Pedrosa und Honda - zwei Namen, die seit vielen Jahren miteinander verknüpft sind. Nun wurde der Vertrag zwischen dem japanischen Hersteller und Pedrosa um zwei weitere Jahre bis Ende 2018 verlängert. Was macht den kleinen Katalanen so begehrenswert, dass sich ein Weltkonzern wie Honda über ein Jahrzehnt an ihn bindet? Siegertyp, Teamplayer, Entwickler - Pedrosa vereint viele positive Eigenschaften in sich, die ihn zu einem der komplettesten Fahrer der MotoGP-Gegenwart aufsteigen ließen. Die erfolgreiche Karriere des 30-Jährigen hatte neben vielen Jubelstunden auch Tiefen, aus denen Pedrosa oft aber gestärkt hervorging. Motorsport-Magazin.com mit einem Versuch, das Phänomen Pedrosa zu ergründen.

Dani, der Siegertyp

In Brünn fuhr Pedrosa seinen 26. MotoGP-Erfolg ein, Foto: Milagro
In Brünn fuhr Pedrosa seinen 26. MotoGP-Erfolg ein, Foto: Milagro

28 - Das ist die Anzahl von Dani Pedrosas Siegen in der Königsklasse des Motorradsports. Damit zählt der kleine Katalane zu den erfolgreichsten Piloten in der Geschichte. Die folgenden Zahlen belegen das eindrucksvoll. Seit 2002 hat Pedrosa in 14 Saisons in Folge mindestens jeweils ein Rennen gewonnen, eine Pole-Position geholt und sechs Podiumsplätze eingefahren. Zu seinen 28 Siegen in der MotoGP gesellen sich 101 Podiumsplätze, 28 Pole Positions und 41 schnellste Rennrunden. Nur Valentino Rossi, Giacomo Agostini, Mick Doohan, Casey Stoner, Mike Hailwood, Eddie Lawson und Jorge Lorenzo konnten mehr Siege in der höchsten WM-Kategorie einfahren als Pedrosa. Was vielen MotoGP-Fans vielleicht gar nicht mehr bewusst ist: Pedrosa ist dreifacher Weltmeister. Zwischen 2003 und 2005 gewann er einmal die 125ccm- und zweimal in Folge die WM der Viertelliterklasse. Ein Titel in der höchsten Klasse war ihm bislang aber nicht vergönnt. 2007, 2010 und 2012 wurde Pedrosa Vizeweltmeister, in den Jahren 2008, 2009 und 2013 immerhin WM-Dritter und noch nie war er schlechter als auf Rang fünf in der Endabrechnung. "Die wichtigste Fähigkeit eines Rennfahrers ist, am Sonntag auf der Strecke schnell zu sein. Das hat oberste Priorität und diese Fähigkeit hat Dani in all seinen Jahren in der MotoGP stets unter Beweis gestellt", erklärte HRC-Teamchef Livio Suppo im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Dass es vollkommen richtig war, dass wir Dani für weitere Jahre an uns gebunden haben, sah man in Brünn. Als Marc dort plötzlich ein schwaches Wochenende hatte, war er da und hat für uns gewonnen", fügte Pedrosas Boss lobend hinzu.

Dani, der Teamplayer

Pedrosa und Marquez haben trotz Zwischenfällen ein ausgezeichnetes Verhältnis zueinander, Foto: Honda
Pedrosa und Marquez haben trotz Zwischenfällen ein ausgezeichnetes Verhältnis zueinander, Foto: Honda

So erfolgreich Dani Pedrosa in seiner bisherigen Laufbahn auch war, seine Teamkollegen waren ab und zu erfolgreicher. 28 Pedrosa-Siegen stehen im selben Zeitraum 48 seiner Teamkollegen gegenüber. Seit seinem MotoGP-Aufstieg 2006 hatte der Katalane mit Nicky Hayden, Andrea Dovizioso, Casey Stoner und Marc Marquez vier verschiedene Stallrivalen. Drei davon musste er bereits zum Titel gratulieren: Hayden 2006, Stoner 2011 und zuletzt Marquez 2013 und 2014. Doch Missgunst oder gar Neid waren Pedrosa stets fremd und so brach er nie offene Konflikte vom Zaun. Boxenwände, wie etwa in der Yamaha-Box am Höhepunkt der Rivalität zwischen Valentino Rossi und Jorge Lorenzo, gab es bei Honda nie. 2013 kam es nach dem Zwischenfall in Aragon, als Marquez Pedrosa ein Kabel abfuhr, was zu dessen Ausfall führte, intern zu einer kleinen Auseinandersetzung, doch seit sich Pedrosa im von seinem langjährigen Manager Alberto Puig getrennt hat, ist bei Honda wieder Ruhe eingekehrt. "Ob sie es mir glauben oder nicht: Dani kann mit Marcs Dominanz sehr gut umgehen", stellte Livio Suppo klar. "Beide Fahrer sind sehr entspannt und haben ein gutes Verhältnis zueinander. Sie respektieren sich und haben gemeinsam Spaß. Bei unseren gemeinsamen Team-Essen sieht man, wie gut sie sich verstehen." Für den HRC-Teamchef gibt es an der Fahrerpaarung Marquez/Pedrosa daher aktuell nichts zu kritisieren. "Wir glauben, dass zwei starke Fahrer die beste Wahl für unser Team sind. Wir hatten in den letzten Jahren immer Glück, dass wir starke Fahrer finden konnten. Casey, Dovi, aber auch zuletzt Marc und Dani. Es hat immer funktioniert." 2014 gewann Honda zum fünften Mal die Herstellerwertung, seit Pedrosa im Team ist. Der Anteil des treuen Katalanen ist dabei kein geringer.

Dani, der Patient

Pedrosa musste in seiner Karriere schon viele heftige Abflüge hinnehmen, Foto: Milagro
Pedrosa musste in seiner Karriere schon viele heftige Abflüge hinnehmen, Foto: Milagro

Sprungbein, Knöchel, Zeh, Oberarm, Knie, Rippen, Mittelhandknochen, Zeigefinger, Speiche, linkes Schlüsselbein, rechtes Schlüsselbein. Das ist eine Auflistung von Dani Pedrosas Knochen, die schon einmal gebrochen oder zumindest angeknackst waren. Verletzungen wie schwere Schürfwunden samt Hauttransplantationen, entzündete Gelenke oder gezerrte Sehnen sind ob der beängstigenden Anzahl an Knochenbrüchen in der Krankenakte Pedrosas ohnehin nur Randnotizen. Wie viele Stunden der Katalane in Medical Centern, Krankenhäusern und auf Operationstischen verbracht hat, weiß er wohl nicht einmal mehr selbst. Seit seinem Aufstieg in die MotoGP gab es nur vier Saisons, in denen er alle Rennen bestreiten konnte. Bis heute verpasste er wegen Verletzungen, Operationen oder deren Nachwirkungen insgesamt acht Rennen: Indianapolis 2008, Motegi, Sepang und Phillip Island 2010, Barcelona, Silverstone und Assen 2011, Sachsenring 2013, sowie die Rennen von Austin bis Jerez 2015. "Dani hatte in den letzten Jahren immer wieder schwere Verletzungen, aber im Kopf ist er immer stark geblieben", sagte sein ehemaliger Crewchief, der Österreicher Mike Leitner. Was für Pedrosa spricht: der Katalane kämpfte sich jedes Mal vom OP-Tisch zurück auf sein Motorrad und war meist wenige Wochen nach schweren Verletzungen schon wieder auf Top-Niveau. "Das ist eine Grundvoraussetzung für Motorradfahrer. Ich habe mich bei Dani oft gewundert, wie er sich mit Schmerzen auf das Motorrad quälen konnte. Er hat es aber immer wieder geschafft, den Schmerz zu unterdrücken. Da bedarf es schon einer unglaublichen mentalen Stärke", zieht Leitner, der über ein Jahrzehnt lang mit Pedrosa zusammenarbeitete, seinen Hut vor den Kämpferqualitäten seines ehemaligen Schützlings.

Dani, der Entwickler

Pedrosa passt sich immer wieder an neue Gegebenheiten an, Foto: Repsol Honda
Pedrosa passt sich immer wieder an neue Gegebenheiten an, Foto: Repsol Honda

Umstellung von 990cc- auf 800cc-Bikes und die Einführung der aktuellen MotoGP-Motorräder mit einem Liter Hubraum, Wechsel von Michelin- auf Bridgestone-Reifen und wieder zurück, den großen Einzug der Elektronik in die immer kraftvolleren Maschinen und die Verbannung eben jener - all diese technischen Änderungen hat Dani Pedrosa mitgemacht und sich stets als Top-Pilot behauptet. Ohne das nötige Know-how und die richtige Art und Weise seines Feedbacks an die Ingenieure, würde Pedrosa heute wohl nicht mehr im Sattel seiner RC213V sitzen. Auch bei der Umstellung in dieser Saison durch die Einführung der Einheitselektronik und dem Wechsel auf Michelin-Reifen stand wieder eine Zäsur an. Honda konnte bei diesem wichtigen Schritt auf die Expertisen seines erfahrenen Piloten bauen. "Das Wichtigste für die Entwicklung eines Motorrads ist, dass der Fahrer konstante Kommentare abgibt. Das Schlimmste für Ingenieure ist, wenn ein Fahrer an einem Tag das Eine mag und am nächsten Tag schon wieder etwas Anderes. Da können die Ingenieure keine klare Richtung der Entwicklung ausmachen. Dani bringt diese Qualitäten mit, hat viel Erfahrung in einem Werksteam und er kennt alle Abläufe", ist sich Livio Suppo sicher. Allerdings sei Pedrosas langjährige Kenntnis der Teamstrukturen und seine technische Kompetenz keineswegs entscheidend für seine Vertragsverlängerung gewesen, wie Suppo klarstellt: "Ehrlich gesagt, zieht man bei der Verpflichtung eines Fahrers nicht in Betracht, ob er ein Motorrad gut entwickeln kann oder nicht. Ingenieure entwickeln ein Motorrad. Aber natürlich folgen sie dabei den Hinweisen der Fahrer." Das Pedrosa aber auch auf der Honda nach dem aktuellen Reglement schnell sein würde, überrascht nicht. "Dani und Honda - das ist in jeder Hinsicht eine gute Beziehung", ist sich Suppo sicher.

Dani, der Treue

2006 debütierte Pedrosa bei Repsol Honda in der MotoGP, Foto: Repsol
2006 debütierte Pedrosa bei Repsol Honda in der MotoGP, Foto: Repsol

Dani Pedrosa wird 2017 seine zwölfte Saison in den Farben von Repsol Honda bestreiten und im Folgejahr zumindest eine weitere anhängen. Mit Mick Doohan (elf Jahre in Hondas Werksteam) schaffte es vor Pedrosa überhaupt erst ein Fahrer in der Geschichte der Königsklasse, sich ein Jahrzehnt am Stück bei ein und demselben Team zu halten. "Streng genommen war Dani ja schon vor der MotoGP für Honda unterwegs und hat die Weltmeisterschaften in der Achtel- und Viertelliter-Klasse auf dieser Marke gewonnen. Er bestreitet also schon seine gesamte Karriere, und das sind mittlerweile 16 Jahre, für Honda. Das ist ein beeindruckender Umstand", zeigt sich Livio Suppo von Pedrosas Treue beeindruckt. Mit Valentino Rossi für Yamaha hat nur ein Fahrer in der MotoGP noch mehr Rennen für eine Marke bestritten als Pedrosa für Honda. Nur selten wurden Wechselgerüchte laut. Die bisherigen Erfolge geben Suppo, Pedrosa und dem Repsol Honda Team auf ihrem geradlinigen Weg jedenfalls recht.