute jetzt? In der WM? Eher nicht.

Also denkst du, dass vielleicht die falschen Piloten gefördert werden?
Stefan Bradl: Neben mir gibt es aktuell zwei deutsche Grand-Prix-Sieger in der WM. Sandro Cortese ist aus der Mini Bike gekommen und auf Eigeninitiative mit Dirk Raudies zwei Jahre in der deutschen Meisterschaft durchgestartet. Soweit ich weiß auch ohne jegliche Unterstützung vom ADAC. Von dort aus hat er es dann in die WM geschafft. Jonas ist relativ früh nach Spanien in die Red Bull Academy gekommen. Ich glaub, dass sich auch da die Unterstützung in Grenzen gehalten hat.

Auch Cortese und Folger gingen ihren Weg hauptsächlich ohne Support des ADAC, Foto: Milagro
Auch Cortese und Folger gingen ihren Weg hauptsächlich ohne Support des ADAC, Foto: Milagro

Liegt das Problem eher in der Art oder dem Ausmaß der Förderung?
Stefan Bradl: Die letzten 15 Jahre war die Förderung generell enden wollend. Der Aufwand war minimal und es wurde nur versucht, maximalen Werbeeffekt zu erzielen. Das scheint die Strategie des ADAC in der Unterstützung des Motorradsports zu sein. Im Vierradbereich wird da schon anders angepackt. Da ist im Motorradbereich in jeglicher Hinsicht Handlungsbedarf da.

Was bringt dich zu dieser These, dass dem ADAC der Vierradsport wichtiger ist?
Stefan Bradl: Vielleicht haben sie da bessere Kontakte. Ich weiß es nicht. Das war einfach immer schon so. Mein Papa hat das früher schon betont, als ich 12, 13 oder 14 Jahre alt war. Damals habe ich die ganze Situation natürlich noch nicht so überblickt, aber er hat mich schon vor dem ADAC gewarnt. Das ist einfach ein Verein, bei dem man nicht durchblickt.

Der ADAC Junior Cup ist die wohl wichtigste Komponente in der Nachwuchsförderung des ADAC. Wie siehst du diese Serie?
Stefan Bradl: Ich weiß nicht genau wie stark der Junior Cup aktuell ist, glaube aber nicht, dass da große Talente rauskommen. Man muss natürlich auf die Kosten schauen, aber man muss hinterfragen, ob die 390er KTM das richtige Motorrad ist für die Jungs und ob das Förderprogramm so richtig ist. Vielleicht braucht es auch einen erfahrenen Riding Coach. Man muss sich einfach Gedanken machen, aber das ist nicht mein Job. Der ADAC kommt ja auch nicht auf mich oder andere Fahrer zu und fragt uns um Hilfe. Sie scheinen zu glauben, dass sie eh alles wissen, aber irgendwie kommt halt nie etwas heraus dabei.

Im ADAC Junior Cup wird mit 390er KTMs gefahren, Foto: ADAC/Schneider
Im ADAC Junior Cup wird mit 390er KTMs gefahren, Foto: ADAC/Schneider

Wärst du als Fahrer bereit zu helfen, wenn jemand auf dich zugeht?
Stefan Bradl: Wenn man mich fragen würde wäre ich der Letzte der sagt, dass mich das nicht interessiert. Ich bin ja immerhin schon ein paar Jahre in der MotoGP, also an der Weltspitze, aber mein Rat ist ihnen anscheinend nicht wichtig.

Welchen Rat würdest du denn einem jungen Fahrer jetzt geben, der den Sprung in die WM schaffen will?
Stefan Bradl: Das ist aktuell wohl nur über Eigeninitiative machbar. Es gibt schon ein paar Leute, die in den letzten Jahren da viel gemacht haben. Adi Stadler (Anm. d. Red: Stadler ist für Honda in der Nachwuchsarbeit tätig) reißt sich wirklich den Arsch auf. Adi hat sehr viel Erfahrung, war selbst Rennfahrer und weiß, wie man das machen muss. Er hat mich und viele andere Piloten gefördert, aber er kämpft gegen den ADAC auch mit stumpfen Waffen. Der hat mittlerweile deshalb auch ziemlich genug davon und hat sich etwas zurückgezogen. Man muss sich also wohl ein eigenes Team schaffen. Im Gegensatz zum italienischen Verband beispielsweise unterstützt der ADAC ja auch keinen deutschen Rennstall in der WM.

Siehst du aktuell einen deutschen Piloten, der es in die WM schaffen könnte?
Stefan Bradl: Mir fällt keiner ein. Ich hab die zwei Wildcard-Piloten, Jonas Geitner und Max Kappler, am Sachsenring beobachtet, aber die waren ganz weit weg von WM-Niveau. Markus Reiterberger könnte vielleicht von der IDM Superbike in die Superbike-WM und dann irgendwie in die Moto2 kommen. Er hat auf jeden Fall Talent, Biss und eine Zukunft vor sich. In welcher Kategorie kann man nicht sagen.

Danke für die ehrlichen Worte, Stefan.
Stefan Bradl: Ich sag Danke.