Es war ein langer Kampf, doch in der Saison 2015 scheint Ducati wieder im Spitzenfeld der MotoGP-Klasse angekommen zu sein. Bei den abschließenden Testfahrten in Katar sicherten sich die zwei Werkspiloten Andrea Iannone und Andrea Dovizioso beide Bestzeiten. Doch wie ist die plötzliche Leistungsexplosion bei den Roten zu erklären? Motorsport-Magazin.com hat sich auf Ursachenforschung begeben und fünf Gründe gefunden:

1. Gigi Dall'Igna

Dall'Igna brachte frischen Wind bei Ducati, Foto: Ducati
Dall'Igna brachte frischen Wind bei Ducati, Foto: Ducati

Seit Gigi Dall'Igna nach dem Saisonfinale 2013 das Kommando bei Ducati Corse übernommen hat geht es bergauf. Nach Jahren voller Chaos und wechselnder Führungspersönlichkeiten, die trotz unterschiedlichster Hintergründe allesamt versagten, kehrte mit Dall'Igna bei Ducati Kontinuität und Ruhe ein. Er war zuvor bereits mit Aprilia in der Superbike-Weltmeisterschaft überaus erfolgreich, sammelte dort Fahrer- sowie Konstrukteurstitel und scheint allen Mitarbeitern bei Ducati wieder den Glauben an sich selbst und das Unternehmen zurückgegeben zu haben.

2. Neustrukturierung

Bei Ducati ziehen aktuell alle an einem Strang, Foto: Milagro
Bei Ducati ziehen aktuell alle an einem Strang, Foto: Milagro

Um Ducati wieder auf Schiene zu bringen, mussten nach Dall'Ignas Übernahme erst einmal die personellen Ressourcen des Unternehmens neu strukturiert werden. Bei seinem Dienstantritt fand er ein völlig gespaltenes Team vor. Die eine Seite arbeitet im Werk in Borgo Panigale stur vor sich hin, der Rest lebte an den Rennstrecken in einer eigenen Welt. Die Kommunikation zwischen den beiden Fraktionen war praktisch nicht vorhanden. Dall'Igna führte die beiden Seiten wieder näher zusammen, schickte ausgewählte Mitarbeiter auch immer wieder in den jeweils anderen Bereich und verbesserte so den Informationsfluss, der für eine ständige Weiterentwicklung unerlässlich ist.

3. Desmosedici GP15

Die Ducati GP15 lief von Beginn an ausgezeichnet, Foto: Ducati
Die Ducati GP15 lief von Beginn an ausgezeichnet, Foto: Ducati

Bei der Ankunft Gigi Dall'Ignas war die Ducati GP14 schon in der Endphase ihrer Entwicklung. Der neue Designer konnte also nicht mehr entscheidend eingreifen und so startete Ducati erneut unterlegen in die Saison. Die GP15 entstand aber von Grund auf am Reißbrett Dall'Ignas und hat sich im Vergleich zu ihrer Vorgängerin in praktisch allen Bereichen verbessert. Wichtigster Fortschritt: Im Gegensatz zu sämtlichen Modellen der letzten Jahre untersteuert die GP15 nicht, was das grundlegende Problem von Ducati beseitigt. Darüber hinaus ist die Maschine deutlich schmäler geworden, was den Piloten die Bewegung auf dem Motorrad erleichtert.

4. Reglement

In der Testsaison 2014 entschied sich Ducati für das Open-Reglement, Foto: Ducati
In der Testsaison 2014 entschied sich Ducati für das Open-Reglement, Foto: Ducati

Keine Frage - bei Ducati hat man in letzter Zeit viel richtig gemacht. Klar ist aber auch, dass die Leistungssteigerung in dieser Form nur durch die Einführung der Open-Klasse im Vorjahr möglich war. Das Open-Reglement sollte die alten CRTs ablösen, war also für kleinere und finanziell schwächere Teams gedacht. Dall'Igna sah aber die Chance, durch eine Meldung in dieser Klasse und der damit verbundenen Chance zur Weiterentwicklung den Rückstand auf die anderen Werke leichter gutzumachen. Eine geniale Entscheidung des Technikgurus, die die Dorna praktisch zur Einführung der Zugeständnisse für erfolglose Werke zwang und so Ducati alle Vorteile der Open-Klasse brachte, aber dennoch die Chance bot, weiterhin ihre eigene Elektronik einzusetzen.

5. Fahrerpaarung

Mit Dovizioso und Iannone verfügt Ducati über zwei der schnellsten Piloten im Feld, Foto: Ducati
Mit Dovizioso und Iannone verfügt Ducati über zwei der schnellsten Piloten im Feld, Foto: Ducati

Gute Motorräder, sinnvolle Strukturen und das passende Reglement bringen einem Hersteller allerdings nichts, wenn man die falschen Piloten auf den Bikes sitzen hat. Cal Crutchlow wurde Vorjahr zum traurigen Beispiel dafür, dass ein durchaus schneller Fahrer auf einem für ihn nicht passenden Motorrad ein echtes Debakel zu erleben scheint. 2015 scheint man mit Andrea Dovizioso und Andrea Iannone aber die ideale Paarung gefunden zu haben. Beide bestreiten schon ihre dritte Saison für Ducati, Dovizioso von Beginn an im Werksteam und Iannone zuvor bei Pramac Racing. Durch ihre unterschiedlichen Herangehensweisen ergänzt sich das Duo zudem ideal. Dovizioso gilt als überlegter Tüftler, während Iannone dafür bekannt ist, immer Vollgas zu geben und am absoluten Limit zu agieren.