Auch Tag zwei des Deutschland-GP am Sachsenring brachte ein eindeutiges Ergebnis. Weltmeister Marc Marquez dominierte einmal mehr nach Belieben. Nach den Bestzeiten in FP1 und FP2 sicherte sich der Repsol-Honda-Star auch die Spitzenposition in den beiden Freien Trainings am Samstag, ließ in der Haupt-Qualifikation Q2 dann gar den aberwitzigen Rundenrekord von 1:20.336 Minuten folgen. Seine eigene Rekord-Zeit aus dem Vorjahr unterbot MM93 somit um mehr als 0,6 Sekunden.

Marquez-Teamkollege Dani Pedrosa zeigte sich am Samstag ebenfalls von seiner besten Seite, wird das Rennen am Sonntag als Zweiter aufnehmen. Im Yamaha-internen Kampf um die Weltmeisterschaft meldete sich Jorge Lorenzo mit Platz drei und Sieg im Qualifying gegen Valentino Rossi (P6) eindrucksvoll zurück. Ducati merzte ein bislang eher schwaches Wochenende durch die Startplätze vier und fünf für Andrea Iannone und Satelliten-Fahrer Yonny Hernandez zumindest ein wenig aus.

Doch ist Repsol Honda auch bei den Longruns derart unantastbar? Wie schlagen sich Lorenzo und Rossi im Vergleich mit der Spitzen-Konkurrenz? Und was kann Ducati am Sachsenring wirklich ausrichten? Motorsport-Magazin.com prüft die Top-Piloten auf Herz und Nieren und analysiert die Sieg-Chancen der Stars.

Im Vorjahr standen Marquez, Pedrosa und Lorenzo am Sachsenring auf dem Podium, Foto: Milagro
Im Vorjahr standen Marquez, Pedrosa und Lorenzo am Sachsenring auf dem Podium, Foto: Milagro

Die Sieg-Favoriten

Marc Marquez: Folgt nach knapp drei Monaten ohne Sieg die Auferstehung des Weltmeisters? Alles, aber auch wirklich alles spricht derzeit dafür. Sowohl auf einzelne schnelle Runde als auch im Longrun zeigte sich Marquez in unantastbarer Form. Vor allem die Rennsimulationen in FP2 und FP4 sollten die Konkurrenz ernüchtern lassen. Im Vierten Freien Training brannte Marquez mittlere bis hohe 1:21er-Runden in Serie in den Asphalt – und das quasi ohne jeglichen zeitlichen Ausrutscher.

Klar sind "Verkehrslage" auf dem engen Sachsenring, Spritmenge, Reifenzustand und Trainingsprogramm Variablen bzw. Unbekannte, die das bislang offenbarte Ergebnis etwas verwässern können. Die konstante Dominanz Marquez‘ über beide Tage hinweg lässt jedoch kaum Zweifel daran, dass der Spanier für den Moment alle Trümpfe für Sonntag in der Hand zu halten scheint. Einzig ein starker Reifenabbau in der zweiten Rennhälfte – den auch Marquez am Freitag explizit als mögliche Achillesferse nannte – könnte dem Superstar wohl noch einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Ansonsten scheint Sachsenring-Sieg Nummer sechs in Serie wohl nicht mehr zu sein als Formsache.

Marc Marquez scheint am Sachsenring einmal mehr in eigener Welt unterwegs zu sein, Foto: Tobias Linke
Marc Marquez scheint am Sachsenring einmal mehr in eigener Welt unterwegs zu sein, Foto: Tobias Linke

Jorge Lorenzo: Startplatz drei, der beste Starter im Feld, ultra-konstante Longruns im zweistelligen Rundenbereich mit Zeiten um die 1:22.0 Minuten: Der aktuell WM-Zweite scheint in der Addition der bisherigen Sessions Marquez‘ ärgster Favorit zu sein. Sollte sich Lorenzo mit freier Fahrt aus Startreihe eins früh an die Spitze setzen können, sollte der Riege der Sieganwärter einiges an Ungemach drohen.

Wie bereits Tech3-Pilot Bradley Smith am Freitag offenbarte, ist es selbst mit einem Geschwindigkeitsüberschuss von 0,3 Sekunden pro Runde am engen und verwinkelten Sachsenring extrem schwierig, gefahrlos Überholmanöver zu setzen. Auch Marquez könnte also Schwierigkeiten bekommen, am "Metronom" Lorenzo vorbeizugehen, sollte sich dieser einmal vorne festgesetzt haben. Dem Start und der Anfangsphase kommt also einmal mehr eine außerordentlich Bedeutung zu.

Niemand fährt konstante Runden wie Metronom Jorge Lorenzo, Foto: Simninja
Niemand fährt konstante Runden wie Metronom Jorge Lorenzo, Foto: Simninja

Lorenzos unglaubliche Longrun-Konstanz über beide Tage legt nahe: Der spanische Superstar sollte die Renndistanz von 30 Runden problemlos komplett mit Zeiten um die 1:22.0 Minuten bestreiten können. Marquez war bei seinen Rennsimulationen zwar konstant um die 0,3 Sekunden im Durchschnitt schneller, ob die Reifen dieses Niveau jedoch bis zum Ende durchhalten, bleibt abzuwarten. Das "schwarze Gold" Bridgestones könnte also tatsächlich zum Zünglein an der Waage im Siegkampf werden. Lorenzo darf niemals abgeschrieben werden. Ein Podest-Platz scheint bei normalem Rennverlauf nahezu unumstößlich.

Dani Pedrosa und Valentino Rossi: Der Qualifikations-Zweite Pedrosa und WM-Leader Rossi liegen am Wochenende bei den Longruns bislang zumindest auf dem Papier quasi gleichauf, sollten beide mindestens in den Kampf ums Podest eingreifen können.

Für Pedrosa wird es massiv darauf ankommen, endlich einmal wieder einen seiner einst berüchtigten Traumstarts auf die Strecke zu zaubern. Findet der kleine Katalane früh seinen Rhythmus, ist ihm ein Angriff auf Marquez, Lorenzo und den Sieg mehr als nur zuzutrauen. Mit bislang vier Triumphen ist Pedrosa in der Königsklasse der Motorrad-Weltmeisterschaft nach wie vor der erfolgreichste Fahrer aller Zeiten. Viel wird für Pedrosa auch auf die Reifenwahl ankommen…

Valentino Rossi platzierte sich nach Fehlern lediglich als Sechster, Foto: Simninja
Valentino Rossi platzierte sich nach Fehlern lediglich als Sechster, Foto: Simninja

Rossi ist einer der wenigen Fahrer, der auch aus schlechteren Startpositionen und nach durchwachsenen ersten Runden noch erfolgreiche Angriffe auf Sieg und Podest fahren kann. Mit Platz sechs steht der "Doktor" in Starreihe zwei jedoch alles andere als schlecht dar und sollte sich mit einem nur halbwegs gelungen Start leicht in die absolute Spitzengruppe schieben können. Klar ist jedoch: Rossi muss mit seinem Team bis zum Warm-Up einmal mehr noch hart arbeiten und am Setup zaubern, wenn er Marquez Paroli bieten will. Dass dies für den "Sonntagsfahrer" schlechthin allerdings eine der leichteren Übungen ist, hat Rossi schon zu oft bewiesen.

Ducati: Der "Absturz" des WM-Zweiten sollte auch beim Deutschland-GP seine Fortsetzung finden. Dass Andrea Iannone mit dem Vorteil der extraweichen Open-Hinterreifen quasi auf Knopfdruck eine Traumrunde im Qualifying produzieren kann, ist alles andere als ein Geheimnis. Auch wenn der Maniac seine zuletzt beeindruckenden Renn-Leistungen am Sachsenring wiederholen kann, führt an den Werks-Hondas und -Yamahas dieses Mal jedoch definitiv kein Weg vorbei. Teamkollege Andrea Dovizioso scheint als Zehnter bereits jetzt aus dem Rennen, zumal beide Andreas beim Longrun gegenüber der Spitze doch klare Defizite offenbarten.

Ducati-Satellitenpilot Yonny Hernandez darf sich heute für seine Top-Qualifikations-Leistung und Startplatz fünf feiern lassen. Am Sonntag wird sich der sympathische Kolumbianer aber zweifellos ausschließlich nach hinten orientieren müssen. Eine Platzierung in den Top-10 ist ihm aber allemal zu wünschen.

Die Tipps der Redaktion:

Samy Abdel Aal: Für mich wird das morgen eine klare Geschichte. Marquez gewinnt vor Lorenzo und Pedrosa, sichert sich so den ersten Sieg seit seinem überlegenen Triumph beim zweiten Saisonrennen in der texanischen Hauptstadt Austin. Lorenzo wird sich einmal mehr stark präsentieren, zieht auf der "Honda-Strecke" jedoch letztlich den Kürzeren. Pedrosa schlägt Rossi im Kampf um den verbleibenden Podestplatz und sorgt somit dafür, dass der "Doktor" erstmals in dieser Saison nicht an der Champagnerdusche teilnehmen kann.

Samys Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Lorenzo, 3. Pedrosa

Jonas Fehling: Alle Sessions gewonnen, überlegener Rundenrekord im Qualifying: Ich darf doch sehr bitten - wer zum Donner soll diesen Typ schlagen? Dass Marc Marquez das Rennen auf dem Sachsenring gewinnen wird, steht außer Frage. Spannend wird es erst dahinter. Dani Pedrosa zeigt zunächst ein richtig starkes Rennen, stürzt aber beim verzweifelten Versuch seinem magischen Teamkollegen zu folgen. Es jubelt das Yamaha-Duo - obwohl die eigentlich mehr mit sich selbst beschäftigt sind: Valentino Rossi und Jorge Lorenzo geben es sich so richtig. Das bessere Ende erwischt Rossi, Herr der letzten Runde.

Jonas' Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Rossi, 3. Lorenzo

Die MSM-Redakteure sind sich einig: Marc Marquez feiert seinen sechsten Sachsenring-Sieg in Serie, Foto: Repsol
Die MSM-Redakteure sind sich einig: Marc Marquez feiert seinen sechsten Sachsenring-Sieg in Serie, Foto: Repsol

Michael Höller: Am Sachsenring führt einfach kein Weg an Honda vorbei, weshalb die Jungs am Sonntag auch einen Doppelsieg feiern werden. Da Marquez der bislang stärkere der beiden Werksfahrer war, siegt er vor Pedrosa. Platz drei machen sich Lorenzo und Rossi untereinander aus. Hier hoffe ich auf ein ähnlich spannendes Duell wie Marquez vs. Rossi vor zwei Wochen in Assen.

Michaels Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Pedrosa, 3. Rossi

Heiko Stritzke: Klare Sache: MM93 ist hier nicht zu schlagen. Er Dirt-Trackt sich zum Sieg, dahinter wird es spannend: Pedrosa, Lorenzo und Rossi kämpfen bis zur letzten Runde, hinten raus ist die Yamaha stärker.

Heikos Top-3-Tipp: 1. Marquez 2. Lorenzo 3. Rossi

Markus Zörweg: Marc Marquez feiert am Sachsenring seine endgültige Auferstehung. Der Repsol-Honda-Pilot wird sich im Rennen erneut einen packenden Zweikampf um den Sieg liefern, doch dieses Mal hat die Nummer 93 das bessere Ende für sich. Dani Pedrosa kann die Pace der beiden Superstars nur in der Anfangsphase mitgehen und bröckelt im Laufe des Grand Prix ab. Für Rang drei reicht es dennoch.

Markus' Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Rossi, 3. Pedrosa