Lange wurde sie von den Ducati-Werkspiloten herbei gesehnt: die neue Desmosedici GP15. Bei den ersten Testfahrten des Jahres in Sepang mussten Andrea Dovizioso und Andrea Iannone noch mit der letzten Ausbaustufe des Vorjahresmodells, der GP14.3 vorlieb nehmen, doch bei der Rückkehr nach Malaysia in dieser Woche kam endlich der neue Prototyp zum Einsatz. Gigi Dall'Igna ließ bei der Entwicklung der Maschine, die die erste völlig von ihm designte Ducati ist, keinen Stein auf dem anderen. GP15 und GP14 unterscheiden sich beinahe in jeder Hinsicht. Grund genug, die beiden Motorrädern genauer zu vergleichen.

Das Chassis

GP14 (l.) & GP15 (r.), Foto: Ducati / Motorsport-Magazin.com
GP14 (l.) & GP15 (r.), Foto: Ducati / Motorsport-Magazin.com

Die augenscheinlichsten Veränderungen hat die Desmosedici an ihrem Chassis gemacht. Dieses fällt bei der GP15 deutlich kleiner aus als im Vorjahr. Das soll dem Fahrer einen größeren Bewegungsradius auf der Maschine bieten und die Ducati somit leichter fahrbar machen. Besonders auffällig ist das Chassis-Neudesign in der Frontalansicht, wo sich deutlich erkennen lässt, dass die Maschine um einiges schmaler wurde. Doch auch das Heck der GP15 wirkt viel filigraner als das der Vorgängerin GP14.

Der Rahmen

GP14 (l.) & GP15 (r.), Foto: Ducati / Motorsport-Magazin.com
GP14 (l.) & GP15 (r.), Foto: Ducati / Motorsport-Magazin.com

Doch nicht nur das Chassis, sondern auch der Rahmen, an dem es montiert wird, hat sich verändert. Der Rahmen der GP14 zog sich von der Front der Maschine nur wenig abfallend nach hinten, machte dann einen starken Knick und führte relativ lange senkrecht nach unten. An der GP15 fällt der Rahmen in Richtung des Hecks gleichmäßiger ab. Er beschreibt einen langen Bogen, der sich weit nach unten zieht und so nur ein kleines Stück des Rahmens vertikal abfallen lässt. Das soll der GP15 mehr Flexibilität verleihen.

Der Auspuff

GP14 (l.) & GP15 (r.), Foto: Ducati / Motorsport-Magazin.com
GP14 (l.) & GP15 (r.), Foto: Ducati / Motorsport-Magazin.com

Betrachtet man die GP15 von hinten, sticht als Erstes die neue Auspuffanlage ins Auge. Das Rohr, welches unter der Sitzbank endet, wird nun komplett auf der rechten Seite des Motorrads nach hinten geführt. Bisher verlief je ein Rohr pro Seite, welche dann am Ende zusammentrafen. Das zweite Rohr, das im unteren rechten Bereich des Motorrads endet, fällt bei der GP15 im Vergleich zum Vorjahresmodell deutlich kürzer aus. Reichte es bisher beinahe bis auf Höhe der hinteren Radnabe, ragt nun nur noch ein kleiner Stummel aus der Verkleidung heraus.

Die Analyse

Die GP15 und GP14 stammen zwar aus demselben Werk, sind sich aber in etwa so ähnlich wie Tag und Nacht. Die Vorjahresmaschine untersteuerte chronisch - ein Problem, dass die GP15 nicht im Geringsten kennt. Somit wurde das große Ducati-Problem der letzten Jahre aus der Welt geschafft. Ein derart radikales Re-Design, wie es Gigi Dall'Igna an der Desmosedici vorgenommen hat, bringt aber auch Schwierigkeiten mit sich. "Das Bike ist so anders, dass wir einige extreme Setups ausprobieren müssen, um es richtig zu verstehen", erklärte Dovizioso nach drei Einsatztagen. Vor allem in puncto Bremsperformance sei noch Luft nach oben vorhanden, so der Italiener. Dabei sollte es sich im Normalfall aber nicht um mehr als die üblichen Kinderkrankheiten eines jeden Motorrads handeln. Ducati scheint mit der GP15 also ein echter Durchbruch gelungen zu sein. Die Frage ist lediglich, wie lange es dauert, bis man das Potenzial der Maschine vollständig nutzen kann.

Technische Daten Ducati GP15

Motor: flüssigkeitsgekühlter V4-Viertakter mit 90 Grad Öffnungswinkel und desmodromischer Ventilsteuerung, zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder
Hubraum: 1000cccm
Leistung: mehr als 240PS
Höchstgeschwindigkeit: über 340km/h
Getriebe: stufenloses Getriebe von Ducati (DST)
Benzin: Shell Racing V-Power
Schmierstoff: Shell Advance Ultra 4
Auspuff: Akrapovic
Kette: D.I.D
Rahmen: Aluminium-Doppelprofil
Aufhängung: Öhlins 48mm Vordergabel und Öhlins Stoßdämpfer
Reifen: Bridgestone 16,5" Vorder- und Hinterreifen
Bremsen: Brembo, zwei 320/340mm Carbonscheiben mit Vierkolben-Festsätteln vorne, Stahlbremse mit Zweikolben-Bremssätteln hinten
Trockengewicht: 158kg