Betrachtet man die MotoGP-Saison 2014 in der Retrospektive, gewinnt man den Eindruck, dass der Auftakt in Katar für das Yamaha-Werksteam einfach etwas zu früh gekommen war. In der Vorsaison hatte man mit Jorge Lorenzo noch die drei letzten Grands Prix gewonnen, doch diverse technische Neuerungen in der Winterpause hatten das Kräfteverhältnis deutlich zugunsten Hondas verschoben, hinzu kam ein völlig neben sich stehender Lorenzo. Erst in der zweiten Saisonhälften konnten er und Rossi Marc Marquez konstant fordern und schließlich auch vier Mal schlagen. Schön für die Fahrer und das Team, doch zu spät für den Kampf um die Meisterschaft. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf eine Saison, in der Yamaha vom ersten Rennwochenende an hinterher lief.

Die Fahrer

Valentino Rossi war zweifelsohne eine der großen, positiven Überraschungen dieser Saison. Nach zwei schwierigen Jahren bei Ducati und einer Saison der Eingewöhnung bei Yamaha zeigte er wieder, was in ihm steckt. Vom Saisonauftakt in Katar weg konnte er trotz deutlicher Unterlegenheit der M1 gegenüber der Honda RC213V fordern, allerdings zunächst nicht besiegen. Er war es aber, der bei seinem Heimrennen in Misano den ersten Saisonsieg für Yamaha einfuhr und Marquez erstmals Nerven zeigen ließ, als dieser bei der Verfolgung des Doktors stürzte. Auf Phillip Island ließ Rossi einen zweiten Triumph folgen. 295 Punkte konnte er am Ende einfahren - besser war der Altmeister zuletzt 2009, als er seinen siebenten und bisher letzten MotoGP-Titel einfahren konnte.

Während Valentino Rossi seine beste Saison seit 2009 bestritt, bracht das Jahr für Jorge Lorenzo das schlechteste Abschneiden seit seiner Debütsaison 2008. Damals wurde er WM-Vierter, ansonsten war er bisher immer Weltmeister oder Vizeweltmeister. 2014 reichte es nur zu Rang drei. Dabei fuhr der Mallorquiner nicht generell eine schlechte Saison. Er riss nur schon in den ersten beiden Saisonrennen 44 Punkte Rückstand auf Marc Marquez auf und beraubte sich durch zwei dumme Eigenfehler so seiner Siegchancen. In der zweiten Saisonhälfte drehte Lorenzo dann aber wieder richtig auf und fand zu alter Stärke zurück, was er mit zwei Siegen und neun Podiumsplatzierungen in Serie eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Das Team

Im Yamaha-Werksteam musste man 2014 mit einer mittlerweile ungewohnten Situation umgehen. Zwar war Valentino Rossi zu Beginn seiner gemeinsamen Zeit mit Jorge Lorenzo im Rennstall die klare Nummer eins, das hatte sich aber in den letzten Jahren geändert. Schon 2010, in Rossis letzter Yamaha-Saison vor dem Wechsel zu Ducati, krönte sich Lorenzo zum Weltmeister, während der Italiener nur Dritter wurde. Auch im Vorjahr hatte Rossi das Nachsehen. 2014 war es aber von Saisonbeginn an der Altmeister, der die besseren Resultate auf der M1 einfahren konnte. Wenn man die gemeinsame Geschichte des Fahrerduos kennt, hätte das durchaus zu Problemen führen können. Doch die Yamaha-Führungsriege rund um Lin Jarvis leistete hier ausgezeichnete Arbeit und lobte nicht nur Rossis hervorragende Leistungen, sondern stärkte Lorenzo auch den Rücken und sorgte so trotz der angespannten Lage für ein positives Klima im Team.

Lin Jarvis führte sein Team auch in schwierigen Zeiten souverän, Foto: Yamaha
Lin Jarvis führte sein Team auch in schwierigen Zeiten souverän, Foto: Yamaha

Das Motorrad

Die Saison der Yamaha M1 verlief ähnlich wie die von Jorge Lorenzo. Nach den diversen Regeländerungen und neuen Reifen in der Winterpause war das Motorrad in den ersten Rennen alles andere als leicht zu handeln und lag deutlich hinter der Honda RC213V zurück. Mit Fortdauer der Saison machte das Entwicklungsteam von Yamaha aber immer größere Fortschritte und tastete sich an den großen Gegner heran. Bei den Testfahrten in Brünn Mitte August gelang dann der endgültige Durchbruch. Beim folgenden Rennen in Silverstone musste sich Lorenzo noch knapp im Duell mit Marquez geschlagen geben, die folgenden vier Grands Prix in Misano, Aragon, Motegi und Phillip Island konnten Rossi und Lorenzo aber für sich entscheiden. Am Ende der Saison konnte Yamaha mit der M1 den Hondas definitiv auf Augenhöhe begegnen.

Redaktionskommentar

Yamaha bestritt als Team eine richtig gute Saison, aber zu ihrem Pech gab es da diese ersten beiden Rennen in Katar und Texas. Hätte das Jahr nämlich erst mit dem Argentinien-Grand-Prix begonnen, wäre der Titel in der Teamwertung am Saisonende an das Werksteam von Yamaha und nicht an Repsol Honda gegangen. Tja, hätte, hätte, Fahrradkette. Die Saison besteht nun einmal aus 18 Rennen und in denen war Honda, vor allem auch aufgrund von Marc Marquez, eine Spur stärker. Platz zwei ist nicht schlecht, aber für ein Werksteam kann nur der Weltmeistertitel das Ziel sein und das hat man verfehlt.(Markus Zörweg)