Warum wurde das Alterslimit für die Moto3-Klasse geändert?
Carmelo Ezpeleta: Wir haben das Alterslimit nicht wirklich geändert, sondern nur einen Spezialfall geschaffen. Wenn jemand die FIM CEV gewinnt, die jetzt eine internationale Meisterschaft ist, dann darf er in der Moto3-Weltmeisterschaft an den Start gehen. Denn wenn ein Fahrer die FIM CEV gewinnt, dann hat er definitiv Talent und sollte in die Weltmeisterschaft aufsteigen. Wir haben nicht das generelle Alterslimit heruntergesetzt. Wir helfen damit nur den Fahrern, von denen wir denken, dass sie es verdient haben, in der Weltmeisterschaft zu fahren. Wenn er in der spanischen Meisterschaft bleibt, dann ist das nicht wirklich förderlich für seine Karriere.

Schaut ihr auch in anderen Serien nach Talenten wie Fabio Quartararo?
Carmelo Ezpeleta: Fabio Quartararo wird im nächsten Jahr erst einmal höchst wahrscheinlich in die Moto3-WM kommen. Nach anderen Fahrern suchen wir nicht speziell. Die FIM CEV ist jetzt unter dem Schirm der FIM und wird nicht mehr von der spanischen Föderation geführt. Damit ist sie eine internationale Meisterschaft. Unsere neue Regelung ist ein System, um den Sieger der Meisterschaft zu belohnen. Wenn in Zukunft ein Fahrer die FIM CEV gewinnt und in die Weltmeisterschaft wechseln möchte, das nötige Alter dafür aber noch nicht erreicht hat, wird das genauso der Fall sein.

Gerüchten zufolge soll in Zukunft auch eine nordeuropäische Meisterschaft aufgebaut werden...
Carmelo Ezpeleta: Wir sprechen aktuell mit dem ADAC und haben uns bereits getroffen. Wir haben verschiedene Ideen, das umzusetzen, ja.

Was braucht ein junger Fahrer, um von der Dorna Aufmerksamkeit zu bekommen?
Carmelo Ezpeleta: Momentan gibt es so viele talentierte Fahrer: in Asien, im MotoGP Red Bull Rookies Cup und in den nationalen Meisterschaften. Wir haben viele Leute, die sich nach jungen Fahrern umsehen, aber das Geheimnis kann ich natürlich nicht verraten.

Zu Beginn der Saison hatte Honda im Vergleich zu KTM in der Moto3 Probleme. Jetzt ist das Kräfteverhältnis wieder ausgeglichen. Sind Sie mit der aktuellen Situation zufrieden?
Carmelo Ezpeleta: Es ist okay, wenn ein Hersteller einmal besser ist als ein anderer. Wichtig für uns ist, dass der Wettbewerb erhalten bleibt und die Kosten niedrig hält. In allen Kategorien ist es sehr wichtig, die Ausgaben so gering wie möglich zu halten, aber in der Moto2 und in der Moto3 ist das noch ein bisschen wichtiger.

Sind Moto2 und Moto3 heute die ideale Vorbereitung für die MotoGP?
Carmelo Ezpeleta: Meiner Meinung nach gibt es da keine Zweifel. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch die der ganzen Fahrer. Alle Piloten, die bisher von der Moto2 in die MotoGP aufgestiegen sind, sagen, dass diese Kategorie hilfreicher war als die alte 250ccm Klasse und der Beweis dafür ist, dass sie sich von Anfang an bestens in der Königsklasse zurechtfinden. Genau das Gleiche sagen auch die Moto3-Fahrer, die in die Moto2 aufgestiegen sind. Die Piloten sind sicherer, der Wettbewerb ist größer, weil die Motorräder ähnlicher sind als zuvor. Wir haben keinen Zweifel daran und freuen uns, dass es ein so großer Erfolg war, von 125er zu Moto3 und von 250er zu Moto2 zu wechseln.

Ezpeleta sieht Moto2 und Moto3 als Erfolgsprojekte, Foto: Intact GP
Ezpeleta sieht Moto2 und Moto3 als Erfolgsprojekte, Foto: Intact GP

Sind Sie mit dem aktuellen MotoGP-Feld zufrieden?
Carmelo Ezpeleta: Ich bin nie glücklich. Wir können immer an allem noch etwas verbessern. Aber ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind. Das Programm, das wir kreiert haben, um die Kosten zu senken und Hersteller anzulocken - also von CRT über Open-Klasse bis hin zum einheitlichen ECU-System - funktioniert gut. Wir hoffen, dass es auch in Zukunft keine Probleme damit geben wird, aber natürlich arbeiten wir dennoch stets an Optimierungen.

Magneti Marelli soll nicht unbedingt der beste Software-Hersteller sein. Warum fiel die Wahl auf die Italiener?
Carmelo Ezpeleta: Wir begannen früh mit Magneti Marelli zu sprechen, weil sie schon zwei der drei großen Hersteller in der MotoGP beliefert haben. Nun arbeiten wir mit diesem ECU-System. Es ist ja schon lange entschieden, dass alle Teams dieses 2016 verpflichtend nutzen müssen. Alle Hersteller in der Königsklasse werden dabei helfen, das System noch zu verbessern, also bin ich überzeugt, dass es gut funktionieren wird. Magneti Marelli stand nie in Frage.

Warum wurde die Einführung der neuen Regeln überhaupt auf 2016 verschoben?
Carmelo Ezpeleta: Wir sprechen immer mit den Herstellern über neue Regeln. Wenn sich alle einig sind, gibt es kein Problem. Dieses Mal hat es etwas länger gedauert, die Zustimmung für das ECU-System zu bekommen und gleichzeitig auch die Anzahl der Sensoren der Bikes festzulegen. Mehr oder weniger haben wir die wichtigsten technischen Vorschriften jetzt aber fixiert. Einiges steht noch aus, aber das sind eher kleine Dinge. Wir reduzieren das Gewicht für nächstes Jahr ein wenig. Wir sprechen aktuell auch noch über die Bremsen und ein paar andere Sachen, aber das ist alles nichts Großes und sollte keine Probleme machen.

Was bedeutet es für Sie, in den nächsten Jahren zahlreiche alte und neue Hersteller in der MotoGP begrüßen zu dürfen?
Carmelo Ezpeleta: Unsere Pflicht ist es, gute Regeln zu schreiben und damit die Grundlage zu schaffen, den Sport für die Hersteller attraktiv zu machen. KTM hat ja schon bekannt gegeben, dass sie 2017 in die MotoGP kommen. Suzuki und Aprilia kommen nächstes Jahr. Das ist toll. Aber eigentlich ist die Anzahl qualitativ hochwertiger Bikes für uns wichtiger als die Anzahl der Hersteller. Ich bin mir aber sicher, dass sie kommen werden, wenn wir ihnen eine gute Plattform anbieten können.

Was ist das Wichtigste für die Zukunft der MotoGP?
Carmelo Ezpeleta: Die Show so gut wir können aufrecht zu erhalten und dabei so geringe Kosten wie möglich zu verursachen.

Die Show stimmte in den 18 Saisonrennen 2014, Foto: Repsol
Die Show stimmte in den 18 Saisonrennen 2014, Foto: Repsol

In Italien wird die MotoGP nur noch auf Pay-TV-Sendern übertragen. Stellt das kein Problem für die Vermarktung des Grand Prix dar?
Carmelo Ezpeleta: Wir haben kein Problem in Italien. Wir haben entschieden, ins Pay-TV zu wechseln - wie es auch zahlreiche andere Sportarten auf der Welt tun. Die Kombination aus frei zugänglicher Übertragung und Pay-TV funktioniert in Italien sehr gut. Wir sind glücklich und haben kein Problem damit. Wir hatten uns natürlich ausgerechnet, was in etwa passieren wird. Aber die Zuschauerzahl ist sogar besser als wir am Anfang dachten.

Wer ist ihr Lieblingsfahrer?
Carmelo Ezpeleta: Ich habe keinen Lieblingsfahrer. Damit gehe ich nur Problemen aus dem Weg. [lacht]

Wie kommt man an einen solchen Job?
Carmelo Ezpeleta: Als ich noch sehr jung war, fuhr ich Motorrad- und auch Autorennen. Später habe ich ein Ingenieursstudium gemacht. Mein ganzes Leben hatte bisher mit dieser Sportart zu tun. Ich könnte mir nie vorstellen, etwas anderes zu tun.

Was ist ihre beste Erinnerung als Chef des MotoGP-Hauptvermarkters?
Carmelo Ezpeleta: Es gibt so viele... Ich habe keine spezielle beste Erinnerung, davon gab es einfach zu viele. Allerdings erinnere ich mich sehr gut an die schlechtesten Momente, Unfälle und so etwas. Ich mache mir keine Gedanken darüber, was die beste Erinnerung war. Ich mache mir eher Sorgen um Unfälle und an die muss ich auch immer wieder zurückdenken.

Was war das Schlimmste?
Carmelo Ezpeleta: Marco Simoncelli, Shoya Tomizawa, Daijiro Kato, all die Leute, die bei uns gestorben sind. Der Unfall von Wayne Rainey 1993 in Misano war auch fürchterlich.

Marco Simoncelli musste als bisher letzter MotoGP-Pilot sein Leben lassen, Foto: Milagro
Marco Simoncelli musste als bisher letzter MotoGP-Pilot sein Leben lassen, Foto: Milagro

Macht es den Job manchmal schwer, das schwarze Schaf zu sein, wenn es Kritik gibt oder etwas Negatives passiert?
Carmelo Ezpeleta: Die Dorna besteht momentan aus 300 Menschen. Ich bin nur der CEO. Es gibt viel mehr Leute, die für unsere Firma arbeiten und ich bin natürlich nicht für alles verantwortlich. Die Dorna ist schließlich kein Unternehmen, das nur aus einer Person besteht. Um alles gut zu machen, brauchst du einfach ein großes, gutes Team.

Angenommen Sie hätten einen Wunsch frei. Was wäre das?
Carmelo Ezpeleta: So weiterzumachen, wie bisher. Wir verbessern uns in jedem Jahr und beenden viele Dinge positiv. Wenn wir - was die technischen Regeln angeht - alles so fertigstellen, wie wir es geplant haben, dann ist das toll. Aber wir denken auch über neue Rennstrecken nach, darüber, wie wir noch mehr Zuschauer anziehen und wie wir neue Sponsoren gewinnen können. Es gibt immer viel zu tun.

Dieses Interview stammt aus der Printausgabe des Motorsport-Magazins. Rund um Weihnachten veröffentlichen wir die besten, unterhaltsamsten und spannendsten Geschichten aus unserem Heft. Auf den Geschmack gekommen? Probiere das Motorsport-Magazin als Hochglanzmagazin aus! Unter folgendem Link kannst du unser Heft für 3 Ausgaben zum Sonderpreis bestellen:

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