Suzuki und Aprilia sind zweifelsohne zwei der größten Marken in der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft. So ähnlich ihre langen Engagements mit vielen Titeln bisher verliefen, so unterschiedlich ist bereiteten sich die beiden Werke aber auf ihren Wiedereinstieg in die Königsklasse vor. Während die Japaner sich in den letzten zwei Jahren akribisch in Richtung Rückkehr vorarbeiteten, verlief die Arbeit am Comeback bei Aprilia etwas holprig. Ursprünglich für 2016 geplant, zog man den Einstieg um ein Jahr vor. Warum ist bis heute nicht klar, doch die Dorna soll dem zum Piaggio-Konzern gehörenden Hersteller mächtig Druck gemacht haben. Klar ist jedenfalls, dass man bei Aprilia noch nicht so weit ist, wie man sein will. In Sepang zeigte sich nun, wie wichtig eine ordentliche Vorarbeit in der MotoGP ist.

Entgegengesetzte Leistungskurven

Am ersten Testtag in Sepang lagen Suzuki und Aprilia in etwa gleich auf. Aleix Espargaro fuhr als besserer der beiden Suzuki-Piloten eine Bestzeit von 2:02.225 Minuten und verlor so 1,963 Sekunden auf Spitzenreiter Marquez, Aprilia-Speerspitze Alvaro Bautista war nur sechs Hundertstel langsamer als Espargaro. Rookie Maverick Vinales lag 2,902 Sekunden hinter der Bestzeit und Marco Melandri hatte mit der zweiten Aprilia 4,240 Sekunden Rückstand.

Aleix Espargaro war vom ersten Tag an bester Pilot auf einem neuen Bike, Foto: Milagro
Aleix Espargaro war vom ersten Tag an bester Pilot auf einem neuen Bike, Foto: Milagro

An Tag zwei gelang den Suzuki-Piloten dann der große Sprung nach vorne. Espargaro machte vier Plätze in der Zeitenliste gut und lag nur noch 1,381 Sekunden hinter der Tagesbestzeit, rund sechs Zehntel weniger als am Vortag. Vinales arbeitete sich sechs Positionen nach vorne und machte rund 1,2 Sekunden gut. Werte, von denen das Aprilia-Duo nur träumen konnte. Bautista und Melandri konnten ihre Zeiten nur minimal verbessern und verloren im direkten Vergleich mit der Konkurrenz so deutlich an Boden und büßten je zwei Plätze ein. Melandri rutschte somit sogar ans Ende des Feldes zurück.

Am dritten und letzten Tag verbesserten sich die Suzuki-Piloten noch einmal deutlich. Aleix Espargaro knabberte sieben Zehntel von seiner bisherigen Bestzeit weg und hielt Rang zehn, Maverick Vinales fand noch einmal eine Sekunde und arbeitete sich um drei Positionen auf den zwölften Platz nach vor. Ein weiterer Rückschritt im Vergleich mit der Konkurrenz war hingegen bei Aprilia zu verzeichnen. Zwar verloren aufgrund der Fabelzeiten von Marc Marquez am Freitag fast alle Piloten etwas an Boden, aber neun Zehntel mehr Rückstand auf die Bestzeit als am Vortag, so wie bei Alvaro Bautista, waren dann doch die Ausnahme. Somit fehlten ihm über drei Sekunden auf die Spitze, Marco Melandris 4,774 Sekunden Rückstand waren schlicht und einfach eine schallende Ohrfeige für den ehemaligen MotoGP-Vizeweltmeister.

Aprilia-Piloten wehren sich gegen RS-GP

Wie lässt sich der starke Leistungsabfall bei Aprilia erklären? Während man bei Suzuki die bei den November-Tests in Valencia erkannten Schwächen wie die mangelnde Zuverlässigkeit ausmerzen und sich somit bereits dem Feintuning der GSX-RR widmen konnte, steht man bei Aprilia praktisch noch am Beginn des Projekts. Den ersten Testtag bestritten Bautista und Melandri noch auf dem Bike, das sie auch in Valencia schon getestet hatten. Diese Maschine ist eine Mischung aus dem RSV4-Superbike und dem ART-Bike, einem Überbleibsel aus der CRT-Ära. An Tag zwei rüstete man dann auf den vollwertigen Prototypen RS-GP um.

Doch die von den Piloten herbeigesehnte neue Maschine wurde zu einer herben Enttäuschung. "Ich habe einen klaren Favoriten und das ist das 2014er-Bike", machte Bautista keinen Hehl aus seinen Vorlieben. "Wir haben nichts Gutes am neuen Motorrad gefunden. Wir haben das Setup vollkommen geändert und versucht, so ein besseres Feeling für das Bike zu bekommen, aber es war vergeblich." Aprilia-Motorsportchef Romano Albesiano gestand ein, dass die RS-GP noch weit von den Maschinen der Konkurrenz entfernt ist: "Wir haben ein völlig neues Motorrad hier hergebracht und müssen einige Dinge ändern. An dieser Maschine haben wir einen ganz anderen Zugang gewählt, um die im Motor entstehenden Vibrationen auszugleichen. Dieser war aber wohl zu extrem."

Bautista fühlte sich auf dem neuen Prototypen gar nicht wohl, Foto: Milagro
Bautista fühlte sich auf dem neuen Prototypen gar nicht wohl, Foto: Milagro

Melandri und Bautista erklärten unisono, dass der neue Prototyp in allen überall Schwächen habe. Das Chassis benötige Verbesserungen, der Motor habe zu wenig Leistung. "Wir müssen uns in allen Bereichen verbessern", gab Albesiano seinen Fahrern Recht. "Wir sind Babys in dieser Klasse. Am Kurveneingang können wir wohl die meiste Zeit gut machen, auf den Geraden weniger. Das Problem ist aber, dass viel leichter zu verstehen ist, was man auf den Geraden braucht, um schneller zu sein - mehr Pferdestärken! In den Kurven ist etwas mehr schwarze Magie nötig, um aufzuholen."

RS-GP langsam und defektanfällig

Bei Suzuki gingen in Valencia im November 2013 die Motoren reihenweise hoch. Sowohl bei Randy de Puniets Wildcard-Einsatz auf der GSX-RR beim Saisonfinale als auch bei den Testfahrten mit Aleix Espargaro und Maverick Vinales gaben mehrere Aggregate den Geist auf. Doch Suzuki arbeitete im Winter intensiv am Reihenvierzylinder und scheint die Probleme behoben zu haben. Kein größerer Defekt bei insgesamt 313 abgespulten Runden durch Espargaro und Vinales an den drei Testtagen - das kann sich sehen lassen.

Auf die Aprilia-Crew wartet noch viel Arbeit, Foto: Milagro
Auf die Aprilia-Crew wartet noch viel Arbeit, Foto: Milagro

Aprilia fuhr mit seinen Einsatzpiloten Bautista und Melandri ebenfalls 313 Runden, doch von Problemlosigkeit war bei der Truppe aus Noale nichts zu sehen. Bei beiden Piloten kam es zu Motorschäden am neuentwickelten Aggregat mit pneumatischer Ventilsteuerung. Abgesehen davon, dass die RS-GP den Maschinen von Honda, Yamaha, Ducati oder Suzuki leistungsmäßig unterlegen ist, mangelt es ihr also auch an Zuverlässigkeit - eine überaus schlechte Kombination für eine Rennmaschine.