Alex, das Qualifying hat uns eine spannende Startaufstellung beschert: Rossi ganz vorne, Lorenzo nur in Reihe drei. Was können wir vom morgigen Rennen erwarten?

Alex Hofmann: Einen Knüller! Es ist echt alles drin morgen. Rossi wird um den Sieg fahren vor so vielen seiner Fans. Lorenzo wird das heutige Ergebnis aber sich nicht auf sich sitzen lassen. Auch Marquez ist vom Speed gut genug, um da vorne mitzufahren. Er muss noch eine Zehntelsekunde finden. Allerdings ohne zu großes Risiko zu gehen und am Ende wieder auf der Nase zu liegen. Ich glaube, das könnte morgen eine ordentliche Schlacht werden. Vielleicht auch mit Aleix, der hoffentlich ein paar Runden mitmischen kann. Bis zur ersten Kurve hat er es ja hier nicht so weit.

Du hast also keinen Favoriten für den Renn-Samstag?

Alex Hofmann: Es wird auf jeden Fall spannend, denn ich sehe jetzt keinen Megadominator. Am ehesten vielleicht noch Vale, wenn sich die anderen gegenseitig ins Gehege kommen. Aber da reden wir von maximal einer Zehntel pro Runde, die er eventuell schneller ist. Die Dutch TT wird auch dann ein Knüller, falls es morgen konstante Wetterverhältnisse geben sollte.

Wie erklärst du die die knappen Abstände, die wir hier in den meisten Sessions hatten?

Alex Hofmann: Jetzt erntet man die Früchte, die man in den letzten drei bis vier Jahren gesät hat. All die Änderungen am Regelwerk der letzten Jahre ermöglichen solche knappen Ergebnisse. Dorna und FIM haben ein ideales Spielfeld geschaffen. Die MotoGP ist jetzt wie ein gut gepflegter Fußballplatz, wo jeder All-In gehen kann. Hätte Ducati den Reifen nicht, würden drei Zehntel fehlen und die ganze Sache wäre schon nicht mehr so eng. Das gilt auch für Suzuki. Damit haben wir schon vier Fahrer, die wegen Privilegien dort sind, aber das ist gut so. Je mehr Fahrer bemerken, dass sie gut aussehen können, desto mehr gehen auch größeres Risiko. Weil wenn du am Start weißt, dass deine Suzuki ohnehin zwei Sekunden langsamer ist, dann brauchst du nicht übermäßig riskieren. Aber wenn zum Beispiel ein Aleix das Gefühl hat, dass er trotz unterlegenem Material vorne mitfahren kann, dann gibt der 200 Prozent.

Das Duell um die WM läuft im Moment auf einen Yamaha-Zweikampf zwischen Rossi und Lorenzo hinaus. Glaubst du dieser Umstand wird ihr Verhältnis wieder verschlechtern?
Alex Hofmann: Definitiv! Anfang des Jahres waren sie für ihre Verhältnisse durchaus ein bisschen sowas wie Freunde. Jetzt hat Rossi aber erkannt, dass er genau hier und jetzt reagieren muss. Er hat so viele Meisterschaften gewonnen und so viele verschiedene Gegner besiegt, die er sowohl auf der Rennstrecke als auch psychisch bekämpft hat. Daher weiß er, dass er genau jetzt Lorenzo den Riegel vorschieben muss, damit dessen Siege kein Selbstläufer werden. Denn dann würde Rossi in die Röhre kucken. Mich erinnert die aktuelle Situation an jene damals mit Stoner in Laguna Seca oder mit Gibernau in Jerez. Irgendwann kommt bei Rossi immer dieser Tag X, an dem er ein derartiges Statement setzt und sagt: "Achtung, Kollege!" Wenn er es damit auch noch schafft, in die Psyche des jeweiligen Konkurrenten zu kommen, dann hat er am Ende eines Jahres das Lächeln meist auf seiner Seite. Rossi wird morgen ein Statement setzen a la Laguna Seca 2008 oder all dieser legendären Rennen.